Online-Blasphemie in Pakistan

Wie Kriminelle mit "Gotteslästerung" Geld machen

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Die von Saudi-Arabien finanzierte Faisal-Moschee in Islamabad ist die derzeit größte Moschee der Welt und bietet bis zu 74.000 Gläubigen Platz.
Faisal-Moschee in Islamabad

Eigentlich sollen "religiöse Gefühle" geschützt werden, aber auch Kriminelle haben entdeckt, wie man mit Pakistans strengen Blasphemie-Gesetze Menschen erpressen kann. Seit auch "Online-Blasphemie" unter Strafe steht, werden die islamistischen Gesetze zunehmend für persönliche Fehden, politische Verfolgung und kriminelle Machenschaften benutzt.

Die Blasphemie-Gesetze Pakistans gehören zu den strengsten der Welt. Schon der bloße Vorwurf von Gotteslästerung reicht aus, um Menschen hinter Gitter zu bringen – manchmal sogar ohne stichhaltige Beweise. Öffentliche Lynchjustiz durch fanatische Gruppen oder die aufgebrachte Menge sind keine Seltenheit. Manchmal muss die Polizei sogar Menschen vor einem Mob beschützen. Die Regierung hat 2016 den "Prevention of Electronic Crimes Act" (PECA) eingeführt und die Überwachung des Internets intensiviert. "Online-Blasphemie"-Anklagen haben seither deutlich zugenommen.

Erpressung 2.0: Das Geschäft mit der Angst vor "Gotteslästerung"

Die Situation in dem streng muslimischen Land wurde durch das Verbot von "Online-Blasphemie" weiter verschärft: Jeder Social-Media-Post, Kommentar oder jeder "Like" kann es zu Verfolgung führen. Dies gibt Behörden und Extremisten noch mehr Spielraum, Kritiker mundtot zu machen. Der PECA sollte Cyberkriminalität bekämpfen, wird aber häufig dazu verwendet, Meinungsfreiheit einzuschränken und Regierungskritiker zu verfolgen. Die pakistanische Regierung hat unter PECA auch die Befugnis, Websites zu sperren und soziale Medien zu zensieren.

Nun haben Kriminelle und korrupte Gruppen entdeckt, wie man mit Blasphemie-Vorwürfe Geld machen kann. Kriminelle hacken sich teilweise in die Accounts von Menschen und setzen "sündhafte" Inhalte auf deren Profile oder bewegen Menschen dazu bestimmte Inhalte zu "liken". Dann werden die Opfer mit dem Vorwurf der Blasphemie bedroht, um Geld zu erpressen. Mit dieser Methode werden auch Geschäftskonkurrenten ausgeschaltet oder persönliche Feinde beschuldigt. Die Justiz scheint oft machtlos. Denn der gesellschaftliche Druck in dem streng islamischen Land und religiöser Fanatismus erschweren eine objektive Aufarbeitung. Besonders gefährdet sind religiöse Minderheiten wie Christen, Hindus und schiitische Muslime, die unverhältnismäßig oft Opfer solcher Anschuldigungen werden.

Pakistan wird wahrscheinlich extremistisch bleiben

Moderate Akteure, die eine Überarbeitung der Gesetze fordern, werden bedroht oder ermordet – so geschehen bei Salman Taseer, dem ehemaligen Gouverneur von Punjab, der sich 2011 für die verurteilte Christin Asia Bibi einsetzte. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International fordern eine Abschaffung oder zumindest eine Reform der Blasphemie-Gesetze. Das ist aussichtslos, denn Pakistan ist eines der religiös strengsten Länder der Welt. Das liegt auch daran, dass Saudi-Arabien und andere Golfstaaten seit den 1970er-Jahren Milliarden von Dollar in pakistanische Koranschulen (Madrasas) investieren. Viele radikalisierte Extremisten haben ihre Ausbildung in diesen Madrassas erhalten. Pakistans Blasphemie-Gesetze stammen aus der britischen Kolonialzeit, wurden aber unter der Militärdiktatur der 1980er-Jahre verschärft. Heute sehen sie für angebliche Beleidigungen des Islams drakonische Strafen vor, bis hin zur Todesstrafe. Die Realität zeigt: Die Gesetze dienen nicht der Gerechtigkeit.

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