Risiko Waldorfpädagogik: Steiner-Esoterik statt Reformschule

Erziehung auf Basis eines Geistersehers

goetheanum.jpg

Das zweite Goetheanum in Dornach (1928 bis heute), Südansicht
Das zweite Goetheanum in Dornach (1928 bis heute), Südansicht

Am 7. September 1919 wurde in Stuttgart die erste Waldorfschule gegründet. Genau 100 Jahre später, vom 7. bis 10. September 2019, wird das in der Stuttgarter Liederhalle mit einer Veranstaltung in Form einer großangelegten Selbstbespiegelung ins Gedächtnis der Öffentlichkeit gerufen.

In diesem Artikel soll der Frage nachgegangen werden, ob das positive Image einer kuscheligen und "ganzheitlichen" Alternativschule zutreffend ist und ob nicht doch Anspruch und Realität erheblich auseinanderklaffen. Dabei ist vor allem zu erörtern, in welchem Grad die "okkulte Geheimwissenschaft", als die Rudolf Steiner (1861–1925) seine esoterische Weltanschauung selbst immer wieder bezeichnete, heute noch die pädagogische Praxis der Waldorfschulen beeinflusst und welche zweifelhaften Folgen sie für SchülerInnen haben kann.

Kennen Sie eine Schule, in der die ersten 8 Jahre dieselbe Klassenlehrerin bzw. derselbe Klassenlehrer die Klasse wie eine "Schicksalsgemeinschaft" führen soll, in der in Fremdsprachen und Deutsch bis zum 12. Lebensjahr weder Vokabeln noch Grammatik zu lernen sind, weil sie Gedärmkrankheiten nach sich ziehen könnten?

Kennen Sie eine Schule, in der Ihr Kind leichter an Masern kommt, weil dort Schüler bis zu über 40 Prozent nicht dagegen geimpft sind; in der trotz Erziehungsmaxime der "Ganzheitlichkeit" kein Sexualkunde-Unterricht stattfindet; in der es keine Schulbücher, dafür aber viele zeitraubende Tafelabschriebe gibt; in der viel gesungen, musiziert, gemalt und gehandwerkelt, aber kaum systematisch gelernt wird; in der es wegen hoher Schulgeldzahlungen (durchschnittlich über 2.000 Euro pro Jahr) kaum Ausländerkinder gibt; in der, ausschlaggebend für die Sitzordnung, die Schüler nach der uralten Lehre von den vier Temperamenten (Sanguiniker, Melancholiker, Choleriker, Phlegmatiker) eingeteilt werden?

Kennen Sie eine Schule, in der in Klasse 8 das ganze Schuljahr über fast nichts gelernt wird, weil die ganze Klasse für eine Theateraufführung am Schuljahresende probt; in der die Klassenstärke meist auf die 40 SchülerInnen zugeht; in der die Lehrer und Lehrerinnen kein abgeschlossenes Hochschul-Studium nachweisen müssen; wo permanent und subkutan-indirekt eine einseitig esoterisch ausgerichtete Weltanschauung auf der Basis okkulten Wissens vermittelt wird; in der die Schüler, um einen Abschluss bzw. das Abitur hinzubekommen, ab Klasse 10/11 jede Menge Nachhilfeunterricht brauchen.

Kennen Sie eine Schule, in der nicht selten Strafen für unbotmäßige Schüler inhumaner ausfallen als in Regelschulen (s. S.-C. Jacob/D. Drewes: Aus der Waldorfschule geplaudert); in der Sie unerwartete Hausbesuch durch Lehrkräfte erleben können; in der ganz spezielle pädagogische Konzepte durch keine Instanz von außen geregelt werden; in der die pädagogischen Zielvorstellungen auch heute noch zurückgehen auf einen 1925 verstorbenen "Seher" okkulten Geheimwissens, den der Spiegel "einen der großen Irren der deutschen Kulturgeschichte" nannte?

Es gibt diese Schule! Zum jetzigen Zeitpunkt fast 250 Mal allein in Deutschland. Weltweit über 1100. In Deutschland hat sich ihre Zahl in den letzten 30 Jahren verdoppelt!

