Horst Groschopps neues Buch, "Pro Humanismus. Eine Zeitgeschichtliche Kulturstudie" mit einer Dokumentation, ist allen organisierten Humanisten, insbesondere denen, die die Geschichte ihres Verbandes nicht aus eigener Erfahrung seit den 90ziger Jahren des letzten Jahrhunderts kennen, sehr zu empfehlen. Groschopp zeichnet detailliert die Entstehung der humanistischen Verbände nach.
Von Anfang an bestand ein schwieriges Verhältnis zum freidenkerischen Erbe sowie zu den Verbänden, mit denen man sich zwar im säkularen Spektrum vereint sieht, die aber im Gegensatz zu den Humanisten das Programm einer Säkularisierung als Verstaatlichung verfolgen.
Während die humanistischen Verbände begannen eine positive humanistische Weltanschauung zu entwickeln und dementsprechend zum Teil selber, analog zu den Religionsgemeinschaften in Kooperation mit dem Staat traten, sei es als Anbieter von Lebenskunde an den Schulen, sei es als staatlicher geförderter Sozialträger, vertreten andere Verbände des säkularen Spektrums, u.a. die 2004 neu gegründete Giordano Bruno Stiftung, lediglich eine negative Weltanschauung, also ein Konzept, welches sich darin erschöpft, eine völlige Trennung von Staat und Religionen/positiven Weltanschauungen zu fordern und alle von den Religionen/Weltanschauungen bislang erbrachten sozialen Aufgaben dem Staat zu übertragen.
Es ist klar, dass hier innerhalb des säkularen Spektrums ein erhebliches Konfliktpotential liegt, zum Teil auch zwischen den Humanistischen Verbänden selber, da es auf die Frage inwieweit man Kooperationen mit dem Staat für richtig hält, auch unter den Humanisten bis heute keine einheitliche Antwort gibt. Auch über die Frage, inwieweit der Humanismus ein Bekenntnis ist, gab es von Anfang an keinen Konsens. Hier stehen die Humanisten vor der Aufgabe alte Begrifflichkeiten aus dem Gebiet der Religion aus ihrem anders gearteten weltanschaulichen Verständnis heraus, mit einem neuen Inhalt zu füllen. Auch an solchen Punkten gilt es, die Dominanz eines kirchlich geprägten Denkens zu überwinden.
Je mehr die Humanisten begannen selber zivilgesellschaftlich und mit Unterstützung des Staates praktischen Humanismus zu verwirklichen, desto mehr wurde die Forderung nach einer radikalen Säkularisierung auch zu einer Forderung gegen den Humanismus.
Dies führt zu erheblichen Spannungen innerhalb gemeinsamer Dachverbandsstrukturen, was auch von außen wahrgenommen wird (Vgl. z. B. das Kapitel 11, Atheistische und humanistische Organisationen, im Handbuch Weltanschauungen der VELKD). Groschopp wirft aus humanistischer Perspektive die Frage auf, was bei dieser Lage getan werden muss, damit die bestehenden Organisationsstrukturen auf Bundesebene nicht handlungsunfähig werden.
Um diese wichtige Frage zu beantworten, muss man sich meines Erachtens der Grundfrage, was Trennung von Religionen/Weltanschauungen und Staat heißt, neu stellen.
Bei der Debatte um die Abschaffung des Staatskirchentums 1918 hat der Staatskirchenrechtler Wilhelm Kahl ausgeführt, dass Trennung von Staat und Kirche nichts anders heißen könne, als das "Mindestmaß der an sich unvermeidlichen Rechtsbeziehungen zwischen beiden ermitteln". Abgesehen von der Beschränkung auf die Kirchen, kann diesem Grundsatz bis heute nur zugestimmt werden. Die Religionen und Weltanschauungen sind Teile der Zivilgesellschaft im Staat, sie haben politische Forderungen und sie agieren im Rahmen des jeweiligen politischen Systems gemäß ihren Überzeugungen. Damit müssen Politik und Staat umgehen. Auch in einem formal laizistischen Staat wie den USA, entfalten die Religionen einen erheblichen politischen Einfluss und sind aktiv wie passiv Teil gesellschaftlicher Debatten. Trennung von Staat und Religionen/Weltanschauungen kann daher faktisch nie heißen, dass Staat und Religionen/Weltanschauungen keinen Kontakt miteinander haben. Vielmehr geht es darum zu bestimmen, wo eine Zusammenarbeit sinnvoll ist und welches eine dem Einzelfall angemessene Form der Kooperation zwischen Staat und Religionen/Weltanschauungen ist.
