Nach wie vor erhalten die beiden christlichen Kirchen jährlich dreistellige Millionenbeträge aus dem Staatshaushalt für Jahrhunderte alte Enteignungen. Ein weiterer Versuch zur Ablösung der sogenannten Staatsleistungen scheint nun vorerst gescheitert. Säkulare Rechtsexperten sind empört bis enttäuscht.
Die Forderung zur Ablösung der altrechtlichen Staatsleistungen an die beiden großen christlichen Kirchen wird immer lauter. Nun hat sich auch die Frauenbewegung "Maria 2.0", die sich für Reformen innerhalb der katholischen Kirche einsetzt, mit einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet.
Der evangelische Landesbischof von Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, wollte in einem Beitrag des Bayerischen Rundfunks erklären, was Staatsleistungen genau seien. Dabei äußerte er sich irreführend und behauptete, auch säkular-humanistische Organisationen würden diese speziellen altrechtlichen Zahlungen erhalten. Diese melden sich nun im hpd zu Wort.
Die privilegierte Finanzierung der evangelischen und katholischen Kirchen aus allgemeinen Steuermitteln ist schnellstmöglich zu beenden. Der Arbeitskreis Säkularität und Humanismus der SPD fordert die Abgeordneten aus Bund und Ländern auf, diesem seit über 100 Jahren bestehenden Verfassungsauftrag nunmehr unverzüglich nachzukommen und diesen staatlichen Geldregen an die Kirchen einzustellen.
Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) Niedersachsen fordert eine ablösefreie Beendigung der Staatsleistungen an die Kirchen. "Wir begrüßen das Vorhaben der Ampel-Regierung", sagt Guido Wiesner, Präsident des HVD Niedersachsen. "Darüber hinaus plädieren wir ausdrücklich dafür, dass die Zahlungen ersatzlos gestrichen werden. Schließlich beruhen sie auf einem uralten Vertrag aus Napoleons Zeiten, der mittlerweile längst mehr als erfüllt ist und den beiden großen Kirchen ein großes Vermögen beschert hat."
Das berüchtigte Reichskonkordat "feiert" in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag. Dieses am 20. Juli 1933 vom "Heiligen Stuhl" und dem "Dritten Reich" geschlossene Abkommen regelt bis heute Grundzüge des Verhältnisses zwischen dem deutschen Staat und der römisch-katholischen Kirche.
Mehr als 100 Jahre lang haben sich die zuständigen Parlamente geweigert, den bindenden Verfassungsauftrag zur Ablösung der vorkonstitutionellen Staatsleistungen an die Kirchen zu erfüllen. Die unverzügliche Beendigung ist unbedingt notwendig. Aber sie muss in offenen und transparenten Gesprächen mit der Zivilgesellschaft ausgehandelt und darf nicht hinter verschlossenen Türen "ausgeklüngelt" werden.
Der erste Themenabend des AK Säkulare in Düsseldorf im Jahr 2023 hielt für die zahlreich zugeschalteten Interessierten wieder einen säkularen "Leckerbissen" bereit: Einer der profiliertesten Experten zum Thema Staatsleistungen, Johann-Albrecht Haupt, Verwaltungsjurist und Sprecher von BAStA (Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen), referierte pointiert und auch für den juristischen Laien verständlich zu diesem komplexen Thema, dem just eine unerwartete Aktualität widerfährt.
Seit jeher standen die "Staatsleistungen" an die Kirchen in der Kritik der freidenkerischen Verbände. Schon die Weimarer Reichsverfassung forderte ihre "Ablösung". In den letzten Jahren hat die Debatte Fahrt aufgenommen, es gab einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf und im Koalitionsvertrag der Ampel wird die Erledigung des Verfassungsauftrags in Aussicht gestellt. Wer nach Argumenten sucht, kann auf Christian Casutts vor kurzem erschienenes Buch "Den Bischof zahlt der Staat" zurückgreifen. Der hpd hat mit dem Autor gesprochen.
Das Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen (BASTA) wendet sich mit Offenen Briefen an die 14 Bundesländer, die entgegen dem Verfassungsauftrag weiterhin jedes Jahr sogenannte Staatsleistungen an Religionsgesellschaften (Kirchen) bezahlen. Allein in diesem Jahr beläuft sich die aus komplexen historischen Gründen gezahlte Summe auf rund 602 Millionen Euro.
Recherchen der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) haben ergeben: Auch in diesem Jahr steigen die Staatsleistungen an die evangelische und katholische Kirche kontinuierlich an. In diesem Jahr werden nach Haushaltsplänen die Länder – mit Ausnahme von Hamburg und Bremen – den beiden Kirchen rund 594 Millionen Euro überweisen. Eine neue Rekordsumme in einem stetigen Aufwärtstrend.
"Wir schaffen in einem Grundsätzegesetz im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen." So verspricht es der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien (S. 110), und man darf dieses Versprechen durchaus ernst nehmen.
Das "Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen" (BA§TA) fordert, die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen in die aktuellen Koalitionsverhandlungen einzubeziehen.
Gestern hat der Deutsche Bundestag zwei Gesetzentwürfe der Oppositionsparteien zur Ablösung der altrechtlichen Staatsleistungen an die Kirchen mit breiter Mehrheit abgelehnt. Der KORSO begrüßt diese Entscheidung und fordert nun eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, ob die damit verbundenen Zahlungen an die beiden Großkirchen in der heutigen Zeit und in der gegenwärtigen Höhe noch gerechtfertigt sind.