Interview mit dem KORSO-Vorsitzenden Helmut Fink zu den Wahlprüfsteinen

Eine gute Orientierungsgrundlage

Der Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) hat vor einigen Wochen Wahlprüfsteine an die Parteien verschickt. Inzwischen sind die Antworten eingetroffen. Im Gespräch mit dem hpd erläutert der KORSO-Vorsitzende Helmut Fink das Ergebnis.

hpd: Der KORSO hat (wie berichtet) ausführliche Antworten von den befragten Parteien bekommen. Wen soll man denn jetzt bei der Bundestagswahl als Säkularer wählen?

Helmut Fink: Säkulare halten sich ja üblicherweise für Selbstdenker, daher kann ich hier auf eine explizite Wahlempfehlung verzichten... aber im Ernst: Der KORSO wollte mit dieser Aktion die Parteien auf einige zentrale säkulare Anliegen aufmerksam machen und die Positionen der Parteien sammeln und im Vergleich darstellen. Was die Wahlberechtigten dann damit anfangen, müssen sie schon selber wissen. Oft fließen ja noch ganz andere Vorlieben und Interessen in die eigene Wahlentscheidung ein, als bloß die säkulare Weltanschauungspolitik.

Bist du mit dem Antwortverhalten der Parteien insgesamt zufrieden?

Zunächst einmal freue ich mich, dass fast alle angefragten Parteien geantwortet haben. Erfreulich für die Meinungsbildung in der offenen Gesellschaft finde ich auch, dass die Antworten ehrlich klingen. Parteien, die mit den säkularen Forderungen nichts anfangen können, lassen das zum Teil recht deutlich erkennen. Soweit ich sehe, wird da nicht nach dem Munde geredet und jedem alles versprochen. Nur die AfD hat darauf verzichtet, diese Gelegenheit zur Bürgernähe zu nutzen. Ja, ich bin insgesamt zufrieden.

Es wurden ja nicht nur die voraussichtlich im nächsten Bundestag vertretenen, sondern auch einige ganz kleine Parteien vom KORSO befragt. Was war denn das Kriterium dafür?

Ein richtig hartes Kriterium gab es nicht, bloß die Absicht, nicht immer nur die selben fünf oder sechs Parteien zu fragen. Alle über vierzig Parteien anzuschreiben erschien uns aber zu aufwendig und zu unübersichtlich in der Darstellung. Daher wurde es ein Kompromiss: Die größeren unter den kleinen und solche, bei denen vielleicht ein besonderes Interesse von Teilen der säkularen Szene vermutet werden konnte, waren dabei. Eine solche Abgrenzung ist natürlich immer angreifbar, weil sie ein Stück weit willkürlich ist.

Im Nachhinein finde ich es schade, dass die Transhumane Partei zwar ausführliche Antworten geschickt, aber keine Kandidaten aufgestellt hat und daher nicht wählbar ist. Und möglicherweise habe ich die Beliebtheit der Partei "Die Partei" unterschätzt...

Haben alle im wesentlichen geantwortet wie erwartet oder gab es auch Überraschungen? Was ist dir bei den Antworten besonders aufgefallen?

Die Grundrichtung der Parteien ist meist nicht überraschend, die eine oder andere Zuspitzung aber schon. So meint etwa die DKP, der Staat sei nicht die Heimstatt aller Bürger. Das finde ich dann schon schwierig. Und auf der anderen Seite kann die ÖDP nicht erkennen, dass der Bezug auf "Gott" (in Verfassungen und Schulgesetzen) eine Abwertung von atheistischen Auffassungen beinhalten könnte. Das finde ich aber eigentlich ganz leicht zu erkennen.

Bei den größeren Parteien wurde ich am ehesten von der SPD überrascht. Ich hatte beim Staat-Kirche-Verhältnis erwartet, dass die Partei aufgrund unterschiedlicher Flügel vielleicht nicht so genau weiß, was sie will. Da hatte ich mich allerdings getäuscht, sie weiß es sehr genau: Sie bejaht nämlich das kooperative Verhältnis zwischen Staat und Kirchen und Religionsgemeinschaften ausdrücklich, erwähnt Humanisten dabei gar nicht und erklärt das "deutsche Modell der fördernden Neutralität des Staates in Bezug auf Kirchen und Religionsgemeinschaften" sogar zum "wegweisenden Modell für unsere Zukunft". Ob sich wohl alle Genossinnen und Genossen darüber freuen werden?!

Haben die Antworten der Parteien über den Wahltag hinaus irgendeine Bedeutung?

Ja, haben sie. Wir wollen im KORSO auch künftig an den ungelösten Fragen der säkularen Interessenvertretung dranbleiben. Für Kontakte in die Politik ist die Selbstauskunft der Parteien auf jeden Fall eine gute Orientierungsgrundlage, egal ob nun in Einzelpunkten Übereinstimmung herrscht oder nicht. Auch die säkularen Verbände sind sich ja bekanntlich nicht in allem einig.

Wir hatten übrigens erst vor ein paar Tagen KORSO-Vorstandssitzung und haben dort beschlossen, in der ersten Jahreshälfte 2018 auf einen parlamentarischen Abend hinzuarbeiten. Wenn sich der neue Bundestag konstituiert hat und die Ämter verteilt sind, dann sollten wenigstens die religions- und weltanschauungspolitischen Sprecher der Fraktionen für säkulare Anliegen ein offenes Ohr haben. Vor allem auf die Vertreter der Regierungsparteien sollten wir ohne parteipolitische Scheuklappen zugehen. Denken wir neu!

Die Fragen stellte Florian Chefai für den hpd.


Der KORSO hat gefragt und die Parteien haben geantwortet – Alle Antworten im Überblick auf der Website des KORSO