Ich habe hierzu in meinem Aufsatz "So wenig wie möglich und soviel wie nötig" (in: Groschopp (Hrsg.), Humanismus – Laizismus – Geschichtskultur, Aschaffenburg 2013, S. 34-58) Überlegungen angestellt. So sind z. B. der Kirchensteuereinzug und die Militärseelsorge abzuschaffen, dagegen sind z. B. der Religions-/Lebenskundeunterricht als freiwilliges Fach an den Schulen und Institute für Religion und Weltanschauungen an den Universitäten beizubehalten bzw. zu gründen (zur Begründung siehe die Ausführungen im genannten Text).
Zu einem anderen Ergebnis auf die Frage, was Trennung genau heißt, kann man nur dann kommen, wenn man einen verabsolutierten Staatsbegriff vertritt und den bürgerlich-kapitalistischen Staat in dem wir leben, für die Beste aller Welten hält und daher der Auffassung ist, dass der Staat selber alles am besten machen wird und zivilgesellschaftliche Aktereue, insbesondere die Religionen/Weltanschauungen nichts zur Verbesserung der Gesellschaft beitragen könnten.
Dies ist jedoch ein Fehleinschätzung. Ohne zivilgesellschaftliche Akteure ist ein demokratischer Staat nicht möglich. Parteien, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Sozialträger, Berufs- und Interessenverbände, Sport- und sonstige Vereine und eben auch die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind für eine demokratische Gesellschaft absolut nötig. Nur wenn das Spektrum der vielfältigen sozialen, politischen und weltanschaulichen Positionen, die die Menschen nun einmal haben, zivilgesellschaftlich repräsentiert wird, gibt es die Möglichkeit darauf aufbauend politische Entscheidungen in demokratischen Prozessen zu finden.
Die in der säkularen Szene immer noch anzutreffenden radikalen Säkularisierer haben sich meines Erachtens die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, dass der Staat alles macht, nie gestellt. In ihrer generellen Feindschaft gegen die Kirchen sind sie vielmehr quasi automatisch dazu gekommen, den Staat nur positiv zu sehen. Es ist aber keineswegs so, dass der Staat immer gut und die Kirchen – Religionen/Weltanschauungen – immer schlechter sind.
Wie gut der Staat immer war, zeigt ein kurzer Blick zurück ins 20. Jh. Der faschistische Staat hat nach der Machteinsetzung der NSDAP alle zivilgesellschaftlichen Organisationen mit brutaler Gewalt zerschlagen oder gleichgeschaltet – mit Ausnahme der Kirchen. Die Kirchen waren im Dritten Reich die einzige verbliebene zivilgesellschaftliche Organisation in der ansatzweise eine Opposition möglich war. Bei aller gegebenen großen Anpassung der Kirchen an und Unterstützung für die Diktatur der NSDAP gab es von einzelnen Personen Widerstand, z. B. gegen die Euthanasie, auch wenn diese Personen häufig nicht von der Amtskirche unterstützt oder geschützt wurden. In der DDR war es ähnlich, auch hier waren die Kirchen die einzigen verbliebenen zivilgesellschaftlichen Organisationen in denen außerhalb von Partei und Staat Opposition möglich war. Daher haben sich in der DDR viele oppositionelle Gruppen unter dem Dach der evangelischen Kirche gesammelt.
