Zum 70. Geburtstag von Gottfried Wagner

Privatarchiv von Gottfried Wagner geht an die Zentralbibliothek Zürich (ZB)

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Gottfried Wagner
Gottfried Wagner

Wie die Zentralbibliothek Zürich am 13. April 2017 – zum 70. Geburtstag von Gottfried Wagner – mitteilte, geht die private Sammlung von Dr. Gottfried Wagner, Sohn des langjährigen Festspielleiters Wolfgang Wagner (1919-2010) und Ellen Drexel (1919-2002) an die Zentralbibliothek Zürich. Damit wird die dort beheimatete umfangreiche Wagneriana-Sammlung zu den Züricher Jahren des Komponisten Richard Wagners um eine wertvolle private Sammlung bereichert.

Die Sammlung, eine Mischung aus Forschungs- und Familienarchiv, ist für die Rezeptionsgeschichte von Richard Wagner, insbesondere aber für die Wagnersche Familienchronik mit Blick auf die NS-Zeit und die Nachkriegsgeschichte des Bayreuther Festspielhauses von grundlegender Bedeutung. Sie bildet den notwendigen Kontrapunkt zu dem im Bayerischen Hauptstaatsarchiv verwahrten und verwalteten Nachlässen von Wolfgang und Wieland Wagner und ermöglicht eine kritische Sichtweise auf ein extrem verwobenes und komplexes Kapitel deutscher Geschichte und Musikgeschichte, vor allem aber deutscher Zeitgeschichte. Vielen Forschern und interessierten Zeitgenossen werden die hier vereinten Dokumente und Zeugnisse einen neuen Zugang zu einem Thema ermöglichen, das wie kaum ein anderes gezeichnet ist von ideologischer Verklärung, historischer Verfälschung und politischen Machtinteressen. Damit hebt sich dieses Privatarchiv von den ausschließlich pro-Bayreuth ausgerichteten Sammlungen deutlich ab.

Neben dem auf die eigene Wagner-Linie seiner Familiengeschichte bezogenen Teil (Materialien zu den Themen Judentum und Antisemitismus im Kontext mit Richard Wagners Vita, Opern und Weltanschauung) umfasst das Privatarchiv Gottfried Wagners eine Sammlung von Publikationen und Korrespondenzen mit der jüdischen Welt – als Mitbegründer der Post-Holocaust Dialog Gruppe hatte Gottfried Wagner in den Jahren 1991 bis 2006 Pionierdienste geleistet. Es umfasst auch die umfangreiche Dokumenten-Sammlung seiner Mutter Ellen Drexel, Zeitzeugin von 1945 bis Ende der 90er Jahre.

Dr. Gottfried Wagner
Dr. Gottfried Wagner, Urenkel Richard Wagners, ist international als freiberuflicher Dozent, Autor und multimedialer Regisseur mit den Schwerpunkten europäische Kultur und Politik des 19. und 20. Jahrhunderts, Kurt Weill, Aldo Finzi, Richard Wagner und Franz Liszt tätig. Er hat sich mit der Familie seines Vaters überworfen und tritt öffentlich durch die Kritik an der Verstrickung der Wagner-Familie mit dem NS-Regime hervor. (Foto: Deborah Burton)

Wer die Forschungsarbeit dieses streitbaren und konsequent aufklärerischen Geistes und engagierten Humanisten und die damit verbundenen deutschen Erfahrungen kennt, wird von der Entscheidung, seine in historischer und menschlicher Hinsicht wertvolle Sammlung der Zentralbibliothek Zürich anzuvertrauen, wenig überrascht sein. Die Übergabe des Privatarchivs an die ZB ist für den Sommer dieses Jahres geplant. Die Forschungsarbeit von Seiten Gottfried Wagners wird, einvernehmlich mit der ZB, weitergehen und die in dem Privatarchiv vereinten Dokumente werden, unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsschutzes ihrer Urheber, für die Forschung und für die Zukunft aufbewahrt und erschlossen.

So wird ein Archiv entstehen, das künftigen Generationen einen transparenten Zugang zu einem schwerbelasteten Kapitel deutscher und europäischer Kulturgeschichte ermöglicht, kritische Sichtweisen begünstigt und wichtige neue Akzente setzt. Man darf gespannt sein….

Dr. Gottfried Wagner, Urenkel Richard Wagners, ist international als freiberuflicher Dozent, Autor und multimedialer Regisseur mit den Schwerpunkten europäische Kultur und Politik des 19. und 20. Jahrhunderts, Kurt Weill, Aldo Finzi, Richard Wagner und Franz Liszt tätig. Er hat sich mit der Familie seines Vaters überworfen und tritt öffentlich durch die Kritik an der Verstrickung der Wagner-Familie mit dem NS-Regime hervor.

Hannelore Brenner ist Autorin des Buches "Die Mädchen von Zimmer 28" und der "Room 28 Projects" sowie Herausgeberin der Reihe Edition Room 28. Am 8.8.2016 veröffentlichte der Humanistische Pressedienst (HPD) ihren Artikel "Gottfried Wagner im toten Winkel der deutschen Medien".