Kommentar

Moscheen für Integration?

Am Freitag haben das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge auf der Deutschen Islamkonferenz (DIK) das Programm "Moscheen für Integration" – Neues Fördermodell für besseres Miteinander mit Moscheegemeinden" vorgestellt. Es sieht die Vergabe von rund 7 Millionen Euro über 3 Jahre vor, bestehend vorwiegend aus Sachleistungen.

Die Kirchenrepublik Deutschland hat es wieder geschafft: Munter setzt sie Nationalitäten und Religionen gleich, als ob es keine Säkularen bzw. Nichtgläubigen gäbe. Jetzt werden 7 Millionen Euro in ein Programm gesteckt, das zum Ziel "Integration" hat. 50 Organisationen, die ehrenamtlich soziale Arbeit leisten, bekommen vorwiegend Sachmittel im Wert von monatlich über 3.500 Euro, 3 Jahre lang – zum Beispiel für Webseiten oder Broschüren. Um sich besser in die Nachbarschaft zu integrieren. Danach schaut man weiter. Doch es sind nicht irgendwelche Organisationen. Es sind Moscheegemeinden. 

Andere Organisationen, die wichtige soziale Arbeit mit Männern, Frauen und Kindern aus muslimisch geprägten Ländern leisten – und zwar nur das und nichts anderes – tauchen weder auf der DIK auf noch sind sie Bestandteil dieses Programms. Der Säkulare Flüchtlingshilfe e. V. hilft seit seiner Gründung 2016 Menschen, die aufgrund ihres Atheismus bedroht sind. Zahlreiche Initiativen aus der Zivilgesellschaft bemühen sich um ein vorurteilsfreies Miteinander: Frauen bringen Frauen das Radfahren bei; Musiklehrer geben Kindern kostenlos Gitarrenunterricht und sammeln Spenden für Instrumente; Näh- und Kochkurse lassen Verständnis und Aha-Momente auf beiden Seiten entstehen.

Statt derartige Initiativen zu stärken, setzt Deutschland auf Appeasement gegenüber den opaken Moscheen und Cem-Häusern und unterstützt den Zulauf dorthin. Nicht nur, dass Nichtgläubige und auch religiös nicht aktive Menschen aus muslimisch geprägten Ländern hier ignoriert werden, nein, es wird das Integrationshemmnis "Glaube" und die damit einhergehende Segregation auch noch gefördert. Denn seien wir ehrlich: Mag ja sein, dass eine schicke Webseite hilft, in der Nachbarschaft Vorurteile abzubauen. Doch jeder Euro, der in eine Glaubensgemeinde gesteckt wird, dient doch natürlich über kurz oder lang der Missionierung. Vielleicht nimmt sich hier die Ibn-Rushd-Goethe-Reformmoschee aus, die Berliner Gemeinde, die einen liberalen Islam praktiziert. Hoffentlich ist diese Moschee mit im Programm. (Als Sachmittel vielleicht eine schusssichere Weste für Seyran Ateş?) 

An solchen Details der Ausführung wird sich zeigen, was genau die Regierung beabsichtigt. Details wie die Auswahlkriterien der Moscheen, die genauen Bedingungen der Förderungen und die Evaluierung des Programms. Die naive Formel "Moschee + Geld = Integration" kann es jedenfalls nicht sein. Seehofer formuliert, es sei ein Ziel, "das muslimische Leben noch stärker heranzuführen an die Gesamtgesellschaft". Was hat eine säkulare Gesellschaft davon, wenn Gotteshäuser an sie herangeführt werden? Deutschland kriegt es einfach nicht hin, soziale Arbeit getrennt von Glaubensgruppen zu denken. Dabei liegt die Lösung doch nicht zuletzt im Säkularismus.

Putzig-naiv ist auch die Begründung, man wolle den ausländischen Einfluss auf die Gemeinden eindämmen. Wer sich vorher nicht gescheut hat, als langer Arm von Erdoğan oder den arabischen Prinzen hier zu agieren, hat auch mit deutschem Steuergeld kein Problem damit. Das sieht man ja seit Jahrhunderten an der katholischen Kirche.