Spaghettimonster: Erneut auf dem Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

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Noch immer müssen die Anhänger der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland um Anerkennung als Weltanschauungsgemeinschaft kämpfen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht nun eine Verfassungsbeschwerde des langjährigen Vorsitzenden der Gemeinschaft, Rüdiger Weida alias Bruder Spaghettus, nicht zur Entscheidung angenommen hat, will dieser vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.

2013 beantragte Rüdiger Weida – auch bekannt als Bruder Spaghettus – bei der für ihn zuständigen Behörde der Stadt Templin einen neuen Personalausweis. Als überzeugter Pastafari (so die Selbstbezeichnung der Anhänger der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters) ergänzte der damalige Vorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. (KdFSMD) seinen Antrag um ein Passfoto, das ihn mit religiöser Kopfbedeckung zeigt. Bereits zuvor hatte er bei Beantragung eines neuen Führerscheins erreicht, dass er auf dem Führerscheinfoto mit einer religiösen Kopfdeckung abgebildet wurde.

Weida begründete dies mit der in den heiligen Schriften des Pastafaritums mehrfach geäußerten Aufforderung, sich zu Ehren des Spaghettimonsters im Ornat eines Piraten zu kleiden. Denn obwohl normalerweise laut amtlicher Vorschrift auf Lichtbildern für offizielle Ausweisdokumente keine Kopfbedeckungen getragen werden dürfen, lässt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Passgesetzes (Passverwaltungsvorschrift – PassVwV) unter Paragraf 6 Absatz 6.2.1.1.4 Ausnahmen von dieser Regel aus religiösen Gründen zu:

"Für Angehörige von Religionsgemeinschaften und geistlichen Orden, die nach ihren Regeln gehalten sind, in der Öffentlichkeit nicht ohne Kopfbedeckung zu erscheinen, dürfen Lichtbilder verwendet werden, die die antragstellende Person mit der vorgeschriebenen Kopfbedeckung zeigen."

Die Stadt Templin verweigerte Weida dennoch die Ausstellung des Personalausweises mit dem vorgelegten Lichtbild. Was folgte, war ein mehrjähriger Gang durch die Gerichtsinstanzen, bis Rüdiger Weida schließlich 2019 Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegte. Drei Jahre dauerte es, bis die Zweite Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 31. Mai 2022 einstimmig beschloss:

"Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil eine über Religionssatire hinausreichende weltanschauliche Verpflichtung zum Tragen einer Kopfbedeckung nicht plausibel gemacht wurde."

Weida hat nun angekündigt, mit seinem Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu ziehen.

Bereits 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht eine pastafarianische Verfassungsbeschwerde nicht angenommen. Damals ging es um den Nudelmessehinweisschilderstreit von Templin, der weltweit die Medien beschäftigt hatte. Geklagt hatte damals nicht Weida selbst, sondern die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V., deren langjähriger Vorsitzender Weida war. Auch 2018 strebte die KdFSMD an, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen, doch dieser wies die Beschwerde 2019 wegen eines angeblichen Formfehlers ab.

Auch die niederländische Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters war aufgrund ihrer Nicht-Anerkennung in den Niederlanden vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen. Der EGMR beschäftigte sich mit dem Fall und kam im November 2021 zu dem Ergebnis, dass die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters weder Religion noch Weltanschauung im Sinne des Artikels 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstelle.

Rüdiger Weida ist trotzdem fest davon überzeugt, dass sein Gang nach Straßburg erfolgreich sein wird. Mienke de Wilde habe als Vertreterin der niederländischen Kirche vor dem EGMR argumentiert, dass das Pastafaritum keine Parodie, sondern eine Religion sei und die Lehren ihrer Kirche von Frieden und Toleranz ernst gemeint seien. Humor und Satire seien "lediglich die Mittel, mit denen die Botschaft verbreitet werde, und sie seien wirksamer als trockene und langweilige Predigten", erläutert Weida im gestrigen Wort zum Freitag der KdFSMD de Wildes Argumentation. Doch anders als die niederländischen Pastafari beruft sich die KdFSMD hinsichtlich ihrer Weltanschauungseigenschaft überhaupt nicht auf das Pastafaritum. "Unsere Weltanschauung ist nicht das Pastafaritum, sondern der evolutionäre Humanismus, in den wir einzelne passende Teile des Pastafaritums übernommen haben" erklärt Weida.

Tatsächlich ist dies deutlich in der Satzung der Kirche des Fliegenden Spaghettimonster Deutschland e. V. nachzulesen und tatsächlich gibt es inzwischen mehrere Untersuchungen, die der KdFSMD attestieren, eine evolutionär-humanistische Weltanschauungsgemeinschaft zu sein.

"Der Gerichtshof wird also noch einmal neu verhandeln müssen", erklärt Weida.

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