Ein Jahr von der Idee zum Abschluss

Ottersheim und gbs Rhein-Neckar eröffnen den sechsten Evolutionsweg in Deutschland

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Marianne Mauch von der gbs Rhein-Neckar ist mit ihrer Führung am Ende des Evolutionsweges beim Homo sapiens angekommen.
Führung am Ende des Evolutionsweges beim Homo Sapiens

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Ortsbürgermeister Rüdiger Kragl begrüßt die zahlreichen Gäste bei der Eröffnung des Evolutionsweges in seiner Gemeinde Ottersheim.
Ortsbürgermeister Rüdiger Kragl begrüßt die zahlreichen Gäste

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Marianne Mauch und ihre Gruppe bei der Tafel zum Nachweis der Photosynthese auf der Erde. Rainer Guth (2. v. l.), Landrat des Donnersbergkreises, als aufmerksamer Zuhörer.
Führung bei der Tafel zum Nachweis der Photosynthese auf der Erde

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Eine der beiden Gruppen führte Dr. Karl-Heinz Büchner (Bildmitte) über den Evolutionsweg. Rechts daneben Bernd Kammermeier, der die 20 Tafeln gestaltet hat.
Karl-Heinz Büchner und Bernd Kammermeier

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Dr. Karl-Heinz Büchner erläutert im Rahmen der Führung in Ottersheim die Tafel, die den erstmaligen Nachweis über die Existenz einer Zelle mit Kern darstellt.
Erstmaliger Nachweis über die Existenz einer Zelle mit Kern

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Am Ende des frisch eröffneten Evolutionsweges hatte die Freiwillige Feuerwehr ein Zelt errichtet. Hier gab es neben Brezeln und Getränken auch für die Kinder Erläuterungen zur Evolution. Rechts im Bild Dirk Winkler, erster Vorsitzender der gbs Rhein-Neckar.
Erläuterungen zur Evolution gab es auch für die Kinder

Der erste Evolutionsweg in Rheinland-Pfalz ist seiner Bestimmung übergeben worden: In Ottersheim im Donnersbergkreis kamen am letzten Samstag des August Politik, die Säkularen Humanisten – gbs Rhein-Neckar und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie weitere Interessierte zusammen, um den Lehrpfad mit 20 Tafeln offiziell zu eröffnen.

Ottersheims Ortsbürgermeister Rüdiger Kragl nannte die Eröffnung "einen besonderen Tag für Ottersheim" und den Lehrpfad einen "kulturellen und touristischen Zugewinn" für den zur Verbandsgemeinde Göllheim gehörenden Ort. Dessen Errichtung in nur einem Jahr – von der Idee über die Beschlussfassung im Gemeinderat bis zum praktischen Aufbau – habe deutlich gemacht, was ehrenamtliches Engagement und Gemeinsinn – auch das Ergebnis der Evolution des Menschen – zustande bringen können.

Wie wir wurden, was wir sind

Dirk Winkler, erster Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Säkulare Humanisten – gbs Rhein-Neckar, machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass die Unterstützung durch die Freiwillige Feuerwehr sowohl beim Aufbau als auch im Rahmen der Eröffnung ein Novum bei der Errichtung eines Evolutionsweges darstelle.

Winkler wies darauf hin, dass wir heute dank moderner Wissenschaft mehr darüber wüssten, wie wir als Menschen wurden, was wir sind. 4,1 Milliarden Jahre zeigten "die Einzigartigkeit unserer Existenz und aller Lebewesen". Um diese lange Zeitspanne begreifbar zu machen, wurde der Evolutionsweg entwickelt. Dank dafür ging an Marianne Mauch, Friedrich Coradill, Stefan Dewald und Dr. Karl-Heinz Büchner, die das Konzept für die inzwischen sechs Evolutionswege in Deutschland entwickelt haben, sowie an Bernd Kammermeier, der die 20 Tafeln gestaltet hat.

