34.961 Immobilien hat die katholische Kirche in Spanien allein in den Jahren von 1998 bis 2015 auf ihren Namen eintragen lassen. Dabei handelt es sich sowohl um Tempel und ähnliches, aber auch um weltliche Grundstücke, Ladenlokale oder Garagen. Die Regierung macht nun den Weg frei zur Rückforderung von unrechtmäßig eingetragenen Immobilien. Die Kirche wehrt sich gegen Kritik an ihrer Immobilienpolitik, unter anderem mit Verweis auf die Privatisierung von Kirchengütern im 19. Jahrhundert.
Im Jahr 2019 hatte die spanische Regierung eine Liste der Immobilien angefordert, welche die katholische Kirche in den Jahren 1998 bis 2015 auf Grundlage einer Änderung des Hypothekengesetzes auf ihren Namen eingetragen hatte. Die Rückmeldung des Immobilienregisters, des Colegio Oficinal de Registradores de la Propiedad y Mercantiles de España, ergab, dass es sich hierbei um 34.961 Immobilien handelt. 20.014 davon sind Tempel, anhängige Gebäude und Grundstücke. 14.947 sind andere Immobilien wie Baugrundstücke, Ladenlokale oder auch Garagen. Während Immobilien üblicherweise durch Geldfluss bei einem Verkauf oder durch eine Erbschaft ihre Eigentümer:innen wechseln, wurden die fraglichen 34.961 Objekte nach Vorlage von durch die katholische Kirche selbst erstellten Zertifikaten eingetragen. Ein Verfahren, das Kritik hervorrief. Die katholische Kirche entgegnete, dass sie keine Immobilien haben wolle, die ihr nicht gehörten und dass die eigentlichen Eigentümer:innen zwei Jahre Zeit gehabt hätten, der Eintragung der Kirche zu widersprechen.
Zahlreiche Organisationen und Privatpersonen hatten gegen die Immobiliensammlung der Kirche protestiert und eine Überprüfung der Eintragungen sowie Rückgabe auch vor 1998 eingetragener Immobilien gefordert. Denn obwohl die Kirche die Eintragung von Grundstücken oder Gebäuden auf ihren Namen bisweilen damit begründete, dass sie sie erhalten und vor dem Verfall retten wolle, scheint der Einsatz wohl nicht immer so selbstlos gewesen zu sein. So sollen öffentliche Gelder in Restaurierungen geflossen sein, wie zum Beispiel der Mezquita-Catedral de Córdoba, die 2006 auf den Namen der katholischen Kirche eingetragen worden war. Die Erlöse jedoch, beispielsweise durch Eintrittskarten für Besuche, sollen die Kassen der katholischen Kirche gefüllt haben.
Ursprünglich sollte die Änderung des Hypothekengesetzes aus der Franco-Diktatur es der Kirche erlauben, ihre Kirchen und weitere Kultstätten auf ihren Namen einzutragen. Vorher gab es keine legale Möglichkeit, was jedoch Bischöfe und andere kirchliche Amtsträger sowie Register nicht daran hinderte, Immobilien auf Bischöfe zu registrieren.
Da es auch nach der Gesetzesnovelle von 1998 natürlich kaum Kaufverträge, Besitzurkunden und Ähnliches gab, reichte ein von der Kirche selbst erstelltes und vom örtlichen Bischof unterzeichnetes Dokument aus.
Ein Spielraum, den die Kirche nutzte. Neben ihren Kathedralen, Klöstern und Kirchen ließ sie noch zahlreiche spanische Kulturschätze als ihren Besitz eintragen. Diese konnten erst kürzlich oder noch gar nicht an die jeweilige Gemeinde oder den Staat zurückgegeben werden. Zahlreiche Bundesländer und Gemeindeverwaltungen haben mittlerweile geprüft, wie viele ihrer Immobilien in den 17 Jahren zwischen 1998 und 2015 mittels von der Kirche selbst erstellten Dokumenten eingetragen wurden.
Mit 10.243 Eintragungen liegt das zentralspanische Bundesland Castilla y León vorn. Bei den Immobilien handelt es sich um 6.147 Tempel und 4.096 weitere Grundstücke. Dagegen sind es nur 88 Kircheneintragungen im nordspanischen Baskenland. Dort handelt es sich um 26 Tempel und 62 weitere Immobilien.
Die aktuelle spanische Regierung hat nun eröffnet, dass unrechtmäßig eingetragene Immobilien auch nach Verstreichen der bisher geltenden zweijährigen Frist noch von Behörden, Privatpersonen und anderen zurückgefordert werden können.
Offiziell unterstützt die Bischofskonferenz das Vorhaben. Die katholische Kirche sei nicht daran interessiert, unrechtmäßig erworbenen Besitz zu behalten. Jedoch weist sie auf ihrer Website darauf hin, dass sie nur Immobilien habe eintragen lassen, die das katholische Volk zur Ausübung des Glaubens erbaut hätte, dass die Kirche für die Instandhaltung der Anlagen verantwortlich sei und dass die Eintragung eine Antwort auf die Desamortisation im 19. Jahrhundert sei, welche der Kirche den Eigentumsnachweis über viele ihrer Güter genommen habe.
Obwohl zahlreiche lokale Medien aufzeigen, wie viele Immobilien zwischen 1998 und 2015 auf die katholische Kirche eingetragen wurden, ist fraglich, wie viele eigentliche Eigentümer:innen eine Rückgabe einfordern werden und ob sie ihre Ansprüche belegen können.
5 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
in Sachen der Gerechtigkeit steht die Kirche ganz auf Ihrer eigenen Seite
Hans Trutnau am Permanenter Link
Die "34.961 Immobilien" sind wie viele sonst auch i.d.R. vermutlich Raubgut.
Christian Köppchen am Permanenter Link
Statt "Tempel" sollte man besser Kirchengebäude sagen. Die Comunidades sind keine "Bundesländer".
Christian Meißner am Permanenter Link
Im Moment gibt es noch kein Urteil des Verfassungsgerichts zu einer möglichen Verfassungswidrigkeit der Novelle des Hypothekengesetzes von 1998, das die Grundlage der vereinfachten Eintragungen der kirchlichen Immobil
Das spanische Mietgesetz jedoch, das noch aus der Franco-Zeit stammt, besagte bis zu einem Urteil des Verfassungsgerichts von 1993, dass die Katholische Kirche von der allgemeinen Pflicht befreit ist, die Mietobjekte zu nutzen.
Hier betonte das Verfassungsgericht, dass dies im Widerspruch zum Artikel
16.3 der Verfassung stünde, der den "akonfessionellen" Charakter des Staates betont. Demnach darf die Katholischen Kirche nicht das Privileg genießen, wie staatliche Entitäten behandelt zu werden.
Dies müsste dann genau so für die bis 2015 erfolgte vereinfachte Eintragung kirchlicher Immobilien gelten. Die einzige offene Frage scheint zu sein, ob sich in letzterer Angelegenheit ein mutiger Kläger findet, der dem Einfluss der Katholischen Kirche in Spanien auf Politik und Gesellschaft trotzt.
Bernd Kockrick am Permanenter Link
Nicht nur in Spanien, sondern auch bei uns hat die Kirche seit Jahrhunderten durch Androhung von himmlischen Strafen und psychischen Druck ihre Besitztümer gemehrt.
Wenn sich jemand bei der Begehung einer Straftat verletzt, kann er von dem Geschädigten nicht auch noch Schmerzensgeld verlangen!