Dass die Kirchen nicht zerschlagen oder gleichgeschaltet wurden, lag nicht nur an der Größe dieser Organisationen und ihrer politischen Anpassungswilligkeit, sondern auch daran, dass Menschen nicht nur aus zweckrationalen Überlegungen Mitglieder von Religionen und Weltanschauungen sind, sondern dass eine enge emotionale, bekenntnishafte Verbundenheit der Mitglieder zu ihren Organisationen besteht, die in Krisenlagen hohe Identifikations- und Solidaritätseffekte erzeugt, aus denen ein erhebliches Widerstandspotential erwächst.
Um Missverständnissen entgegenzutreten: Ich mache hier keine Werbung für die Kirchen. Ich mache Werbung für einen gesellschaftlich aktiven weltanschaulichen Humanismus. Wenn wir uns fragen, wie wir uns als Humanisten im Staat aufstellen sollen, dann müssen wir uns Fragen, wie Gesellschaft überhaupt organisiert werden soll, wie generell das Verhältnis von Zivilgesellschaft und Staat sein soll und ob nicht eine humanistische Weltanschauung eine positive Funktion in Gesellschaft und Staat haben kann, die völlig unabhängig von der Frage ist, wie man den kirchlichen Einflusses auf Politik und Staat beschränken kann. Diese Fragen sind m.E. in den Debatten um Säkularisierung und Trennung von Staat und Kirche bislang untergegangen und bedürfen dringend der Klärung. (Auch das Humanistische Selbstverständnis 2015 thematisiert die Stellung des Humanismus zum Staat nicht.) Ein organisierter weltanschaulicher Humanismus ist die beste und sicherste Art und Weise Humanismus und Humanität nachhaltig in der Gesellschaft zu verankern, weil er als Weltanschauung nicht eine oberflächliche Mode, eine zweckrationale Nützlichkeitserwägung, sondern ein Teil der Identität der Personen ist. Dieses gilt es herzustellen.
Staatliche Strukturen beeinflussen die Handlungsmöglichkeiten zivilgesellschaftlicher Akteure. Man sollte solche Handlungsmöglichkeiten für das eigene weltanschaulichen Programm nutzen, solange in diesen Strukturen ein ausreichender eigener Handlungsspielraum existiert und Religionen und Weltanschauungen nicht wie z. B. beim jetzigen Modell der Militärseelsorge nur Handlanger des Staates sind. Wenn wir als Humanisten der Meinung sind, dass eine nach humanistischen Grundsätzen organisierte Gesellschaft eine für alle Menschen gute Gesellschaft ist, warum wollen wir nicht alle vorhandenen Möglichkeiten ausnützen um aktiv an ihrer Verwirklichung zu arbeiten, warum sollten wir darauf warten, dass der Staat dies eventuell für uns tut? Wenn in den aus humanistischer Perspektive sinnvollen Kooperationen der Religionen und Weltanschauungen mit dem Staat die Pluralität der Religionen und Weltanschauungen in unserer Gesellschaft adäquat abgebildet wird, dann gibt es aus humanistischer Perspektive gegen solche Kooperationen nichts einzuwenden.
Weltanschauung ist nichts theoretisches, eine Weltanschauungsgemeinschaft kein philosophischer Debattierklub. Die humanistischen Verbänden sind nicht im Sozialbereich tätig geworden, weil da viel Geld zu verdienen wäre, sondern weil sie sich entschieden haben, nicht länger auf den Staat zu warten, sondern, wie dies für eine Weltanschauung üblich ist, ihre zivilgesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und ihren Humanismus praktisch werden zu lassen – in Konkurrenz zu den anderen Religionen und Weltanschauungen. Eine Weltanschauungsgemeinschaft ist aber auch nicht nur irgendein Sozialträger. Es ist gerade die Verbindung eines umfassenden, die Identität der Mitglieder prägenden Weltbildes und eines darauf beruhenden sozialen Engagements, was diesem eine besondere Qualität gibt, weil sich darin eine humanistische Haltung ausdrückt, die vorbildlich sein kann. Daher ist die AWO oder der paritätische Verband kein adäquater Ersatz für den Humanismus. Ich weiß, dass dies angesichts der Realität der Verbände ein Idealbild ist, aber auch Humanisten sollten sich Ideale setzen.
