BERLIN. (hpd) Der insgesamt sehr mild gehaltene Report am Montag in der ARD – vermutlich hat der zuständige Rundfunkbeauftragte kräftig dagegen gehalten, vielleicht hat auch der zuständige verantwortliche Redakteur seinen dämpfenden Einfluss geltend gemacht – zeigt eine Kirche, die einen weitgehend unabhängigen Staat im Staate darstellt. Eine Kirche, die sich kaltschnäuzig über Moral und Gesetze hinwegsetzt – so wie sie das seit Jahrhunderten schon tut.
Auf Fragen über zurecht die Öffentlichkeit interessierende Sachverhalte wird immer nur soviel zugegeben, wie ohnehin schon bekannt ist. Überhaupt waren die Antworten der zuständigen kirchlichen Verantwortlichen von einer verschleiernden Vagheit und geradezu grotesken Blumigkeit und teilweise erkennbaren Unwahrheit. Letzteres betraf insbesondere Kardinal Marx, der als zugleich oberster Finanzchef angeblich keinerlei Kenntnisse über die Gelder seines Bistums hätte. (Die Kenntnisse über das achte Gebot sind ihm offenbar auch abhanden gekommen.)
Wenig Aufklärung wird von der Politik erwirkt, die sich in weiten Teilen als Komplize – laut Duden: Helfershelfer bei einer Straftat – dieses Großkonzerns zeigt. Denn wie sonst erklärt sich das völlige Desinteresse am Finanzgebaren dieser wohl reichsten Institution in Deutschland und das Gewährenlassen von Verhaltensweisen, die bei anderen Institutionen sofort staatsanwaltliche Untersuchungen zur Folge hätten. Briefkastenfirmen in Holland und skrupelloses Ausnutzen von Steuerschlupflöchern lassen erkennen, welche miese Moral diese Clique von scheinheiligen Moralaposteln praktiziert. Eher geht noch von den Medien das Bemühen um Aufdeckung aus, die wenigstens teilweise einen Informations- und Aufklärungsauftrag empfinden.
Die katholischen Bischöfe in Deutschland leben in Prunkpalästen und verfügen über Geld und geldwerten Besitz, der sich nur in dreistelligen Millionenbeträgen ausdrücken lässt, von den übrigen Einkünften durch Aktien, Unternehmensbeteiligungen, Immobilienbesitz etc., etc. ganz zu schweigen. Für die wenigstens materielle Entschädigung der Missbrauchsopfer steht angeblich kein Geld zur Verfügung. (Hier verweist man i.d.Z. gern, fast triumphierend, auf die Verjährung der meisten Fälle. Allerdings – das sei zugegeben – betet man für die Opfer. )
Kardinal Marx geißelt öffentlichkeitswirksam gern den skrupellosen Kapitalismus. Dass seine Kirche heute fast ausschließlich durch diese Form von Ausbeutung von schwer arbeitenden Menschen zu ihrem Geld kommt, stört ihn offenbar überhaupt nicht. Heuchlerischer kann man sich nicht mehr geben. Thematisieren sollte man bei dieser Gelegenheit auch mal wieder die Frage, wie diese Institution überhaupt zu ihren Besitztümern gekommen ist.
Und wie ist das Gebaren der Vatikanbank einzuschätzen? Das “Institut für die religiösen Werke”, wie diese Bank sich scheinheilig nennt, hat durch Geldwäsche und Steuerhinterziehungen und andere kriminelle Machenschaften wie vorgetäuschte Stiftungen ihr Geld gemacht. Selbst die seriöse FAZ sprach am 25.9.13 wörtlich von den “Halunken” dieser Bank. Verantwortlich dafür waren letztlich die obersten päpstlichen Dienstherren – Herren, die sich gern als oberste Wächter der Moral feiern lassen.
Wir erfahren, dass die Bistümer angeblich keinen Überblick über ihre Vermögen und ihre Einkünfte haben. Das mag vielleicht sogar so sein. Denn tatsächlich wird ein Bistum gar kein Interesse an einer solchen Überblick gebenden Zusammenstellung haben – zu groß ist offenbar die Sorge vor einer Bilanz, die vor der Öffentlichkeit nur mit Schamröte zugegeben werden könnte. Gleiches gilt für die unübersehbar große Zahl von kirchlichen Unternehmen und weiteren Besitztümern. Sie sind in vielerlei Verträgen und Kontrakten versteckt. Eine Zusammenfassung und Übersicht würde wohl auch deutlich machen, auf wie undurchsichtige, um nicht zu sagen unlautere bzw. kriminelle Art und Weise die Kirche über die Jahrhunderte an diese Güter und Immobilien gekommen ist.
