Die taz will Polizisten auf dem Müll entsorgen – und hält das für Satire. Autsch, aua! Der arme Tucho! Wenn er jetzt da oben auf seiner Wolke sitzt und zuschaut, wer ihn wie und für was zitiert, wird er gleich noch ein bisschen depressiver. Die Satire, man darf es sagen, ist auf den Hund gekommen.
Von rechts hat es sie aus Gründen nie gegeben, und von links ist mittlerweile auch keine mehr zu erwarten. Oder ist "Links" gar nicht mehr, was es auch mal war: das Freie, Freiheitliche, Spielerische, Humane, das augenzwinkernd Utopische, aufseufzend oft ob der gesamten Aussichtslosigkeit, fähig sogar auch zur Selbstironie?
Passiert ist dies: Hengameh Yaghoobifarah, Kolumnistin der taz, hat es auf sich genommen, eine mögliche Auflösung der Polizei zu imaginieren – und es ist ihr nicht viel mehr eingefallen, als die übelsten Klischees über Polizisten noch einmal zu klischieren: Das sind halt alles Faschisten. Diese Überdrehung der Schraube könnte nur als Selbstpersiflage funktionieren: über die Linken und ihren Bullenhass, der nun mal so richtig auf die Spitze getrieben wird.
Hengameh merkt das aber nicht, sondern geht den Weg der größtmöglichen Verzerrung, folgt vielleicht auch einer Lust, die sie schon mal an anderer Stelle beschrieben hat, nämlich dem "Wunsch, die Welt brennen zu sehen", und möglicherweise folgt sie auch dem Selbstvermarktungsnäschen eines Söder oder Trump: Es ist egal, was ich raushaue, Hauptsache, es fällt auf. Medienaufmerksamkeit ist mein Brot.
Hengameh blödelt dann planlos herum, ohne dass ihre Kolumne je abheben, Inspiration atmen oder das geistige Niveau einer 13-jährigen Azubi-Autonomen überschreiten würde. Probeweise steckt sie all die Ex-Cops in verschiedene Berufe, und immer wieder sind die dann ungeeignet, weil sie ja immer nur ans Hetzen und ans Töten denken. Das liest sich dann so: "Keine Gastronomie wegen Vergiftungsgefahr. Der Kulturbereich samt Bücherläden und Kinos fällt flach. Dort könnten sie ihr Gedankengut ins Programm hineinkuratieren. Was ist mit Gartencentern? Hm. Zu nah an völkischen Natur- und Landideologien."
Tja, hm. Muss man das lesen? Die Frage hat Hengameh sich vielleicht auch gestellt, und dann hatte sie entweder gar keinen Antrieb mehr, sich wenigstens einen guten Schluss auszudenken, oder sie hat gemerkt, dass der ganze Hass, der aus ihr spricht, eigentlich entsorgt gehört, oder sie hatte einfach mal so richtig Bock auf Stunk. Jedenfalls endet sie mit der Empfehlung, alle Polizisten auf der Müllkippe zu entsorgen, "wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten." Hm, tja. Satirisch ist das alles nicht, komisch ist das alles nicht, eine Satire hätte vielleicht damit eingesetzt, einen der bösen Nazipolizisten in seinem neuen Job zu begleiten, wo er dann immer in den unmöglichsten Situationen mit dem Knüppel irgendwo draufhaut ... etc. Es gibt keine gute Verarschung ohne einen Hauch von Empathie. Es gibt keine Satire, ohne dass man die Menschen in ihrem wie auch immer bescheuerten Menschsein zu verstehen versucht.
So hat eine junge, oft wohl wütende Autorin also einmal einen Scheiß gebaut. Das kann passieren. Warum aber hat die taz nicht reagiert? Wie kann eine sich für links haltende Redaktion nicht bemerken, dass einer ihrer Texte die Menschenwürde missachtet, wie kann sie nicht kapieren, dass damit selbstverständlich eine Anzeige wegen Volksverhetzung auf sie zukommt? Das ist das eigentliche Elend dieses Aufregers. Die taz-Chefin Barbara Junge hat sich nach dem erwartbaren Shitstorm zu Wort gemeldet und hat, in falschem Deutsch, zu Protokoll gegeben: "Satire darf fast alles – und greift manchmal in seiner (!) Wortwahl daneben."
Noch mal zur Erinnerung: "Satire darf alles", so lautet Tucholskys Originalzitat, und wie sehr ist es heruntergekommen.
Nachtrag (19.06.2020): Im ursprünglichen Artikel stand, dass die Autorin "den Auftrag bekommen" habe, "sich über eine mögliche Auflösung der Polizei Gedanken zu machen." Das entspricht nicht den Tatsachen und wurde im Artikel korrigiert.