Was heißt dies nun für die organisierten Humanisten? Wir sollten offensiv für unser Modell weltanschaulicher Praxis werben, wir sollten klar festlegen, wo wir mit dem Staat kooperieren wollen, warum wir dies wollen und in welcher Form wir dies wollen.
Wenn man diese Position vertritt, muss man sich darüber im klaren sein, dass eine Zusammenarbeit mit radikal säkularen Gruppen nur punktuell möglich ist. Einen gemeinsamen Grundkonsens gibt es nicht. Daher ist es nötig, gerade in solchen Kooperationen die eigene Position klar zum Ausdruck zu bringen. Konsens und Dissens sollten klar definiert werden, damit überhaupt Kooperationen sinnvoll möglich sind. Das sollten beide Seite aushalten können. – Und im übrigen: auch Trennungen sind Lösungen die Handlungsfähigkeit herstellen können.
Vgl. auch: "Interview mit Horst Groschopp nicht nur über sein neues Buch - Pro Humanismus"
15 Kommentare
Kommentare
Michael Schmidt... am Permanenter Link
Erschreckende Ignoranz: Wer meint, "die Giordano Bruno Stiftung" vertrete "lediglich eine negative Weltanschauung, also ein Konzept, welches sich darin erschöpft, eine völlige Trennung von Staat und Rel
Da der Artikel leider von falschen Denkvoraussetzungen ausgeht (das gilt zum Teil leider auch für das interessante Buch von Horst Groschopp), gehen auch die Schlüsse, die daraus gezogen werden, in die Irre. Ich wundere mich schon ein wenig, dass ein solch schiefer Artikel auf hpd.de erscheinen kann. Die Redaktion hätte den Autor m.E. unbedingt dazu auffordern müssen, sein unzureichendes Faktenwissen über säkulare Verbände außerhalb des HVD aufzufrischen! Die Vorstellung, dass alle anderen Organisationen "staatsgläubig" seien und keine positiven Ideale vertreten würden, ist geradezu grotesk!
Werner Koch am Permanenter Link
Ich habe etwas gezögert, ob ich überhaupt etwas kommentieren soll. Hier ein Versuch, der hoffentlich zur Deeskalation beiträgt und nicht gegenteilig genutzt wird.
Bei Herrn Groschopp und wohl auch beim HVD werden leider Feindbilder gepflegt. Ich habe das auch bei einer Veranstaltung der Humanistischen Akademie erlebt und angesprochen. Dort wurde im Verlauf einer Tagung dreimal (zweimal von Herrn Groschopp) die gbs und deren (angeblicher) Kirchenkampf erwähnt.
Wenn man, wie ich und viele andere wohl auch, Mitglied in beiden Organisationen ist, möchte man nicht, dass wie in diesem Fall, gbs-bashing betrieben wird, sondern möchte eine produktive Zusammenarbeit aller säkularen und humanistisch orientierten Organisationen.
Auch Organisationen und Menschen, die sich mit dem Humanismus identifizieren sind offensichtlich Menschen mit Schwächen. Leider. Letztlich ist das bedauerlicherweise vergeudete Energie.
Mein Wunsch zum Jahreswechsel: Kooperation statt Konfrontation. Gemeinsame Ziele sollte es genügend geben. Auch wenn die Schwerpunkte unterschiedlich sind, könnte man wohlwollend zusammenarbeiten und auch ohne abwertendes Vokabular wie „radikale Säkularisierer“, etc. auskommen, wenn man übereinander spricht oder schreibt.
Thomas Heinrichs am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Koch,
vielleicht gibt es Missverständnisse; ich bin davon aber nicht überzeugt und auch die 4 Kommentare habe mich davon bislang nicht überzeugt, weil keiner auf das von mir benannte Problem eingeht, dass es doch wohl eine grundsätzlich andere Strategie im Umgang mit dem Staat zwischen den Humanistischen Verbänden und anderen Teilen der säkularen Scene, u.a. der gbs, gibt.