Ein Lehrpfad am richtigen Ort

Auch Rainer Guth, Landrat des Donnersbergkreises, freute sich mit der Gemeinde Ottersheim und wünschte, dass viele Schülerinnen und Schüler sowie Touristen hierher ins Violental kämen, um sich "die Evolution zu erlaufen". Er verwies auch darauf, dass dieser Weg gewiss nicht am falschen Ort errichtet worden sei, schließlich befinde er sich im Schatten des Donnersberges, der vor 250 Millionen Jahren als Perm-Vulkan entstanden und nicht explodiert sei. Gewissermaßen ein Zeuge des evolutionären Prozesses also, zumal er in der Folge von vermutlich rund 6.000 Metern auf seine heutige Höhe von gerade einmal 684 Meter geschrumpft sei.

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Göllheim, Steffen Antweiler, sieht im Evolutionsweg einen wichtigen kulturellen Beitrag für die Gesamtgemeinde: "Das Interesse bestätigt, dass es eine gute Idee und hier der richtige Platz ist, einen solchen Weg anzulegen", sagte Antweiler mit Blick auf die zahlreichen Anwesenden.

Evolutionäre Vorgänge erfordern anderes Denken

Dr. Karl-Heinz Büchner, Vorstandsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Rhein-Neckar und Gemeinderat in Ottersheim, wies darauf hin, dass man mit Blick auf die Evolution anders denken müsse. "Wir Menschen sind es gewöhnt, ziel-, zweck- und richtungsorientiert zu denken", so der Mitinitiator des Evolutionsweges. Die Evolution hingegen habe keinen Sinn, keinen Grund, keinen Zweck. Sie bestehe vielmehr aus Kopierfehlern, die irgendetwas bewirkt hätten – etwa einen neuen Stoffwechselprozess. "Die Evolution", so sein Fazit, "hat nie aufgehört, die Veränderungen dauern an bis zum heutigen Tag und gehen immer weiter".

Büchner skizzierte als Vorbereitung auf die Führungen über den Evolutionsweg die Beweggründe für die Entwicklung eines solchen: Viele Menschen glauben nicht an die Evolution. Aber die Evolution ist keine Glaubensfrage, sondern eine wissenschaftliche Tatsache. Und genau das zeigen die jetzt insgesamt sechs Evolutionswege, die die Säkularen Humanisten – gbs Rhein-Neckar nach diesem Konzept bisher deutschlandweit aufgebaut haben.

Der Weg ist das Ziel

Die Stationen richten sich streng an wissenschaftlichen Erkenntnissen aus. Also werden auf den 20 Tafeln nicht unbedingt die wichtigsten Entwicklungsschritte im evolutionären Prozess erklärt, sondern die wissenschaftlich am besten belegten. Dazu gehören natürlich die Entstehung der Erde, aber auch die ersten Spuren von Leben auf unserem Planeten, der Beginn der Photosynthese oder auch die Landgänge von Pflanzen und später Wirbeltieren. So kommt es, dass, je näher das Ende des Weges rückt, die Abstände zwischen den Schildern immer kürzer werden: Je mehr sich die Jetztzeit nähert, desto mehr Nachweise sind vorhanden.

Wie kurz der Weg des Menschen auf der Erde ist, beschreibt die Tafel über die Hominiden, also die menschartigen Wesen: Zwar sind bereits für uns unvorstellbare 18 Millionen Jahre vergangen, seit sich in Afrika eine Gruppe von Säugetieren zu tagaktiven menschenartigen Affen entwickelt hat. Und doch nimmt die weitere Entwicklung des Menschen auf der Erde auf dem gesamten 1,1 Kilometer langen Weg nur vier Meter ein. Der "moderne Mensch" Homo sapiens umfasst gerade einmal die letzten fünf Zentimeter des Weges. Nach dieser Rechnung würde die Zeit seit Beginn des Ackerbaus durch den Menschen lediglich zwei Millimeter lang sein. Und der Zeitraum vom Bau der Pyramiden bis heute – das sind etwa 4.100 Jahre – nähme nur einen Millimeter in Anspruch.

Genug Information und noch mehr offene Fragen, die am Ende des Ottersheimer Evolutionsweges bei einer kleinen Feier diskutiert werden konnten.

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