Zeitschrift

Skeptiker 4/2017 erschienen

Das aktuelle Heft des "Skeptiker", der Vierteljahresschrift der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), ist erschienen. Im aktuellen Heft geht es unter anderem um Computeralgorithmen im Personalbüro und um die Auferstehung der Physiognomik.

"Sag mir ein paar beliebige Sätze, und ich erkenne deine Persönlichkeit! Nichts Geringeres verspricht ein neues Computerprogramm. Zielgruppe sind Personaler, denen die Stimmanalyse in kürzester Zeit verraten soll, wie gut ein Bewerber auf die ausgeschriebene Stelle passt." Mit diesen Worten führt Chefredakteurin Inge Hüsgen in das aktuelle Skeptiker-Heft ein.

Tatsächlich versprechen Anbieter von computergestützten Auswahlverfahren, mit Big Data und ausgeklügelten Algorithmen den optimalen Bewerber für jede Stelle zu finden. Gleichzeitig befürchten Arbeitnehmer den "gläsernen Bewerber", der im Personalbüro jede Privatheit verliert.

Doch was können die neuen Verfahren wirklich? Für den SKEPTIKER hat sich der Wirtschaftspsychologe Prof. Uwe Peter Kanning die aktuellen Trends und Technologien angeschaut. Er kommt zu dem Schluss:

"Auf der einen Seite werden die heute schon bestehenden Chancen der Computertechnologie – etwa in Form computergestützter Intelligenztests – in der Praxis der Personalauswahl nicht genutzt. Auf der anderen Seite drängen Technologien offensiv auf den Markt, die so gut wie nichts von dem halten können, was sie ihren Kunden versprechen."

Verzerrte Vorhersagen, unfaire Ergebnisse

Das Start-Up "Faception" hat nach eigenen Angaben ein Computerprogramm entwickelt, das Terroristen allein am Gesicht erkennen soll. Dabei beruft sich das Unternehmen auf Studien des US-Psychologen Alexander Todorov, eines anerkannten Experten für Gesichtswahrnehmung. Doch der widerspricht entschieden. Die Journalistin und Psychologin Bärbel Schwertfeger hat ihn interviewt.

Im Interview sagt Todrov:

"Ich war wirklich geschockt, dass sie meine Forschung als Grundlage für ihr Unternehmen nutzen. Meine Forschung zeigt, dass wir gemeinsame Stereotype über das Aussehen haben und nicht, dass diese Stereotype auch stimmen. Faception ist das perfekte Beispiel für die neuen Kleider der Physiognomik."

In einem begleitenden Artikel fasst Bärbel Schwertfeger zusammen, mit welchen unseriösen Methoden Anbieter wie "Faception" arbeiten – und wie gefährlich es ist, sich auf diese Methoden zu verlassen. Wenn allein die (am Gesicht ablesbare) Stimmung eines Menschen dazu führt, dass er als Terrorist eingestuft wird, hat das mit tatsächlicher Gefahrenabwehr nichts mehr zu tun.

"Baby Signs" - Gebärdensprache für Kleinstkinder

"Baby Signs" heißt ein neues Angebot zur kindlichen Frühförderung. Die Kinder üben dabei schon vor dem Sprechenlernen einfache Handzeichen, mit denen sie sich verständlich machen können. Die Anbieter versprechen den Eltern damit eine Steigerung des IQ und eine verbesserte emotionale Entwicklung. Doch Barbro Walker, Professorin für Kindheitspädagogik, ist skeptisch. In ihrem Beitrag verrät sie, was Eltern unternehmen können, um ihre Kinder sinnvoll zu fördern

Reaktorkatastrophen: Angstmache oder Verharmlosung?

Tschernobyl: auch nach über 30 Jahren ein Schreckensbeispiel für die Gefahren der Kernkraft. Dabei herrscht bis heute Uneinigkeit, wie viele Menschen bei der Katastrophe ums Leben kamen. Ein UN-Report spricht von bis zu 9.000 Toten, anderen Angaben zufolge waren es lediglich 50 Todesopfer. Doch wie kommen diese unterschiedlichen Zahlen zustande?

Im aktuellen Heft erklärt Dr. Florian Aigner, was es mit den Statistiken und Risikoabschätzungen auf sich hat. Er zeigt auf, wie Statistiken fehlinterpretiert werden und rät zur Vorsicht im Umgang mit unüberschaubaren Zahlen:

"Im "TORCH-Report", der von den europäischen Grünen in Auftrag gegeben wurde, kommt man mit Hilfe des LNT-Modells auf 30.000 bis 60.000 Tschernobyl-Tote weltweit. Das klingt gewaltig, doch mit genau derselben Rechenmethode käme man auf eineinhalb bis drei Millionen Tote durch Tests von nuklearen Waffen.
Man kann das Modell auch auf eher skurrile Bereiche ausweiten: Eine Banane enthält radioaktives Kalium. Wendet man das LNT-Modell auf die weltweite jährliche Bananenproduktion an, dann kommt man auf einige tausend Bananentote im Jahr. Demonstrationen und Mahnwachen gegen Bananen gab es bisher freilich noch nicht."

Selbstverständlich, so Aigner, dürfen die Gefahren der Energiegewinnung aus Kernspaltung nicht kleingeredet werden. Aber es braucht Augenmaß und Ideen für andere, sichere Technologien zur Energiegewinnung.

Das "Goldene Brett" 2017 für den "König von Deutschland"

Er erklärte sich selbst zum "König von Deutschland", gründete eine Bank, in die seine Anhänger Geld einzahlten, und kam wegen Veruntreuung der Gelder ins Gefängnis. Nun wurde Peter Fitzek mit dem "Goldenen Brett vorm Kopf" für den größten antiwissenschaftlichen Unfug des Jahres ausgezeichnet. (Der hpd berichtete.) Im SKEPTIKER berichtet Florian Aigner von der Preisverleihung.

Neben vielen weiteren Artikeln ist auch das Interview mit den Science Busters im Heft abgedruckt, das der hpd bereits veröffentlichen durfte.

Die im Heft abgedruckte Rezension des Buches "Gesundheit - Ein Buch nicht ohne Nebenwirkungen" von Natalie Grams ist ebenfalls online verfügbar.