Die Waldorfschulen breiten sich also aus wie eine Epidemie, auch dank großzügiger Finanzspritzen und Hofierung seitens der Politik (nicht zuletzt der Grünen in Baden-Württemberg zum Beispiel) Außerdem gibt es eine ganze Reihe vermögender Großspender, oft aus der Industrie.

Und es gab diesen "Seher" wirklich! Sein Name: Rudolf Steiner. Ein gescheiterter Philosoph und selbsternannter, rassistisch aufgelegter Welterklärer, der Mensch und Kosmos in Einklang bringen wollte und auch ganz genau das Rezept dazu wusste; der zum Beispiel ganz im Ernst behauptete, man könne Maschinen durch Anmeditieren zum Laufen bringen; der prophezeite, dass die Vermehrung des Menschen eines Tages über den Kehlkopf, über das "Ansprechen" anderer Menschen möglich werde. Anmerkung: Pille etc. wird nicht mehr gebraucht. Sprechverbot genügt! Die Reihe abstrus-aberwitziger Geist-Blitze aus Steiners Gehirn ließe sich schier unendlich fortsetzen.

Sie glauben das alles nicht? Dann lesen Sie mal in seinen 89.000 Seiten (360 Bänden Steiner-Edition) selbst nach. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte nicht die Anthroposophen-Gemeinde, die in Deutschland, insbesondere in Stuttgart, allgegenwärtig und lernresistent ist, sondern lesen Sie kritische Bücher! Zum Beispiel das von André Sebastiani: Anthroposophie. Eine kurze Kritik. (Alibri-Verlag 2019). Mit 170 Seiten tatsächlich kurz.

Oder lesen Sie nach beim Erziehungswissenschaftler Helmut Prange (Erziehung zur Anthroposophie. Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik). Sein Fazit: "Seit 1919 steht mit der Waldorfschule eine Vorschule der Geheimschulung bereit, in der Schüler sich von der 'geliebten Autorität' leiten lassen, erfüllt von 'devotionellen Gefühlen', ohne die es kein Weiterkommen auf der Geisterbahn des Geheimwissens gibt."

Spätestens seit der ersten PISA-Studie (Programms for International Student Assessment) von 2000 konnten die Waldorfschulen ihren Ruf als schulisches Alternativangebot festigen. Wobei hervorzuheben ist, dass diese an der Studie nicht teilgenommen hatten. Damals landete Deutschland bei 32 teilnehmenden Nationen auf Platz 21.

In der Studie wurden 15-jährige Schüler getestet – in der Regel also Schüler der 10. Klassen. Bekanntlich wird in Waldorfschulen erst in der Oberstufe einigermaßen systematisch gelernt. Eltern stellen in Klasse 11 und 12, wenn es auf einen Schulabschluss zugeht, oft entsetzt fest: "Da ist ja nichts da!" Man darf also annehmen, dass das Ergebnis der Studie mit den Waldorfschulen für Deutschland noch schlechter ausgefallen wäre.

Fakt ist aber auch, dass die allgemeine Wahrnehmung der Waldorfpädagogik derzeit von jahrzehntelang unwidersprochener Einflussnahme interessierter Kreise geprägt ist. Das gilt insbesondere für die Politik. Ministerpräsident Kretschmann und Stuttgarts OB Kuhn werden auf der Jubelveranstaltung der Anthroposophen in der Stuttgarter Liederhalle am 7.9. Grußworte sprechen. Beide gehören den Grünen an, einer Partei, bei der der Verdacht nicht unbegründet ist, dass sie allein schon wegen der durch Steiner begründeten biodynamischen Landwirtschaft beim Thema Waldorfpädagogik nicht so genau hinschauen. Durch das Auftreten ranghoher Politiker aber wird das einseitig positive und unangemessen wohlwollende öffentliche Ansehen aufrechterhalten.

Die von Rudolf Steiner so benannte Anthroposophie gibt noch immer den Nährboden ab für das pädagogische Leitbild in den Waldorfschulen. Anthroposophen verschleiern es mit "Fundierung". Anthroposophie wurde von Steiner als Wissenschaft propagiert, erfüllt aber nicht mal die Kriterien einer Theorie.

