Will die Philosophie ihre alte Fragestellung, was Menschenwürde sei, dezidiert angehen, kommt sie nicht umhin, sich mit den neuesten
medizinischen Forschungsergebnissen zu beschäftigen.
(MF) In Frage steht, ob dem menschlichen Embryo von Anfang an, also „mit der Vereinigung der beiden Vorkerne von Ei- und Samenzelle“ (Wolfgang Kühnel: Menschenwürde und Lebensschutz des Embryos aus embryologischer Sicht", S. 34), im absoluten Sinn Menschenwürde zukomme, oder ob für einen begrenzten Zeitraum möglicherweise Abstufungen solcher Würde, die eine Abwägung der Schutzwürdigkeit des neu entstandenen Lebens in Bezug auf andere Faktoren erlauben, in Betracht gezogen werden können.
Die christlichen Positionen
Die Position der katholischen Kirche hierzu ist eindeutig: „Im Jahr 1987 hat sie den Beginn des vollen Menschseins auf den Tag 1, d.h. auf die ’Empfängnis‘ bzw. die Verschmelzung von Samen- und Eizelle, datiert. Von diesem Zeitpunkt an sei der Embryo ein ’Mensch‘, genauer: eine ’Person‘, die ’Würde‘ besitze und ’absolut‘ unter Schutz stehe. Weil das römisch-katholische Lehramt keinerlei Abwägung über den Umgang mit frühen Embryonen zulässt, hat es die künstliche extrakorporale Befruchtung bzw. die In-vitro-Fertilisation untersagt“ (Hartmut Kreß: Ab wann ist der Embryo ein Mensch?, S. 52). Eine solche rigoristische Position geht vielen, um nicht zu sagen allen definitorischen und argumentativen Schwierigkeiten aus dem Weg. Klar scheint nun – denn noch im 19 Jahrhundert sah der Vatikan die Sachlage gänzlich anders und zog mindestens in Zweifel, „ob an Schwerbehinderten eine Nottaufe durchgeführt werden solle“ (S. 51) –, dass der (christliche) Gott bei oder während der Empfängnis dem gerade entstehenden Embryo eine unsterbliche Seele einpflanze. Hartmut Kreß, evangelischer Theologe, macht dagegen in vorzüglicher Weise deutlich, in wie hohem Maße ein „solcher kreationistischer Denkansatz“ spekulativ oder religiös „aufgeladen“ sei (ebda.). Er bringe zudem seit einigen Jahren die „Heiligkeit“ des Lebens ins Spiel: „Verlautbarungen der katholischen Kirche legen dar, die Heiligkeit des Lebens verbiete jeden Zugriff auf Embryonen“ (ebda.). Kreß zufolge jedoch lasse sich aus den Quellen des Christentums eine solche These nicht aufrechterhalten; sie resakralisiere das Leben, das bereits das alttestamentlich-hebräische Denken entmythologisiert und desakralisiert, das Prädikat der Heiligkeit mithin allein Gott vorbehalten habe (S. 53).
Nach Kreß fußt die Ansicht des Vatikans auf einer Metaphysik, „die auf Aristoteles oder Thomas von Aquin und das katholische Naturrecht zurückgeht“ (S. 59). Wie nach solchen Lehrmeinungen ein Lebewesen sich entelechisch, also zielgerichtet, teleologisch, „von innen, aus seiner Seele heraus zu seiner vollen Gestalt“ auspräge, so erfolge „der modernen Analogie gemäß [...] die zielgerichtete Selbstentfaltung aus dem Genom heraus“ (ebda.). Dergleichen scholastische Voraussetzungen mögen seltsam anmuten, sie führen jedoch zu weitreichenden Konsequenzen, die enorme gesellschaftspolitische Auswirkungen haben. Die katholische Kirche stützt sich noch, im Gegensatz zur evangelischen, auf eine einheitliche Lehrbildung und ein verbindliches, autoritatives Lehramt (vgl. S. 53). Im Gegensatz zur evangelischen Theologie, die bereits seit dem 16. Jahrhundert „das Ende der religiös geschlossenen Gesellschaftsordnung“ (S. 56) gedanklich aufzuarbeiten begann und akzeptierte, „dass sich [...] der Staat nicht an kirchliche Vorgaben binden darf und dass das öffentliche Handeln ’im Amte‘ nicht die Spitzennormen der christlichen Moral, etwa die Bergpredigt, zugrundelegen darf, sondern um aller Bürger – Christen und Nichtchristen – willen von der gemeinsamen weltlichen Vernunft ausgehen soll“ (ebda.) – so Luther –, fordere die katholische Doktrin „sogar eine Rückkehr der staatlichen Gesetzgebung zu den ’Regeln des moralischen Gesetzes‘, die von ihr gelehrt und ausgelegt werden (Kongregation für die Glaubenslehre 1987, S. 33). Sie erhebt nach innen, aber auch nach außen, gegenüber Wissenschaft, Staat und Rechtspolitik, einen Wahrheits- und einen sehr hohen Verbindlichkeitsanspruch“ (S. 57 f).