Oder ist die gbs jetzt für Religions- und Lebenskundeunterricht an der Schule? Das wäre mir allerdings ganz neu.
Und über die grundlegende andere Ausrichtung, die eben dazu führt, dass die Humanisten für einen solchen Unterricht sind und andere, wie z. B. die gbs nicht, darüber müsste man miteinander reden und Argumente für und wieder austauschen.
Da geht aber keiner der Kommentare auf meine Argumente ein, sondern man hängt sich daran auf, dass ich etwas von einer <negativen Weltanschauung> geschrieben habe, ohne vermutlich zu wissen, was der weltanschauungsrechtliche Begriff der <negativen Weltanschauung> überhaupt bedeutet...
Ich finde es interessant, dass Sie <radikal> als negativen Begriff werten, ich nicht unbedingt, radikal sein, heist an die Wurzel gehen und das ist manchmal eine sinnvolle und nötige Strategie...
Ich war vielleicht ein klein bischen polemisch, das gebe ich zu, manchmal ist zuspitzen aber auch sinnvoll, aber das alleine ist sicher kein Grund dafür, dass in allen vier Kommentaren keine inhaltliche Auseinandersetzung gesucht wird...
mit besten grüßen
Werner Koch am Permanenter Link
Sehr geehrter Dr. Heinrich,
Auch Die Humanisten Baden-Württemberg fordern Ethikunterricht und nicht Humanistischen Religions- und Lebenskundeunterricht. Siehe Beispiele unterhalb.
Die Humanisten Baden-Württemberg haben die Klage einer Freiburger Mutter gegen das Land Baden-Württemberg unterstützt, die die Einführung von Ethik-Unterricht ab der ersten Klasse als Alternative zum Ethikunterricht gefordert hat.
Wahrscheinlich ist die Forderung nach Einführung eines Religions- und Lebenskundeunterrichts nicht so einfach auf alle Bundesländer übertragbar. Die Forderung, Ethikunterricht einzuführen, hat die Unterstützung einer breiteren Basis der Bevölkerung und dadurch bessere Chancen.
„MUTLOSES URTEIL ZUM NACHTEIL ALLER KONFESSIONSFREIEN -
Humanisten Baden-Württemberg bedauern negative Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Grundrecht auf Ethik-Unterricht an Grundschulen.
http://www.dhubw.de/110-0-Pressemitteilung-16-April-2014.html
„Bundesverwaltungsgericht: Kein Anspruch auf Ethik-Unterricht in Grundschule“
http://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2014-04/ethik-unterricht-grundschule-klage-bundesverwaltungsgericht
Vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg haben die Humanisten B-W einen Fragebogen an die Kandidaten geschickt mit der Frage: „Schulische Wertebildung 1 | Befürworten Sie die Einführung von Ethikunterricht ab Klasse 1 als alternatives Angebot zu den bekenntnisorientierten Unterrichtsfächern (Religionsunterricht) für nichtreligiöse Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern?“ http://www.dhubw.de/220-0-Landtagswahl-2016.html
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Heinrichs am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Koch,
beste Grüße
approximat am Permanenter Link
Grotesk?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Dem schließe ich mich in allen Punkten an - das ist ein selten schiefer Artikel.
Horst Groschopp am Permanenter Link
Ich habe mal gegoogelt, was „falsche Denkvoraussetzungen“ sind und in welchen Zusammenhängen solcher Vorwurf erhoben wird. Sehr interessant. Immer etwas miefig. Bin gespannt, welche Variante hier gemeint ist.
Helga Beck am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Groschopp,
als Mitglied der Humanisten BW und der gbs-Stuttgart würde mich mal interessieren, ob es nicht gemeinsame Inhalte von Humanistischer Lebenskunde und Ethikunterricht gibt. Könnten Sie das für mich klären? Oder sind die Inhalte wirklich so verschieden, dass wir uns in die Haare kriegen müssen wegen dieses Unterrichts?