Auf der Internetseite (Stand v. 12.5.19) der Stuttgarter Waldorfschule am Kräherwald heißt es zur Frage: Wer war Rudolf Steiner, und was hat er mit der Waldorfpädagogik zu tun?:

"Emil Molt, Direktor der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, (Anm. des Verfassers: ebenfalls langjähriges Mitglied sowohl der Theosophischen wie auch der Anthroposophischen Gesellschaft) gründete mit ihm zusammen die erste Waldorfschule. Inhalt und Methode der Waldorfpädagogik beruhen auf Rudolf Steiners Erkenntnissen über die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen."

Steiner war der "Spiritus Rector" dieser ersten Waldorfschule in Stuttgart.

Sinngemäß gleichlautende Antworten bekommt man auf allen einschlägigen Internetseiten und in allen Waldorf-Broschüren zu lesen. Dies also vorweg für alle, die behaupten wollen, die Waldorfpädagogik habe sich längst von Steiner entfernt.

Wer war Rudolf Steiner?

"(…) die restliche Welt witterte in ihm einen Spinner, einen Profiteur des Zeitgeistes der vorvorigen Jahrhundertwende, dessen antimoderne Auffassungen wie unentsorgter Sperrmüll auf den Straßen der modernen Lebenswelt liegen geblieben waren und ein paar rückwärtsgewandte Liebhaber fanden. Ohne seinen großen Erfolgsartikel, die inzwischen weltweit agierende Waldorfschule, hätte man Rudolf Steiner schon lange in die Ecke zu den zahlreichen anderen inzwischen halbwegs vergessenen Propheten der Lebensreformbewegung gestellt. Er wäre einer von vielen schwarzberockten Idealisten mit Zylinder und Kneifer, die sich in der ersten großen deutschen Alternativbewegung am Beginn der Industrialisierung vergeblich vor den Schnellzug der Geschichte warfen." (Iris Radisch, Die Zeit Nr. 8/2011)

Ohne die Existenz der weltweit "erfolgreichsten" Reformschule wäre ein esoterisch-religiöser Phantast und selbsternannter Welt-und Menschheitserlöser wie Rudolf Steiner keinesfalls der Rede wert. Gestandenen Anthroposophen ist es heute noch ein Rätsel, warum ihr "Geist von epochaler Dimension" in der Geschichte der Philosophie keine Rolle spielt. Steiners "Offenbarungsquelle", die Akasha-Chronik (in seiner Schrift von 1908 der profanen Welt mitgeteilt), die außer ihm niemand geschaut (!) hat, gilt vielen von ihnen immer noch als sakrosankt.

Rudolf Steiner um 1905
Rudolf Steiner um 1905

Wo auch immer man in Steiners weit gespanntes und überheblich-geschwätziges Opus hineinsticht, es ist eine geistige Zumutung, eine intellektuelle Quälerei! Es wimmelt von real existierenden Engeln, Tiermenschen, Dämonen, Elfen, Elementarwesen, Mondbrüllern, Äther- und Astral-Welten, Kobolden, Reinkarnation und Karma. Der wichtigste Geist ist "der Christus", der in der Sonne residierte und sich im "Mysterium von Golgatha" mit dem menschlichen Ich verband. Anthroposophie will deshalb "christliche" Wissenschaft sein.

"Seine 'philosophischen' Schriften arbeiten mit unklaren Begriffen, sind logisch inkonsistent und fallen weit hinter die Errungenschaften der Aufklärung zurück. (…) Das führt im Ergebnis dazu, dass man alles und nichts aus diesen Werken herauslesen kann." (Sebastiani: Anthroposophie, S. 33)

Unsere Welt sei die vierte von insgesamt sieben auf ihrem metaphysischen Evolutionsweg von Saturn über Jupiter, Mond, Erde, Venus zu Vulkanus, auf denen sich die Menschen von Mineralien zu einem neuen Engelreich entwickeln. "In dieser Geschichtserzählung kann Steiner das Entstehen und Aussterben von 'Rassen', legendäre Kontinente wie Atlantis sowie seine eigene Version verschiedener Mythologien unterbringen." (Sebastiani, MIZ 4/18, S. 4)

Der Sinn des Lebens besteht nach Steiner in der Aneignung engelhafter Tugenden, in der Seelenvervollkommnung, in der Durchgeistigung alles niederen Sinnlichen, in der Vereinigung von Gott und Materie.

