Der Anteil der Katholiken und Protestanten in der deutschen Bevölkerung ist 2015 auf 28,9 beziehungsweise 27,1 Prozent gesunken. 36 Prozent der Bevölkerung gehörten keiner Religionsgemeinschaft an. Der Anteil der konfessionsgebundenen Muslime lag bei 4,4 Prozent. Die Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften (u. a. Orthodoxe Kirchen, Freikirchen, Juden, Hindus und Buddhisten) stellten rund 3,6 Prozent der Bevölkerung. Dies geht aus einer aktualisierten Hochrechnung hervor, die die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) auf ihrer Website veröffentlicht hat.
In den letzten vier Jahrzehnten haben die beiden christlichen Großkirchen empfindliche Mitgliederverluste hinnehmen müssen: 1970 waren (in der damaligen Bundesrepublik) 92,3 Prozent der Bevölkerung Protestanten (47,7 Prozent) oder Katholiken (44,6 Prozent). 1987 hatte sich der Anteil der Kirchenmitglieder auf 84,5 Prozent reduziert, wobei die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mit 41,6 Prozent sehr viel stärkere Verluste verkraften musste als die römisch-katholische Kirche, deren Mitglieder damals 42,9 Prozent der Bevölkerung stellten. Mit der deutschen Einheit verringerten sich die Anteile der beiden Amtskirchen weiter, da die Bürgerinnen und Bürger in den "neuen Ländern" mehrheitlich konfessionsfrei waren. Dennoch gehörten 1990 noch über 72 Prozent der Bevölkerung der römisch-katholischen oder evangelischen Kirche an. Seither ist der Anteil der Katholiken und Protestanten noch einmal beträchtlich gesunken. Im Jahr 2015 waren nur noch 56 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen in einer der beiden Großkirchen organisiert, nämlich 28,9 Prozent in der römisch-katholischen und 27,1 Prozent in der evangelischen Kirche (EKD).
Die Forschungsgruppe Weltanschauung in Deutschland (fowid) wurde 2005 von der Giordano-Bruno-Stiftung ins Leben gerufen. Unter der Leitung des Politologen und Sozialforschers Carsten Frerk stellt sie der Öffentlichkeit sozialwissenschaftliche Daten und Fakten zur Verfügung, um dem "Zeitalter des postfaktischen Argumentierens" entgegenzuwirken. Vor einigen Wochen wurde die fowid-Website komplett überarbeitet.
Halten die gegenwärtigen Trends an, dürfte bereits in etwa zehn Jahren die 50-Prozent-Marke unterschritten sein, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung keiner der beiden Großkirchen mehr angehören. Ansteigen werden hierdurch die Bevölkerungsanteile der anderen "Weltanschauungsgruppen", vor allem der Konfessionsfreien, die schon 2015 mit 36 Prozent die größte Gruppe in Deutschland stellten, sowie die konfessionsgebundenen Muslime, deren Bevölkerungsanteil 2015 nach fowid-Berechnungen bei 4,4 Prozent lag. Zuwächse wird es wohl auch bei den Mitgliedern anderer Religionsgemeinschaften (u. a. Orthodoxe Kirchen, Freikirchen, Juden, Hindus und Buddhisten) geben, die 2015 auf einen Bevölkerungsanteil von 3,6 Prozent kamen.
Lesen Sie hier die vollständige fowid-Meldung, die u.a. auf die Problematik der Zuweisung von "Religionszugehörigkeiten" eingeht und erklärt, warum man zwischen "konfessionsgebundenen Muslimen" und "Kulturmuslimen" unterscheiden sollte.
5 Kommentare
Kommentare
David am Permanenter Link
gegen Terror hilft prima Aufklärung und Konfessionsfreiheit. vor Atheisten haben Terroristen am meisten Angst, weil sie könnten ja ihren glauben verlieren
Heide am Permanenter Link
Interessant wäre auch eine altersbezogene Aufschlüsselung.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Und wie sind 2016 die Zahlen? Die Bankenumstellung hat uns Kirchenaustritte gebracht. Aber nun wirkt die Kirchen-PR wieder. In Klassik-Radio z.B.
Bachkantaten und Kirchen-O-Ton. Wir Menschen werden derart belästigt, dass man echt Angst bekommt, dass die "Eingewöhnung" in den Kirchen-Sprech und gerade um Weihnachten in alte Liedtexte, die einfach romantisch-schön klingen, aber von der Botschaft her unerträglich sind, wieder
von den Bürgern als unausweichlich empfunden wird - wie in den Supermärkten, wo man sich auch kaum entziehen kann.
Seien wir also was die Zahlen der Kirchenaustritte betrifft nicht allzu optimistisch. Die Kirchen sind der größte Arbeitgeber nach dem Staat. Und wer einen Job braucht, macht sein Kreuz bei Kirchenmitgliedschaft und anschließend den Mund nicht mehr auf. Die Kirchen haben auf allen PR-Kanälen alle Macht. Und in der BRD haben sie längst mobil gemacht. Die verfolgen die Zahlenentwicklung auch - und die tun etwas , dagegenmit missionarischem Eifer. Die Konfessionsfreien sind einfach zu lasch und informieren sich zu wenig und streiten zu viel und zerlegen sich selbst - wie es typisch ist für Linke. Wir sollten uns um den Einsatz für unser Recht auf Freiheit von Religion bemühen. Sonst hören unsere Kinder und Kindeskinder das Gedudel um Weihnachten und nichts Alternatives - und lassen sich davon einlullen. Weihnachten als säkulares Fest, als altes Kulturfest rund um den dunklen, kalten Mittwinter - das sollten wir weitertragen. Nichts gegen die kulturell implementierten Bräuche: Weihnachtsbaum, Kerzen, Braten. Feiern ist immer schön, aber bitte mit klarem Kopf und säkularer, menschenrechtlicher Botschaft. Wer soll dafür kämpfen - wenn nicht wir? Karin Resnikschek
Hans Trutnau am Permanenter Link
Eine außerordentlich erfreuliche Entwicklung - fast ein Selbstläufer in den letzten Jahren.
Eine gute Nachricht zum Wintersonnenwendfest.
Sim am Permanenter Link
Das klingt vielleicht ein bisschen komisch, aber ich kann mich gar nicht satt sehen an dieser Grafik :)
Das wachsen des Anteils der Konfessionsfreien ist genau der Fingerzeig in die richtige Richtung und macht Mut für die Zukunft. Der Säkularismus soll weiter prächtig wachsen und gedeihen.