Die Whistleblowerin Chelsea Manning ist am 17. Mai 2017 aus der Haft des US-Militärgefängnisses Fort Leavenworth im US-Bundesstaat Kansas, auf Erlass der Begnadigung durch den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, freigelassen worden.
Über sieben Jahre saß die ehemalige US-Armeeangehörige und IT-Computer-Spezialistin im Gefängnis. Grund für die Haftstrafe war, dass Chelsea Manning (damals noch Bradley Manning) Hunderttausende sensible, militärische und diplomatische Informationen geleakt und Wikileaks zugespielt hatte.
Der damalige US-Präsident Obama begnadete Chelsea Manning an seinem letzten Amtstag im Januar 2017. Die 29-jährige US-Soldatin war zu 35 Jahren Haft verurteilt worden und wäre erst 2045 entlassen worden. Der Antrag auf Begnadigung oder Haftzeitverkürzung wurde durch die Rechtsanwälte von Manning im vergangenen Jahr an den US-Präsidenten und das Verteidigungsministerium gestellt, um nach mehreren Selbstmordversuchen das Leben von Chelsea Manning zu retten.
In der Erklärung auf Begnadigung durch ihre Anwälte wurde erklärt, dass Frau Manning die "volle und uneingeschränkte Verantwortung" für ihre Handlungen übernimmt und sie diese inzwischen als Fehler beurteilt.
Manning beschrieb in einem ausführlichen Brief ihr schwieriges Leben, einschließlich der Turbulenzen, mit denen sie zum Zeitpunkt ihrer Handlungen konfrontiert wurde. Hinzu kam, dass sie während ihres Militäreinsatzes im Irak versuchte, ihre Geschlechtsdysphonie in den Griff zu bekommen. Allerdings kam es wegen der Untersuchungszeit und der Behandlungen im Gefängnis zu mehreren Selbstmordversuchen.
"Ich schreibe nicht um Gnade für meine Handlungen" zu erreichen, schrieb sie. "Ich verstehe, dass die verschiedenen Verurteilungen für immer auf mich lasten werden. Die alleinige Entlastung, um die ich bitte, ist, nach sechs Jahren aus diesem Militärgefängnis entlassen zu werden." Sie habe nicht die Absicht, die Interessen der Vereinigten Staaten zu verletzen oder deren Mitarbeitern irgendeinen Schaden zu zufügen.
Im Jahr 2013 wurde die US-Soldatin Manning zu einer Gefängnisstrafe von 35 Jahren zu äußerst harten Haftbedingungen verurteilt. Die Verurteilung erfolgte in insgesamt 19 Punkten, darunter "Spionage" und "Unterstützung des Feindes".
Neben 250.000 diplomatischen Telegrammen und 500.000 Armee-Reporten, den so genannten “Iraq war logs” sowie den “Afghan war logs”, sorgten vor allem von Manning geleakte Videoaufnahmen weltweit für Aufsehen. In den Dokumenten finden sich allein 303 Fälle von Folter durch ausländische Einheiten im Irak im Jahre 2010.
Unter dem Titel "Collateral Murder" veröffentliche die Internetplattform WikiLeaks schließlich die von Manning zugespielten Video-Aufzeichnungen, welche die Erschießung von irakischen Zivilisten und Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters durch die US-Armee zeigen. In den Aufnahmen ist zu hören, wie die Piloten des angreifenden US-Kampfhubschraubers die Erschießung kommentierten. Die Aufnahmen sorgten weltweit für große Empörung.
Chelsea Manning begründete damals ihren Schritt mit der Weitergabe dieser geheimen Informationen damit, dass sie diese Daten nach wie vor für einige der wichtigsten Dokumente unserer Zeit seien, worüber die Öffentlichkeit informiert werden müsse. Sie glaubte, dies würde nicht ein Schaden darstellen, sondern peinlich für die amerikanische Öffentlichkeit sein und eine allgemeine Debatte über das US-Militär und unsere Außenpolitik im Irak und in Afghanistan führen, wenn sie diese Dokumente lesen könnten.
"Es wäre damit eine Chance für unsere Gesellschaft gegeben, sich Rechenschaft über diese Form des Gegen-Terrorismus abzulegen, in dem wir die menschliche Seite der Bewohner in diesen Ländern Tag für Tag missachten" fügte Chelsea Manning hinzu.
Im Mai 2010 wurde sie unter dem Verdacht verhaftet, diese Videos und Dokumente kopiert und der Webseite WikiLeaks zugespielt zu haben. Zunächst wurde sie im Camp Arifjan in Kuweit festgehalten und dann Ende Juli 2010 in ein Militärgefängnis nach Quantico verlegt. Dort war sie unter sehr scharfen Haftbedingungen in Isolationshaft. Sie musste sich 23 Stunden am Tag in ihrer Zelle aufhalten und hatte auch in der restlichen Stunde keinen Zugang zu Nachrichten und aktuellen Informationen. Bettlaken oder ein Kissen wurden ihr verwehrt. Die Bedingungen entsprachen denen eines Gefängnisses mit Isolationshaft, die zu psychischen, kognitiven und körperlichen Schäden führen können.
Im März 2011 wurde über ihren Verteidiger bekannt, dass Manning ohne Erklärung ihre Kleidung abgenommen und sie gezwungen worden sei, nachts sieben Stunden lang nackt in ihrer Zelle auszuharren. Ein Sprecher des Gefängnispersonals bestätigte ihre Haftbedingungen. Eine schriftliche Beschwerde Mannings selbst über ihre Haftbedingungen wurde sechs Monate später abgelehnt. Im April 2011 teilte das amerikanische Verteidigungsministerium mit, Manning in Hinblick auf einen kommenden Prozess auf ihren Geisteszustand untersuchen zu lassen, und verlegte sie in ein Militärgefängnis in Fort Leavenworth in Kansas. Dort verbesserten sich ihre Haftbedingungen, sie durfte Besuch empfangen und Kontakt zu anderen Gefangenen haben. Im April 2011 veröffentlichten zwei renommierten Juristen der Yale Law School einen weiteren offenen Brief an den US-Präsidenten. In diesem Brief bezeichneten sie Mannings Haftbedingungen als erniedrigend, unmenschlich, illegal und unmoralisch.
Am 17. Mai 2017 kam der Tag der Freiheit für Chelsea Manning und sie wurde aus der Haft entlassen; sie lebt jetzt bei ihrer Familie. Ihre ersten Schritte auf ihrem Foto zeigen, dass sie jetzt frei bewegen kann. Sie wird von der Öffentlichkeit und Presse beschützt. Weltweit freuten und bedankten sich die Unterstützer von Chelsea Manning.
1 Kommentar
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Folter und Erschießungen waren der Fehler, nicht deren Veröffentlichung.