Darf ich Sie gleich bitten bei den Humanistentagen in Nürnberg eine Gelegenheit zu schaffen, in der wir über "humanistische Werte" diskutieren können. Wir von der gbs-Stuttgart haben darüber eine Arbeitsgruppe und wir würden uns freuen dies im Plenum mit anderen Menschen abzugleichen.
Vielen Dank Helga Beck
Horst Groschopp am Permanenter Link
Liebe Frau Beck,
Wie man es auch dreht und wendet, Ethik ist ein allgemeines, vernachlässigtes und häufig als „Religionsersatz“ organisiertes Schulfach, während LKU ein Humanismusunterricht als Weltanschauungsfach ist und analog (wenn es ihn außerhalb Berlin-Brandenburgs gäbe) zu Art. 7,3 GG (wo er gilt) unterrichtet werden würde von einer entsprechenden Gemeinschaft (wie etwa der HVD) alternativ zum RU, nicht zu Ethik oder Werte und Normen. Jedenfalls ist Ethik nicht allein und nicht vor allem als Gegensatz zum Religionsunterricht machbar … und Lebenskunde ist ein „Bekenntnisfach“, in diesem Sinne formal „konfessionell“.
Was können Humanisten gegen ein Bekenntnis zum Humanismus als einer Weltanschauung haben? Deshalb wurde dieses Fach 1993 zur Gründungsfahne des HVD. Aber offensichtlich scheint es einen Flggenwechsel zu geben.
Davon würde ich Debatten über Humanismus nicht vermengen, schon gar nicht damit, was denn „humanistische Wertvorstellungen“ sind/sein sollen. „Werte“ halte ich für falsch, denn das verdrängt den sozialen Prozesscharakter, den das hat, aber vor allem, dass immer ein Subjekt sein muss, das wertet; es geht also um Wertungen.
Was auf diesem „Humanistentag“ diskutiert wird, darauf habe ich keinen Einfluss. Ich bin irgendwann am 17.6. eingeteilt, wenn es um Luther geht. Da geht es zwar auch um Humanismus und v.a. Antihumanismus, aber weniger um das, was Sie ansprechen.
Helga Beck am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Groschopp,
vielen Dank für Ihre Antwort. Verstehe ich Sie richtig, dass Ethikunterricht und Humanistische Lebenskunde auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen "unter ein Dach" kommen können? Liebe Grüße Helga Beck
Horst Groschopp am Permanenter Link
Das hängt davon ab, was Sie unter "Dach" verstehen.
Gita Neumann am Permanenter Link
Thomas Heinrichs Beitrag scheint mit dem Buch "Pro Humanismus" von Horst Groschopp nicht allzu viel am Hut zu haben.
Es fällt seit langem in unterschiedlichsten Kontexten und Verbandskonflikten auf, dass die Streithähne ausschließlich männlichen Geschlechts sind – vielleicht ein Erbe „der Freidenker“? – die sich in der Szene zu behaupten, sprich auszugrenzen und zu diffamieren trachten. Dabei im Auge habend, welcher Grad der Säkularisierung im Verhältnis von Kirche/Weltanschauung und Staat denn nun der „richtige“ oder der "falsche" sei. Ein unentscheidbarer Ersatzstreit, statt primär über die Gewichtung der Grundelemente des Humanismus als Weltanschauung zu ringen und zu debattieren?
Dabei scheint ein Problem, auch und gerade bei Lebenskunde des Humanistischen Verbandes contra staatlichem Ethikunterricht, dass sich humanistische Prinzipien in großen Teile der Gesellschaft weitgehend durchgesetzt haben. Zu denken sei einmal an das Beispiel der „Humanistische Psychologie“, die mit ihren aus den 1970er Jahren stammenden Konzepten der Wertschätzung, Toleranz, Un-Dogmatik, Gesprächsführung („aktives Zuhören“), geistig-moralischen Wertorientierungen, nondirektiv-demokratischen Methoden usw. längst Teil der allgemeinen Pädagogik, Sozialarbeit, Therapie geworden ist. Wie also sollte sich der weltliche Humanismus aufgrund seines Erbes heutzutage selbst verständigen? Als selbstbezogene Zustandsbeschreibung, Vertreter von Millionen konfessionsfreier Menschen zu sein? Als Soll-Ideal für die Existenzprobleme der Menschheit?