Dass alles immer noch so möglich ist, ist jenen kirchenhörigen, gleichgültigen, verantwortungslosen Politikern geschuldet, die aus unterschiedlichen Gründen kein Interesse an Aufklärung und Änderung der Verhältnisse haben. Vielfach handelt es sich um Politiker, die durch Ämter und geldwerte Vorteile so an die Kirche gebunden wurden, dass sie ihrem Auftrag, dem Wohl des deutschen Volkes zu dienen, gar nicht mehr nachkommen können. Solche “Ämter” bestehen zum Beispiel in Präsidentschaften auf Kirchentagen, in Sitzen im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken oder der Synode der Evangelischen Kirche. Sie lassen sich sehr wahlwirksam nutzen, haben aber auch gewisse Erwartungen kirchlicherseits zur Folge. Auch lukrative Vorstandsposten in Diakonie- oder Caritasunternehmen sind beliebt.
Mit welchem Grund soll man eigentlich einer solchen Institution, die alle Regeln menschlichen Anstands mit Füßen tritt, noch Respekt entgegenbringen? Das können offenbar nur jene noch, die selbst in irgendeiner Weise von der Macht und Skrupellosigkeit dieses Konzerns profitieren. Die Kluft zwischen dem, was diese von allen heiligen Geistern verlassenen Herren unter Bezug auf ihren allerobersten Herrn Jesus predigen und was sie selbst treiben, ist eigentlich ungeheuerlich!
13 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Sehr guter Kommentar, lieber Uwe Lehnert! Ja, die Reportage war mild gehalten, aber das macht sie meiner Meinung nach so wertvoll.
Wolfgang am Permanenter Link
Das große Problem: die Kirchen haben im Gepäck die Dummheit. Und die Dummheit ihrer Gläubigen ist ihnen sicher. Dazu kommt der absolute Kadavergehorsam, man kritisiert nicht.
Religion stützt sich vor allem und hauptsächlich auf die Angst.
Bertrand Russell
Dexcartes am Permanenter Link
Ein wunderbarer Kommentar. Danke!
Mich aber treibt noch mehr um, wofür diese Geldmittel die hier angeblich von den Verantwortlichen nicht gekannt werden, Verwendung finden.
Werden hier weitere Immobilien, Grundstücke - auch in anderen Ländern, auf anderen Kontinenten gekauft? Das Geld dient unweigerlich auch der Neuevangelisierung, denn Mission ist das Wichtigste von Kirchen. Wer jedoch mit Geld und nicht mit Überzeugung missioniert, der will später auch keine "Gläubigen" sondern "Untertanen". Dem widerspricht das Grundgesetz!
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Dem widerspricht das Grundgesetz!" Richtig, aber nicht die Bibel! Womit sich mal wieder die wildesten Träume christlicher Kirchenfürsten offenbaren.
awmrkl am Permanenter Link
"ob die Herren sich dort nicht hin und wieder kranklachen und gesundstoßen wegen der Dummheit ihrer Schafe, die sich freiwillig zum Melken anstellen"
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es etliche davon gibt - nicht alle. Die dahinterstehende Haltung ist dann natürlich purer Zynismus. Und den traue ich etlichen professionellen Religioten zu. Wobei sich sofort die Frage anschließt, inwieweit sowas Psycho- bzw Soziopathie zu nennen ist ... mE JA.
Rudolf Dieringer am Permanenter Link
Besten Dank an Herrn Prof. Uwe Lehnert für seinen ausgezeichneten Kommentar!!
Ganz sicher wird der Medienbeauftragte der Cattolica im Vorfeld dieser Sendung kräftig gegengesteuert haben; aber auch das, was gesendet wurde, hat - hoffentlich - das eine oder andere Schäfchen dazu angeregt, darüber nachzudenken, welches Verhältnis seine Hirten zu dem Kapital haben, das sie ihm aus der Tasche ziehen!!
Besonders empörend muss man die Gleichgültigkeit empfinden, mit der unsere Volksvertreter dieses Treiben der kirchlichen Kapitalgesellschaft hinnimmt und noch - entgegen dem Grundgesetz - unterstützt!