Der anthroposophische "Erkenntnisweg" müsse den Weg zur Re-Spiritualisierung der Evolution einleiten nach dem Beginn des "Zeitalters des Materialismus und der Technik". Die Vorstellungen von planetarischer und rassischer Evolution hatte Steiner bei der europäischen Urmutter aller Esoterik, der Theosophin Helena Blavatsky (1831–1891) abgegriffen. Er hatte so einiges einfach nur abgeschrieben, präsentierte es aber ohne Zitatnachweis als Ergebnis des eigenen Schauens. "Vorher Gelesenes wusste ich beim eigenen forschenden Schauen durch die Bewusstseinsverfassung, die ich eben geschildert habe, auszuschalten." (Steiner, Die Geheimwissenschaft im Umriss)

Auch zuvor schon hatte Steiner Bücher und Aufsätze über Philosophen und Intellektuelle geschrieben und immer betont, dass er deren Erkenntnisse bereits besessen habe, bevor er ihre Schriften kannte. Steiner also ein Plagiator wider Willen? Eigentlich plappert er nur den Geist seiner Zeit nach und hält sich zugleich für revolutionär und neuartig. Er gab sich in seinen Schriften immer "geisteswissenschaftlich", offen und tolerant, ohne den Anspruch der eigenen Mission gegen den Zeitgeist aufzugeben.

Und wer Steiners theosophisch-anthroposophische Evolutionsmetaphysik partout nicht verstehen kann oder will, ist halt noch nicht reif für ihn, meinen seine Verehrer. Dem fehlen eben entscheidende geistige Entwicklungsschritte, oder er ist böswillig und unwissenschaftlich. "Verstehen kann Steiner nur, wer an ihn glaubt", sagt Heiner Ullrich, der auch eine Biografie über ihn geschrieben hat.

"Die Theosophie trat an, eine weltumspannende 'Bruderschaft' zu bilden. Obwohl Steiner diesen Universalismus auf eine christlich-weiße und deutschnationale Perspektive reduzierte, hat die Anthroposophie diesen theosophischen Geist bis heute präpariert und für ökologisch-alternative Zeitgenossen transformiert." (Sebastiani, MIZ, S.6)

Auf den Ersten Weltkrieg reagierte Steiner mit einer umfassenden Verschwörungstheorie. Hinter der westlichen Welt versteckten sich böse Geister und hintertrieben die Mission "Mitteleuropa". Von der Verschwörungsideologie ist es nicht weit zum Antisemitismus. Und so konnten sich viele Anthroposophen mit dem Nationalsozialismus anfreunden. Auch der Zweite Weltkrieg ließ sich als Verschwörung dunkler Mächte gegen das deutsche Geistesleben interpretieren.

"Heutzutage können einige Anthroposophen auf der Basis derselben Theoreme mit der neueren Verschwörungs-Szene um Ken Jebsen und Daniele Ganser (beide Waldorfschüler) fusionieren. Dieses anthroposophische Submilieu bereitet sich derzeit auf die drohende Inkarnation des Dämons Ahriman vor." (Sebastiani, MIZ, S. 7)

Die Anthroposophen kommen daher mit dem selbstherrlich-utopischen Anspruch, mindestens die gesamte Menschheit zu erlösen, sie zu ihrer Selbstvergöttlichung auf den (politisch) rechten Weg zu bringen. "Learn to change the world" lautet das reichlich unbescheidene Motto auf all den zahlreichen Internetseiten der Steiner/Waldorf-Anhänger. Es gibt sogar ein Anthro-Wiki.

Nach Steiner ist die Anthroposophie eine "Geisteswissenschaft", verstanden als wissenschaftliche "Ergänzung zu den Naturwissenschaften". Sie will dem materiellen Wissen "die unsichtbaren geistigen Aspekte hinzufügen" (Anthroposophische Gesellschaft Frankfurt).