Wie wäre es mal als Bewegung, die sich durch innere Prinzipien einer demokratischen Kultur auszeichnet? Dazu gehören nicht zuletzt aktives Zuhören, persönliche Respektierung mit Streitfähigkeit (keine Harmonie- oder Konsenssucht!), sowie Kompromissfähigkeit unter Anerkennung und Offenlegung unterschiedlicher Interessenlagen. Für letztere scheint auch Heinrichs zu plädieren – und sieht wohl auch eine mögliche Trennung als mögliche Zunahme von Handlungsfähigkeit. Diese wird aber mitnichten durch organisatorische Abgrenzung und Spaltung erhöht! Vielmehr ist einem anderen Vorschlag von Heinrichst erst einmal zu folgen: Die alten Begrifflichkeiten aus dem Gebiet der Religion heraus mit neuen weltanschaulichen Inhalten zu füllen.
Fangen wir doch beim Begriff „humanitas“ (den Herder beim – ja vorchristlich-römischen - Cicero wiederentdeckt hatte) an, da er eine zukunftsweisende Vieldeutigkeit aufweist: Menschlichkeit im Sinne sowohl von Barmherzigkeit als auch von kultureller Bildung und Wissen (ohne die Naturwissenschaften zum Glaubensersatz zu stilisieren oder die Kunst als existentielle Menschenheitserfahrungsquell zu vernachlässigen und ohne Menschlichkeit/Barmherzigkeit als vermeintlich christliche "Erfindung" durchgehen zu lassen).
Gita Neumann
Helga Beck am Permanenter Link
Sehr geehrte Frau Neumann,
ein erfrischender Beitrag, vielen Dank. Ja, es wäre sinnvoll, wenn wir uns auf " innere Prinzipien einer demokratischen Kultur " einigen könnten. Und uns gemeinsam um eine humane Welt bemühen würden. Dazu haben wir in der gbs Stuttgart jetzt einen Arbeitskreis "humanistische Werte" gegründet. Vielleicht können wir am Humanistentag darüber diskutieren.
Ansonsten finde ich die von Ihnen angesprochene "Menschlichkeit, Barmherzichkeit, usw. auch die zentralen "humanistischen Werte" für die ich auch arbeite. Danke also für Ihren Beitrag.
Mir geht es nicht in erster Linie darum anderen Weltanschauungen oder Religionen deren Fehler und Schwächen nachzuweisen, sondern gemeinsam mit möglichst vielen Menschen auf die von Ihnen genannten Werte hin zu arbeiten. Da gehört natürlich dazu, dass man auf gravierende Menschenrechtsverletzungen hinweist, aber es gehört für mich auch dazu, dass man mit Menschen zusammenarbeitet, die auch auf eine humane Welt hinarbeiten, egal von welcher Gruppierung. Davon gibt es in der katholischen Kirche genauso Menschen wie in anderen Gruppen.
Für mich macht es keinen Sinn Gräben aufzumachen wo keine sind. Denn Schützengräben zu gaben ist tatsächlich eher eine männliche Tätigkeit in unzähligen Kriegen, die Humanisten ja gar nicht befürworten. Weder geistige noch tatsächliche.
Liebe Grüße Helga Beck, Humanisten BW und gbs-Stuttgart
lula am Permanenter Link
Ich habe durchaus Verständnis für die Lust an der Polemik und die Freude an der Etymologie - die Grundhaltung in den Beiträgen von Gita Neumann, Helga Beck und Werner Koch ist unserem Anliegen aber eindeutig zuträglic
Hans-Martin Schönherr-Mann, Vom Nutzen der Philosophie Pragmatismus als Lebenskunst
Ludwig Lauer, dHuBW