Aber wo ist die Partei, die sich klar gegen diese Machen-
schaften ausspricht?
Traurig - traurig!
Ingrid Matthäus... am Permanenter Link
Prof. Lehnert spricht mir voll und ganz aus dem Herzen. Gut, das durch den Limburger Skandal das Thema wieder eines geworden ist.
Uwe Hillebrand am Permanenter Link
Unsere politischen Parteien vertreten fast ohne Ausnahme die Interessen der Kirchen, obwohl doch zumindest einige von ihnen den Unsinn der Gläubigkeit und damit der Theologie sehen müssten. Woher kommt das?
Politiker wird, wer Macht ausüben möchte, diese Triebkraft kann der "normale " Mensch zumeist nicht nachvollziehen, weswegen er auch für die Spitzenpolitik nicht geeignet ist. Die Prioritätenreihenfolge eines Spitzenpolitikers lautet:
1. Ich, 2. Die Partei, 3. Deutschland. Natürlich werden Politiker diese Reihenfolge immer umgekehrt sehen, was sie aber am meisten fürchten, ist die Möglichkeit, dass ihnen der Wähler Unmoral unterstellt. Ein Leben ohne Gott erscheint nun mal den meisten Wählern als unmoralisch, was insofern ein bisschen seltsam ist, weil wie jeder weiß speziell die katholische Kirche einer der größten Massenmörder aller Zeiten ist. Aber trotzdem sind die Kirchen für die Parteien der Garant für unbedingte Moral.
Nun gehen aber - zum Glück - die Kirchenaustrittszahlen stetig nach oben, wozu die Affären der heiligen Kirchen eifrig beitragen. Irgendwann in nicht allzu ferner Zeit werden die Atheisten unter den Wählern die absolute Mehrheit haben, und dann müssen die Politiker den nicht konfessionsgebundenen Wählern - neben den Kirchen - auch Moral unterstellen. Und dann ist auch der nichtreligiöse Wähler für die Politiker auf einmal etwas Wert. Zudem werden Juristen dann nicht mehr einsehen, dass eine Mehrheit von einer Minderheit dominiert wird. Und da das Geld ja immer knapp ist, werden die Kirchen wohl den Gürtel enger schnallen müssen.
uwe hauptschueler am Permanenter Link
mindestens genauso interessant zu wissen wäre: wem gehört eigentlich die katholische kirche? den schafen sicherlich nicht, die können so viel blöken wie sie wollen, es interessiert niemanden.
Gert Walliser am Permanenter Link
Schön, einmal wieder etwas von Herrn Prof. Lehnert lesen zu können, dessen Buch "Warum ich kein Christ sein will" ich mit Begeisterung gelesen habe.
Maria Susanna am Permanenter Link
Die letzte Zeile Ihres Kommentars möchte ich so nicht stehen lassen. Allem anderen kann ich voll und ganz zustimmen.
Sie können nicht alle Menschen in einen Topf werfen, die noch Mitglied der katholischen Kirche sind. Ich arbeite als "einfache" Palliativkrankenschwester und habe noch nie von der Kirche profitiert, sondern ganz im Gegenteil. Da ich geschieden mit neuem Partner zusammenlebe, habe ich von der Kirche alle Facetten der Ablehnung erfahren. Ich nehme dies nicht still hin, sondern versuche da wo es dem Bischof zu Ohren kommt (kirchliche Diskussionensrunden), meine Meinung klar und deutlich zu vertreten. Die Zahl der Menschen, die dies noch mit mir tun wächst. Und das macht mir Hoffnung. Jeder muss auf seine Art und Weise für eine Veränderung kämpfen. Ich tue dies als Mitglied der Kirche.
Also bitte niemals verallgemeinern.
Dieter Kaiser am Permanenter Link
Siehe die Sendung der gbs Stuttgart auf youtube über den heutigen Reichtum der Kirchen und mit welchen verbrecherischen Methoden die RKK so reich wurde: www.youtube.com/user/gbsStuttgart/videos.
"Die Kirchenoberen sind die Usurpa(s)toren des Propheten".
Achim Morina am Permanenter Link
Wie immerzu schon ein unglaublich: sachlicher, detaillierter und im Kern richtiger sowie vernünftiger "Beitrag". Machen Sie stetig weiter so sehr geehrter Hr. Prof. Lehnert