Die 10hoch23-Aktion 2018

Homöopathie-Kritiker gaben sich die Überdosis

Klingt ganz schön giftig: Arsen und Schlangengift, Belladonna und Eisenwurz gehören zu den Klassikern der homöopathischen Zauberküche – natürlich in homöopathischer Hochpotenz, als Globuli. Die kann man sich getrost flaschenweise in den Schlund schütten, ohne schlimmere Folgen als bei anderem Zuckerkram.

Genau das tun Aktivisten jedes Jahr um den 23. Oktober, um mit einem Augenzwinkern die Unwirksamkeit der Homöopathie zu demonstrieren. Das Datum ist eine Anspielung auf die Verdünnung von 10^23, bei der sich wahrscheinlich kein einziges Molekül der Ausgangssubstanz mehr in dem Mittel befindet. Oder, wie es der Physiker und Homöopathiekritiker Prof. Martin Lambeck einmal formulierte: "In Belladonna C30 ist kein Belladonna drin."

Für Rainer Roessler, der bei der Aktion in Bremen dabei war, ist das bereits seit der Schulzeit klar. "Ich erinnere mich noch an den Chemieunterricht in der Mittelstufe, wo unser Lehrer anhand der Avogadro-Konstante vorgerechnet hat, dass in homöopathischen Medikamenten kein Wirkstoff mehr enthalten sein kann. Danach war Homöopathie für mich abgehakt. Umso verwunderter war ich, dass mir in den letzten Jahren immer mehr Menschen mit diesem irrationalen Glauben begegnet sind."

Nur 26 Prozent der Bevölkerung werden überhaupt von einer kritischen Berichterstattung über Homöopathie erreicht, so das Ergebnis einer aktuellen Befragung. Kein Wunder, dass viele die Zauberkügelchen fälschlich für zuverlässige, wirksame Medikamente halten. Hier will die 10hoch23-Aktion Aufklärung schaffen. Die federführende Organisation in Deutschland lag 2018 bei der Partei der Humanisten (PdH), verstärkt durch Mitglieder der GWUP und der Giordano-Bruno-Stiftung. Insgesamt beteiligten sich rund 60 Personen in mehreren Städten im ganzen Bundesgebiet.

In der Kieler Fußgängerzone gab sich bereits am 13. Oktober die noch junge örtliche GWUP-Regionalgruppe eine Überdosis Schlangengift, Nitroglycerin und Fingerhut. Warum das ganz ungefährlich ist, erläuterten die Aktiven durch Gespräche mit Passanten. Die zeigten sich interessierter als gedacht, berichtet Mitorganisatorin Theresa Korsch. Ihre Bilanz fällt dementsprechend positiv aus. "Dabei wurde uns erst wirklich klar, wie viele Menschen Homöopathie für eine Form von Naturheilkunde halten. Da konnten wir aufklären, erklären und Fragen beantworten." Auch wenn sich einige hartgesottene Homöopathiefans nicht von ihrer Überzeugung abbringen ließen – Glaube halt.

Andre Veltens vom Vorstand der PdH, der bei der Aktion in Köln mitmachte, betrachtet es als "utopischen Anspruch", die breite Öffentlichkeit allein auf diese Weise zu überzeugen. "Homöopathiebefürwortern das Glaubenssystem Globuli wegnehmen, ohne eine Alternative zu präsentieren, wird nur in seltenen Fällen zu Erfolgen führen", räumt er ein. Wichtige gesundheitspolitische Schritte wären hier eine angemessene Vergütung von pflegerischen und ärztlichen Tätigkeiten, insbesondere von Patientengesprächen.

Weitere Infos: www.10hoch23.de