Stuttgart

Kundgebung für Meinungsfreiheit zum siebten Jahrestag des Attentats auf Charlie Hebdo

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Die gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar demonstrierte am Nachmittag des 7. Januar auf dem Schlossplatz und kam mit Passanten ins Gespräch.
Demo der gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar auf dem Stuttgarter Schlossplatz

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Die gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar demonstrierte am Nachmittag des 7. Januar auf dem Schlossplatz und kam mit Passanten ins Gespräch.
Demo der gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar auf dem Stuttgarter Schlossplatz

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Die gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar demonstrierte am Nachmittag des 7. Januar auf dem Schlossplatz und kam mit Passanten ins Gespräch.
Demo der gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar auf dem Stuttgarter Schlossplatz

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Die gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar demonstrierte am Nachmittag des 7. Januar auf dem Schlossplatz und kam mit Passanten ins Gespräch.
Demo der gbs-Regionalgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar auf dem Stuttgarter Schlossplatz

Das Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo jährte sich am 7. Januar 2022 zum siebten Mal. Für die Regionalgruppe Stuttgart der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) war dies ein wichtiger Anlass, an die Opfer zu erinnern. Zudem wollten wir darauf aufmerksam machen, dass auch heute noch Kulturschaffende und Journalisten in vielen Ländern von staatlicher Verfolgung bis hin zur Todesstrafe bedroht sind oder von religiösen Eiferern drangsaliert, verletzt oder getötet werden – nur weil sie sich mit religiösen Vorstellungen kritisch auseinandersetzen. Wir haben uns mit der Veranstaltung für die Meinungsäußerungs- und Kunstfreiheit eingesetzt, die auch die Kritik an Religionen und Religionsgemeinschaften einschließt. Die Karikaturen von Charlie Hebdo, die Grund für das Attentat waren und von denen wir einige gezeigt haben, sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.

Die Regionalgruppe Stuttgart der gbs wollte mit der Kundgebung an die Opfer des Attentats erinnern, bei dem neun Mitarbeiter der Zeitschrift und ein Personenschützer in Paris ermordet wurden. Wir gedachten dabei auch des französischen Lehrers Samuel Paty, der am 16. Oktober 2020 von einem religiösen Fundamentalisten bestialisch getötet wurde, weil er im Unterricht anhand von Charlie Hebdo-Karikaturen den Begriff der Meinungsfreiheit erklärte.

Bei der Kundgebung am siebten Jahrestag des Attentats auf Charlie Hebdo haben wir eine Auswahl an Charlie Hebdo-Plakaten gezeigt. Mit Mohammed, aber auch mit Jesus, dem Papst, orthodoxen Priestern, Imamen und Rabbinern.

Die Polizei musste nicht eingreifen – es gab keine Zwischenfälle mit empörten Besuchern. Ein gutes Zeichen? Das sollte die Normalität sein. Wir müssen das bei passender Gelegenheit wiederholen, um sicher zu sein, dass das nicht nur Zufall oder dem kühlen Wetter und der Corona-Situation geschuldet war. Es könnte auch sein, dass eine differenzierte Darstellung mit Karikaturen aller Religionen verhindert hat, dass es als Muslimfeindlichkeit wahrgenommen wurde. Muslime konnten nicht so einfach unterstellen: "Es geht wieder gegen Muslime", "Muslime werden diskriminiert", "Muslime sind die Opfer".

Wir haben die Titel und Sprechblasen aller Charlie Hebdo-Plakate auf Deutsch übersetzt, haben das Thema "Gotteslästerung/Blasphemie" ausführlich beleuchtet und ein Quiz angeboten, bei dem interessierte Passanten bei 20 Zitaten aus der Bibel, dem Koran und aus "Der Herr der Ringe" raten konnten, wo sie geschrieben stehen.

Eine kritische Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten ist den Anhängern aller Religionen zumutbar

Die Meinungs- und Kunstfreiheit, die für eine Demokratie essenziell sind, müssen auch bei uns in Deutschland verteidigt werden – von uns allen und für uns alle. Wir sind solidarisch mit allen, die unmissverständlich klarstellen, dass der Meinungsfreiheit in einer modernen, offenen Gesellschaft ein höheres Gewicht beizumessen ist als verletzten religiösen Gefühlen. Wer sich mit Religion
kritisch auseinandersetzt, muss von der Öffentlichkeit, den Medien, der Politik und den Behörden breite Unterstützung erhalten. Diese Kundgebung sollte auch dazu beitragen, dass auch das Zeigen islamkritischer Karikaturen zu einer Normalität wird.

Das Problem stellt sich in Deutschland in verschärfter Form, weil hier nach wie vor der mittelalterlich anmutende "Gotteslästerungsparagraph" 166 StGB existiert, der denjenigen mit harten Strafen bedroht, der religiöse Bekenntnisse "in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören". Dieser Gummiparagraph steht im krassen Widerspruch zu der im Grundgesetz Artikel 5 festgelegten Meinungsfreiheit. Gotteslästerungs- und Blasphemieverbote gibt es heutzutage vor allem in islamischen Gottesstaaten. Hier finden wir Deutschland leider nicht an der Seite Frankreichs, Dänemarks oder Norwegens, sondern an der Seite der Türkei, des Iran und von Pakistan.

Eine kritische Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten, auch in satirischer Überspitzung, ist den Anhängern aller Religionen zumutbar. Deshalb ist es höchste Zeit, Paragraph 166 StGB ersatzlos zu streichen. Dies sind wir dem Schutz von Künstlern und Satirikern vor dem gewaltsamen Protest von Fundamentalisten sowie unserem freiheitlichen Grundgesetz schuldig. Gegenüber gewaltbereiten religiösen Fundamentalisten klare Kante zu zeigen, wäre eine Aufgabe für Politik, Medien und religiöse Führer – auch für Imame. Diskussionen müssen offen und friedlich geführt werden, ohne Empörung anzustacheln oder Opferrollen einzunehmen. Mit aufgeklärten Vertretern einer Religion gibt es keinen Dissens; religiöse Meinungsführer, die zur Gewalt aufrufen, schaden jedoch den Interessen der Mehrzahl der Muslime, die friedlich, liberal und säkular sind. "Der Islam" sollte hierzulande ebenso wie die Vielfalt anderer Religionen und Weltanschauungen Privatsache, keine Staatsangelegenheit sein.

Der "politische" oder "legalistische" Islam sollte in Deutschland keine Bühne erhalten und nicht politisch gefördert werden, denn er will die Demokratie untergraben und den Islam als politische Ideologie durchsetzen. Anhänger dieser Strömung, darunter konservative Moscheevereine, akzeptieren keine Trennung von Kirche und Staat und bewegen sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes.

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