Auch aus religiösen Gründen ist eine Ausnahme vom Verhüllungsverbot beim Führen eines Kraftfahrzeugs nicht zulässig. Das entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Fall einer Muslima, die eine entsprechende Ausnahmegenehmigung für das Tragen ihres Niqabs am Steuer erwirken wollte.
§ 23 Abs. 4 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) lautet: "Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist." Ausgenommen von dieser Regelung ist lediglich das Tragen von Schutzhelmen, sofern das Tragen eines solchen beim Nutzen bestimmter Kraftfahrzeuge vorgeschrieben ist.
Vom Verhüllungsverbot der Straßenverkehrsordnung wollte eine Muslima bei der Bezirksregierung Düsseldorf eine Ausnahme für ihren Niqab erwirken – ein von einigen muslimischen Frauen getragener Gesichtsschleier, der den gesamten Kopf- und Halsbereich verdeckt und nur einen Sehschlitz für die Augen frei lässt. Die Bezirksregierung lehnte es jedoch ab, der Frau das Tragen eines Niqabs beim Führen eines Kraftfahrzeugs zu erlauben, und der Fall landete vor Gericht.
Am vergangenen Donnerstag gab nun die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in einem Eilverfahren der Bezirksregierung recht. Die Religionsfreiheit gebietet es nach Auffassung des Gerichts nicht, einer Muslima, die einen Niqab trägt, eine Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot beim Führen von Kraftfahrzeugen zu erteilen.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Gericht aus: "Die Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibe vor, dass das Gesicht des Fahrers eines Kraftwagens während der Fahrt erkennbar bleiben müsse (§ 23 Abs. 4 Satz 1). Dieses Verhüllungs- und Verdeckungsverbot sei mit dem Grundrecht der Glaubensfreiheit (Art. 4 des Grundgesetzes) vereinbar. Die Glaubensfreiheit sei nur in einem Randbereich betroffen, weil der Niqab nur am Steuer nicht getragen werden dürfe. Den Schutz, den der Niqab der Trägerin bieten solle, werde von einem geschlossenen Kraftfahrzeug bereits weitgehend gewährleistet, weil es als eine Art privater Schutzraum in der Öffentlichkeit wirke. Die Insassin eines Autos sei nämlich durch das Fahrzeug bereits weitgehend davor geschützt, dass Dritte sich in einer Weise näherten, die sie als unsittlich empfinden könnte. Soweit das unverhüllte Gesicht der Fahrerin durch die Scheiben des Wagens von außen sichtbar bleibe, müsse sie dies zum Schutz der Verkehrssicherheit hinnehmen. Nur das unverdeckte Gesicht ermögliche den Bußgeld- und Strafverfolgungsbehörden, Verkehrsverstöße wirksam zu ahnden, die von den heute üblichen automatisierten Überwachungsanlagen aufgezeichnet worden seien. Bei einem verhüllten Gesicht steige die Wahrscheinlichkeit, dass Verkehrsverstöße nicht verfolgt werden könnten. Das gefährde die Verkehrssicherheit, vor allem Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer. Das verhüllende Kopf-Schultertuch könne zudem die Rundumsicht der Fahrerin sicherheitsgefährdend einschränken, wenn es während der Fahrt verrutsche. Es beeinträchtige außerdem die nonverbale Kommunikation durch Mimik und Lippenbewegungen, die im Straßenverkehr nötig sei."
Gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster möglich.
6 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Den Schutz, den der Niqab der Trägerin bieten solle, werde von einem geschlossenen Kraftfahrzeug bereits weitgehend gewährleistet,..."
Was umfasst denn dieser "Schutz"? Und vor allem: Wessen Schutz? Geht es nicht viel eher um Geschlechterapartheit, die in Deutschland verboten ist (sein sollte)? S. Art. 3 GG. Der selbst erklärte Grund für die Verhüllung der Frau ist deren Unsichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Primär, um die "Ware" für den versprochenen Ehemann nicht zu "beschädigen". D. h. dieser "Schutz" beraubt die Frau ihrer Selbstbestimmung und ihrer Würde. Denn es geht ausschließlich um die Würde, spricht den möglichen Gesichtsverlust, des Mannes.
Warum kann also ein deutsches Gericht (von denen in Saudi-Arabien erwarte ich das nicht) nicht als Begründung für den Verzicht auf Hiqab und Konsorten Art. 3 GG anführen? Oder Art. 140, dem gemäß niemand zu religiösen Handlungen gezwungen werden darf? Denn die islamische Frauenbekleidung dient traditionell nur dem Interesse des Mannes (aktuell oder versprochen) und stellt somit einen Zwang gegen die (möglichen) Interessen der Frau dar. Und ob eine Frau freiwillig gegen Art. 3 GG verstoßen darf, bliebe ebenfalls zu untersuchen. Ich als Mann dürfte das jedenfalls nicht, weil ich mich sonst der Diskriminierung schuldig machen würde.
Natürlich kann man Frauen nicht dazu zwingen, sich gleichberechtigt zu verhalten. Allerdings ist es etwas anderes, ob man sich aus der Öffentlichkeit fernhält oder ob man offen für den Verstoß gegen Art. 3 GG Werbung macht. Was fehlt ist also eine eindeutige, juristische Bewertung der Funktion islamischer Frauenbekleidung...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Danke für diesen Kommentar, absolut richtig was Sie da schreiben und dies zeigt wieder einmal die Feigheit unserer Politiker die Dinge so zu sehen wie sie wirklich sind.
David Z am Permanenter Link
Im Ergebnis zu begrüßen.
"Den Schutz, den der Niqab der Trägerin bieten solle, werde von einem geschlossenen Kraftfahrzeug bereits weitgehend gewährleistet, weil es als eine Art privater Schutzraum in der Öffentlichkeit wirke. Die Insassin eines Autos sei nämlich durch das Fahrzeug bereits weitgehend davor geschützt, dass Dritte sich in einer Weise näherten, die sie als unsittlich empfinden könnte."
Wie ist das in einem Cabrio? Dort ist die Muslima nicht "in einem geschlossenen Kraftfahrzeug" und damit nicht "vor der Unsittlichkeit Dritter geschützt". Folglich darf sie im Cabrio oder auf dem Motorrad den Vollschleier tragen?
Unechter Pole am Permanenter Link
Beunruhigend ist, dass sich Gerichte mit der Interpretation religiöser Vorschriften und (Un-)Sitten befassen - wie hier, wozu dieser Nikab aus islamischer Sicht "gut" sei.
Was kommt als Nächstes? Vielleicht entscheiden die deutschen RichterInnen, wieviel von der Klitoris abzuschneiden ist, damit es noch der Sunna entspricht?
Hubertus am Permanenter Link
Bei Motorradfahrern stört deren "Verschleierung" aus mir nicht erkennbaren Gründen nicht. Ein Kennzeichen gibt es bei Motorrädern vorne auch nicht.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Es ist ihr nur insofern wichtig, weil sie von ihrer Religion dazu gezwungen wird sich zu verschleiern, da ihr verklemmter Ehemann nicht stolz auf seine schöne Frau ist, sondern mit Eifersucht überwacht, dass diese kei
geht anders.Wenn man aber in eine Gesellschaft hineingeboren wurde, in der man von Kindheit an unterdrückt wurde, kann man auch kein Selbstbewusstsein entwickeln.