Der kongolesische Menschenrechtler Floribert Chebeya wurde vor über einem Jahrzehnt in staatlichem Auftrag von Polizeibeamten ermordet. Doch erst vor wenigen Wochen sind beide Hauptverdächtige der Tat verurteilt worden.
Chebeya war damals im Begriff, schwer belastendes Material über Menschenrechtsverletzungen durch den damaligen Innenminister der Polizei zu übergeben. Aber der Innenminister und der zu dieser Zeit amtierende Polizeichef steckten unter einer Decke – und beseitigten lieber den Menschenrechtler denn die gravierenden strukturellen Missstände im eigenen Land.
Nur wenige haben in der Demokratischen Republik Kongo in humanitärer Hinsicht so viel bewegt wie Floribert Chebeya. Zeit seines Lebens hatte er sich für die Entrechteten seines Landes eingesetzt und erlangte spätestens als Leiter einer der größten Menschenrechtsorganisationen des Landes öffentliche Bekanntheit. Mit dieser widersetzte er sich der Willkürherrschaft der Mobutu-Diktatur, bezog klar Stellung im bis 1999 andauernden Bürgerkrieg, positionierte sich gegen das von Korruption geprägte Kabila-Regime und machte sich für die Verbesserung der Zustände in Gefängnissen stark. Allgemein bestand sein Bestreben meist darin, darauf zu hinzuwirken, dass die in der Verfassung niedergeschriebenen Rechte den Menschen auch tatsächlich gewährt werden. Ohne auf die ethnische Herkunft zu blicken, prangerte er Menschenrechtsverletzungen öffentlichkeitswirksam an. Mit seiner Organisation hielt er Hunderte von Workshops ab, organisierte Kampagnen und Konferenzen oder politische Bildungsveranstaltungen, die den Wert einer Demokratie hervorhoben. Viele Male musste er für dieses Engagement jedoch persönliches Leid in Kauf nehmen. So wurde er auf staatliche Anordnung häufig bedroht, verhaftet, drangsaliert und in Gefangenschaft sogar gefoltert. Im Juni 2010 kam es letztlich zu seiner Ermordung durch mindestens zwei kongolesische Polizisten. Auch seinen Fahrer Fidele Bazana töteten die Beamten dabei.
Ein Militärgericht hat nun einen in diesem Zusammenhang angeklagten Polizeikommissar, der erst im Jahr 2020 aufgespürt und festgenommen werden konnte, zum Tode verurteilt. Allerdings wird dieses Urteil aufgrund eines Moratoriums nicht vollstreckt, sondern in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Konkret hat das Gericht den Angeklagten wegen Mordes, Fahnenflucht sowie Veruntreuung von Waffen und Munition für schuldig befunden. Besondere Schwere der Schuld stellte es fest, da Chebeya gefesselt und geknebelt am Tag nach seinem Verschwinden leblos aufgefunden wurde. Ein weiterer hochrangiger Polizist wurde während des Prozesses zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Dieser gestand, Chebeya und seinen Fahrer erdrosselt zu haben.
Möglich wurden die Gerichtsprozesse auch deshalb, weil ein weiterer Polizeikommisar, Paul Mwilambwe, als Zeuge aussagte und in diesem Zuge selbst freigesprochen wurde. Mwilambwe, der seit dem Mord auf der Flucht war, nannte den ehemaligen Präsidenten Joseph Kabila und den ehemaligen Polizeichef John Numbi als Auftraggeber der Tötung. Ein Militärgericht erhob daraufhin Anklage gegen Numbi, welcher offiziellen Angaben zufolge außer Landes geflohen ist.
An Chebeyas Todesumständen ist besonders brisant, dass es der damalige Polizeichef Numbi war, der den Menschenrechtler am Tag seines Todes um ein Treffen im Polizeipräsidium bat. Dieser Bitte kam Chebeya offenbar nach – was seine letzte Tat gewesen sein sollte. Zum Verhängnis wurde ihm das korrupte und von Vetternwirtschaft durchzogene staatliche Exekutivorgan, die Polizei, das im Kongo auch vor der Anwendung ausufernder Gewalt nicht zurückschreckt: Chebeya hatte seinem Anwalt zufolge gegenüber dem damaligen Innenminister schwer belastende Informationen über Massaker von kongolesischen Sicherheitskräften in der Provinz Zentralkongo (Bas-Congo) zusammengetragen. Chebeya ging jedoch wie sich herausstellte nicht davon aus, dass Numbi, ein enger Vertrauter des damaligen Innenministers, bereit war, alles zu tun, um den Minister und die damalige Regierung zu schützen und ihn letztlich dafür sogar ermorden würde. Ein Mord, der, wie heute bekannt ist, unter Billigung des damaligen Präsidenten Kabila ausgeführt wurde und wegen staatlicher Verschleierungsbemühungen erst sehr verzögert und noch immer nicht vollständig aufgeklärt werden konnte. Ob es noch weitere Festnahmen und Verurteilungen geben wird, ist bislang noch offen. Die Witwe Chebeyas hofft indes, dass alle an der Ermordung Beteiligten strafrechtlich verfolgt werden und nennt die jüngsten Haftstrafen einen "ersten Schritt in die richtige Richtung".