6 Kommentare
Kommentare
MM am Permanenter Link
Der nichtbinäre Mensch [https://de.wikipedia.org/wiki/Hengameh_Yaghoobifarah] hielt einst auch ein leidenschaftliches Plädoyer für das Stehkacken.
"Deutsche, schafft Euch ab! Kartoffeln würden lieber auf einen freien Tag verzichten, als Muslim_innen was zu gönnen."
https://taz.de/Kolumne-Habibitus/!5453932/
Man stelle sich vor, irgendein rechtes Drecksblatt würde analog verfahren: "Türken, schafft Euch ab! Kanacken würden lieber auf einen freien Tag verzichten, als Christen was zu gönnen."
Zwischenstand: Identitäre Rechte und identitäre Linke sind in etwa gleich sympathisch, unbrutal und satisfaktionsfähig.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich habe unter den taz-Hausblock folgenden Kommentar gesetzt:
"Ich habe diese angebliche Satire gelesen und diesen Versuch einer Einordnung. Eine Entschuldigung ist es nicht geworden – leider. Ich habe mir das Foto der Autorin angeschaut und eines fällt mir bildsprachlich auf, was sie selbst aufgrund ihres Studiums hätte wissen müssen: Wenn man sich mit verschränkten Armen präsentiert, drückt man äußerste Ablehnung dem Betrachter (also dem Leser) gegenüber aus.
Nachdem ich den Artikel gelesen habe, frage ich mich auch, ob er nicht eher den Papierkorb als eine Entschuldigung verdient hätte. Solche Berichte stoßen auch keine Diskussion über Polizeigewalt und Rassismus an. Sie sind Munition für Rechtsradikale, die nun auf Kundenfang gehen und die Linke selbst als rassistisch diskreditieren können. Denn genau das ist diese „Satire“. Oder behauptet die taz-Redaktion, alle Polizisten in Deutschland wären Rassisten, Faschisten und was sonst noch alles? So dass alle entsorgt werden müssten, wie wir das von Nazis her kennen?
Im Dritten Reich hat man sich über viele Gruppen „lustig“ gemacht, hat Schmähschriften und Spottgedichte verfasst – unmenschlich und niederträchtig. Diese „Satire“ zeigt das gleiche „Niveau“. Ihr seid zur Differenzierung fähig, wendet diese Fähigkeit bitte an. Kein Mensch gehört auf den Müll!"
Kathi am Permanenter Link
Der Artikel der taz hat weder mit Satire noch mit freier Meinungsäußerung zu tun. Das ist einfach nur unterhalb jeglichen Niveaus, menschenverachtend und widerlich.
Meine generelle Antwort auf solche Produkte, Angebote heißt: Boykott des Unternehmens durch Nichtkonsumierung der Produkte. Meine Freiheit als Verbraucher.
Der Artikel kann menschenverachtender nicht sein. Einsatz und Rettungskräften kann man dankbar sein für Ihren Dienst.
Leider bekommen solche Schmierfinken wie die Autorin der taz viel zu viele Plattformen. Im Übrigen sind solche auch die Ersten, die nach der Polizei rufen, wenn sie selbst Gegenwind bekommen. Gut im Austeilen, doch schlecht im Einstecken. Meine generelle Beobachtung. Angesichts solcher Dinge wird nicht nur Tucholsky depressiv und mit dem Kopf schütteln.
Jürgen Piater am Permanenter Link
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist für die taz doch gar kein Problem. Vielmehr ist es für diese Zeitung wichtig, gegen wen sich diese richtet.
https://taz.de/Pro-und-Contra-zu-MenAreTrash/!5528665&s=menaretrash/
wird allen Ernstes debattiert, ob es in Ordnung ist, alle Männer als Abfall zu bezeichnen.
Rudi Knoth am Permanenter Link
Ja mit den universellen Menschenrechten und der Menschenwürde hat die TAZ ein Problem. Mit ihren Artikeln gegen Sarazzin ist die TAZ b.z.w. deren Journalisten vor Gericht auf die Schauze gefallen.
Roland am Permanenter Link
" ... Satire ist eine durchaus positive Sache.
Was darf Satire? Alles." (Tucholsky, aus "Was darf Satire?", 1919)
Ob sich Tucholsky ob dieser taz-Kolumne im Grab umgedreht hat, sei mal dahingestellt (ich schon, wenn ich drin liegen würde).
Aber sicher ist: er hätte das Thema Polizei und Rassismus sprachlich brillant beleuchtet - und die öffentliche Reaktion darauf wäre dann möglicherweise so: " Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel." (Quelle siehe oben)