Steiner selbst definierte Anthroposophie und Geisteswissenschaft, wie folgt:

"Während nun dasjenige, was der Mensch durch seine Sinne und durch den an die Sinnesbeobachtung sich haltenden Verstand über die Welt wissen kann, 'Anthropologie' genannt werden kann, so soll dasjenige, was der innere Mensch, der Geistesmensch wissen kann, 'Anthroposophie' genannt werden. Anthroposophie ist also Wissen des Geistesmenschen; und es erstreckt sich dieses Wissen nicht bloß über den Menschen, sondern es ist ein Wissen von allem, was in der geistigen Welt der Geistesmensch so wahrnehmen kann, wie der Sinnesmensch in der Welt das Sinnliche wahrnimmt. Weil dieser andere Mensch, dieser innere Mensch, der Geistesmensch ist, so kann man dasjenige, was er als Wissen erlangt, auch 'Geisteswissenschaft' nennen. Und der Name 'Geisteswissenschaft' ist noch weniger neu als der Name Anthroposophie."

Neben der gewöhnlichen, der trivialen Erkenntnis gibt es den Steinerschen Erkenntnisweg: Die Imagination: geistiges Schauen, Ätherkräfte werden anschaulich, die Inspiration: geistiges Hören und Lesen der verborgenen Schrift und die Intuition: Eindringen in die geistigen Wesen selbst.

Unsereins sagt dazu: Erkenntnis wird beliebig und rein subjektiv. Doch das wollen die Waldorf-Fans nicht wahrhaben, denn Steiner wird noch immer als "prophetischer Seher", wenn nicht gar als fünfter Evangelist gehandelt, denn er habe im Buch der Weltenschöpfung lesen können. Seine als sakrosankt erklärten Schriften werden allenfalls in weitschweifigen Interpretationen mittels der hohen Kunst der Umdeutungsexegese für die unqualifizierte Außenwelt, die dem Zeitgeist hörig ist, moderat angepasst. Irgendwoher kennt man uns diese Methode doch, oder?

"Was ich die Sünde gegen den heiligen Geist genannt habe – die Anmaßung des dreiviertel Gebildeten –, das ist das Phrasendreschen, das Vorgeben einer Weisheit, die wir nicht besitzen. Das Kochrezept ist: Tautologien und Trivialitäten gewürzt mit paradoxem Unsinn. Ein anderes Kochrezept ist: Schreibe schwer verständlichen Schwulst und füge von Zeit zu Zeit Trivialitäten hinzu. Das schmeckt dem Leser, der geschmeichelt ist, in einem so 'tiefen' Buch Gedanken zu finden, die er selbst schon mal gedacht hat." (Karl Popper)

Kurt Tucholsky schrieb, nachdem er in Paris einen Vortrag von Steiner gehört hatte: "Je größer der Begriff, desto kleiner bekanntlich sein Inhalt – und er hantierte mit Riesenbegriffen."

Der Schriftsteller und Übersetzer Harry Rowohlt meinte, nachdem er sich einige Kapitel von Steiners Schriften zugemutet hatte: "Töne wie aus einer undichten Gummizelle."

"Bei Steiner erstarrt alles in dogmatischer und pantheistischer Ontologie. Sein 'Beobachtungsresultat', wie er es nennt, ist in Wahrheit seine unabweisbare metaphysische Voraussetzung, seine Glaubensgewissheit." (Helmut Zander)

Krankheiten muss man bei Steiner einfach durchmachen, so auch die Masern: Ein Mensch hat in seinem letzten Leben zu viel "gegrübelt", was zu einer "Schwäche der Seele" führt. Die Masern sind die "physisch-karmische Wirkung" dieses Fehlverhaltens im letzten Leben. Die Masern macht man durch, "um organische Selbsterziehung zu üben", "die Krankheit kann in einen geistigen Prozeß zurückverwandelt werden."

Es ist ein Leichtes, sich über Steiners lachhaft-abstruse Geisteshuberei lustig zu machen. Das prallt an den gefestigten Mauern der anthroposophischen Institutionen einfach ab. Kritik an der Anthroposophie führt deshalb direkt zu einer grundsätzlichen Gesellschaftskritik, zur Frage nämlich, wieso immer noch oder wieder so viele Menschen esoterische Heilslehren für ihr Ich-Bewusstsein "brauchen"?