BERLIN. (hpd) Forscher in Japan fanden es als Erste heraus. Bestätigung kam aus Uppsala und Zürich. Kohlmeisen verfügen über eine Syntax. Sie kombinieren Ruflaute, die je einzeln eine Bedeutung haben, miteinander und geben ihnen damit eine neue Bedeutung.
Von einigen Primatenarten, aber auch von Vogelarten weiß man, dass sie an sich bedeutungslose Phoneme derart kombinieren können, dass sie je nachdem, wie sie zusammengesetzt werden, für die Tiere eine unterschiedliche Funktion haben. Neu ist den Wissenschaftlern, dass Laute, die einzeln schon eine bestimmte Reaktion auslösen, aneinandergereiht eine andere, dritte Verhaltensweise heraufbeschwören. Und zwar nur dann, wenn dies in einer bestimmten Reihenfolge geschieht, fanden Toshitaka N. Suzuki, David Wheatcroft und Michael Griesser heraus. Wird diese in einem Versuch umgekehrt, messen die Vögel sie der Tonreihe nicht zu.
Kohlmeisen waren schon immer für ihr reiches Lautrepertoire bekannt. Sie verfügen unter anderem über einen dreiteiligen Ruf "ABC", der die Vögel vor möglichen Angreifern warnt. Lässt einer von ihnen ihn ertönen, suchen die anderen, das Köpfchen schief hin und her wendend, mit den Augen prüfend die Umgebung ab. Gelegentlich wird er auch eingesetzt, um in ganzen Scharen einen Greifvogel zu mobben. Ein anderer langgezogener einsilbiger Ruf "D" dient dazu, die Artgenossen auf eine Futterquelle aufmerksam zu machen und sie herbeizurufen oder fungiert als eine Art akustischer Kitt einem Pärchen für den Zusammenhalt. Eine Art Lockruf.
Werden nun in einem Experiment erst die Tonfolgen "ABC", dann "D", also "ABC-D" abgespielt, suchen die Tiere ihr Gesichtsfeld ab und sammeln sich dabei um den Rufer. Um sicherzugehen, dass die gefiederten Probanden nicht erst den einen und dann den anderen Ruf interpretierten und in eine Handlung umsetzten, wurde die Reihenfolge umgekehrt. Erst kam der langgezogene Ruf, dann "ABC", den deutsche Vogelkenner gern mit zi-se-bääh lautmalend transkribieren, die Japaner mit chika dee. Die Vögel reagierten sichtlich irritiert und griffen mal auf die eine, mal auf die andere der beiden Handlungsoptionen zurück.
Daraus schließen die Forscher, dass die Kohlmeisen über eine elementare Form der Syntax verfügen und somit über rudimentäre Elemente von Sprache, wie sie auch am Anfang der menschlichen Sprachentwicklung gestanden hat.