Es ist für eine säkulare Demokratie nicht mehr zeitgemäß, dass in Bayern von 13 gesetzlichen Feiertagen zehn christlich motiviert sind. Am 8. Mai 2021 jährt sich zum 76. Mal das Ende des 2. Weltkriegs. Aber nicht nur wegen der Corona-Krise kann der Tag nicht würdig begangen werden, sondern auch weil der 8. Mai noch immer kein Feiertag ist. Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) München fordert daher, den "Tag der Befreiung" zum gesetzlichen Feiertag zu erklären und stattdessen "Christi Himmelfahrt", in diesem Jahr am 13. Mai, zu streichen.
"Der 8. Mai 1945 hat die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten beendet. Darüber sollten wir auch heute noch dankbar sein und an diesem Tag innehalten, die Befreier würdigen und der Opfer gedenken. Der 8. Mai 1945 ist mit Sicherheit einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Tag in der (Vor-)Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Gerade angesichts des Wiederstarkens nationalistischen, rechtsextremistischen und antisemitischen Gedankenguts in der Gesellschaft könnte ein solcher Feiertag ein wichtiges Zeichen setzen", sagt Michael Wladarsch, Vorsitzender des bfg München.
Außerdem ist es nicht mehr nachvollziehbar, dass zum Beispiel in Bayern von 13 gesetzlichen Feiertagen nur drei (Tag der Arbeit, Tag der deutschen Einheit, Neujahr) als weltanschaulich neutral zu betrachten sind, zehn Feiertage dagegen christliche Wurzeln haben. "In einer immer säkularer werdenden Demokratie ist das einfach nicht mehr zeitgemäß. Wer bitte weiß denn heute überhaupt noch, welche Bedeutung zum Beispiel Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Fronleichnam oder Mariä Himmelfahrt haben und wer feiert diese Tage noch?", will Assunta Tammelleo, Vorsitzende des bfg München, wissen.
"Feiertage in einem Gemeinwesen wie der Bundesrepublik sollten von der Mehrheit der Bevölkerung verstanden, mitgetragen und im besten Fall gelebt werden. So können sie einen Beitrag dazu leisten, den demokratischen Grundkonsens in der Gesellschaft zu stärken. Der 8. Mai wäre ein solcher Tag", ist sich Wladarsch sicher.
Zusätzlich böte sich für Bayern auch der 8. November als gesetzlicher Feiertag an. Am 8. November 1918 rief Kurt Eisner den Freistaat Bayern aus und erklärte König Ludwig III. für abgesetzt. Oder der 1. Dezember – am 1. Dezember 1946 stimmte die Bevölkerung der bayerischen Verfassung per Volksabstimmung zu. Auch der 10. Dezember wäre geeignet: Am 10. Dezember 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet.
7 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
solange der Heilige Geist Feiertag (Pfingsten) bleibt ist doch alles gut.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Bin dafür.
Und weiße Flagge zeigen am 8. Mai.
Leon S. am Permanenter Link
In der Tat, wenn die Zahl der Gläubigen weiter sinkt, könnte man überlegen, die christlichen Feiertage abzuschaffen.
Aber müssen dann dafür tatsächlich sofort neue Feiertage geschaffen werden?
Warum eigentlich? Der Grund für diese Feiertage ist entfallen, für andere Feiertage gab es doch bisher offensichtlich auch keinen Anlaß.
Und die Wirtschaft würde von einer Streichung von Feiertagen bestimmt profitieren.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Eine nachvollziehbare Forderung, welche realistische Tatbestände würdigt und nicht Märchenerzählungen huldigt.
Roland Weber am Permanenter Link
Es wäre in der Tat eine interessante Diskussion, wenn man darüber befinden wollte, welche Anlässe/Ereignisse statt christlich ausgebrachter Feiertage gelten sollten. Einfach würde das gewiss nicht werden.
Weniger Feiertage ist keine Lösung, da es auch einen bundesweit geltenden Sozialstatus gibt, auch wenn da einzelne Länder aus historischen und vor allem religiösen Gründen unterschiedlich aufgestellt sind.
So lange das Christliche mit seiner Fantasiewelt dominierte, konnte aus formallogischen Gründen nichts gegen diese Feiertage geltend gemacht werden. Doch das Blatt dürfte sich langsam gedreht haben. Wenn eine Religionspartei nicht mehr eindeutig in der Mehrheit ist, ist auch ihre Legitimation hinfällig. Man muss dies nur in die Öffentlichkeit tragen. Unter einander feiern kann jeder, was er*sie will/wollen (wenn man mal von diese Corona-Regelungen absieht).
Der Verfasser irrt (etwas) mit seiner Aussage: "... in Bayern von 13 gesetzlichen Feiertagen nur drei (Tag der Arbeit, Tag der deutschen Einheit, Neujahr) als weltanschaulich neutral zu betrachten sind, zehn Feiertage dagegen christliche Wurzeln haben. "Neujahr" ist der traditionelle Feiertag von Jesu Beschneidung! Für Jungen bei Juden acht Tage, wie es üblich ist, nach der Geburt. Dass da still und leise das Neujahr als Feiertag übernommen wurde, war vielen wohl gar nicht unrecht. Auch Christen lassen sich nur ungern daran erinnern, dass Jesus als Jude die religiöse Bühne betreten hat. Entkernt, wie schon ein Vatertag aus einer unhistorischen Himmelfahrt - eben alles (wenn auch nicht ausdrücklich) mehr säkular ...
Dass dieses Datum - wie alle der oben genannten Daten - literarische Fiktionen sind, sei vorsorglich betont. Das Christentum entbehrt jeglicher Historie. Die Evangelien etc. waren und sind lediglich nützliche Erfindungen. Zunächst der Römer, dann den historisch folgenden Herrschaftssystemen.
awmrkl am Permanenter Link
"in Bayern von 13 gesetzlichen Feiertagen [...] zehn Feiertage .. christliche Wurzeln haben"
Es ist längst überfällig, für all diese (mit Müh und Not zusammengestoppelte) "christlichen" Feiertage (die eh gesetzliche sind!) pur weltliche, säkulare, besser passende Feiertage zu *vereinbaren* ...
Oder tatsächlich zusätzlichen einen Pool von 10..15 frei wählbaren Frei-Tagen zu vereinbaren, die jeder nach Belieben (aber Voranmeldung) nehmen kann.
Ich wette, es kommen dabei meist die bisherigen Feiertage raus: weil gewohnt.
Ich denke aber, dass die sog. christlichen "beweglichen" Feiertage (wie Ostern, Pfingsten und alle davon abhängigen, zB auch Fasching) allmählich verschwinden werden und durch (relativ) feste Termine ersetzt werden (zB Vatertag am 3. Donnerstag im Monat Mai usw)
Christian Meißner am Permanenter Link
Dem Anliegen, den 8. Mai als Feiertag einzuführen, kann ich nur zustimmen. Gleiches gilt für den 10. Dezember.
Warum man aber die Ausrufung des Freistaats Bayern sowie die Absetzung des bayerischen Königs durch Kurt Eisner - einem Mann, der sich von Arbeiter- und Soldatenräten zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen - in einer liberalen Demokratie als Feiertag begehen sollte, ist mir - bei allem Respekt für die Biographie dieses Herrn - schleierhaft, zumal seine USPD bei der darauffolgenden Landtagswahl nur 2,5 % der Stimmen erhielt.