Was die katholische Theologie von vornherein ausschließt, ist für die evangelische sehr wohl denkbar, nämlich dass „der ’Beginn‘ des menschlichen Lebens und der menschlichen Identität keinesfalls rein punktuell (mit der Auflösung der Vorkerne), sondern prozessual vorzustellen ist“ (S. 61) und eine Fülle von Bedingungen, etwa die Beziehung zur Mutter, mit umfasst. Hieraus ergäbe sich, „dass sich für den frühen pränidativen Embryo im Vergleich zum weiterentwickelten Embryo und Fetus und zum geborenen Menschen nur ein abgeschwächter Schutzanspruch aufrechterhalten lässt“ (ebda.), so dass die Möglichkeit der Präimplantationsdiagnostik und Stammzellenforschung auf jeden Fall in Betracht zu ziehen wäre.
Man sieht also, was auf dem Spiel steht. Schon unter Glaubensaspekten teilen sich die Befürworter und Gegner einer Untersuchung des pränidativen Embryos etwa auf Erbkrankheiten in ein fundamentalistisches, jedenfalls vordemokratisches und in ein Lager, das religiöse Grundsätze nicht zu Prinzipien staatlicher Rechtsprechung machen will. Beiden Positionen entsprechen, über theologische und kirchliche Argumentationsbahnen hinaus, unterschiedliche ethische Standpunkte. Normen können als Ausdruck hoher, ja absoluter, oder nur relativer Verbindlichkeit eingestuft werden. Beide Einschätzungen sind auch möglich, wenn man zu ihrer Begründung nicht auf göttliche Offenbarung, sondern auf eine, dem Anspruch nach, allgemeine menschliche Vernunft rekurriert. Und auch die Menschenwürde als Wert kann auf transzendente oder immanente Weise legitimiert werden. Auch in letzterem Fall kann sie als prinzipiell nicht, oder unter bestimmten Umständen doch als relativierbar eingestuft werden. Wiederum Kreß weist daraufhin, dass nach Schüller konkrete ethische Normen einen gemischten Status besitzen, da sie sich aus Wert- und Sachurteilen zusammensetzen (vgl. S. 61); schon deswegen müssten biologische, naturwissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse der Embryologie in ethischen Erörterungen berücksichtigt werden. Natürlich wirkt ein solcher nicht-rigoristischer Ansatz heute plausibler - ob jedoch der Begriff der Menschenwürde sich, wie Kant es wollte, aus einer notwendig zu fordernden Vernunftautonomie herleiten lässt: jedoch ohne rigoristische Implikationen, bleibt eine offene Frage.
Konzept der „wachsenden Menschenwürde“
Es könnte sehr wohl sein, dass sowohl ein absoluter Anspruch auf bedingungslose Begründung von Werten, als auch sein gegensätzliches Pendant, die Forderung nach der Berücksichtigung empirisch-naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, ihre jeweilige philosophische Valenz besitzen. Im vorliegenden Band sind die Vertreter der zweiten Sehweise in der Überzahl. So schlussfolgert auch Friedhelm Hufen: „In der verfassungsrechtlichen Diskussion gewinnen daher diejenigen Stimmen an Gewicht, die von einem Konzept der ’wachsenden Menschenwürde‘ zwischen Kernverschmelzung, Entstehung des Nervensystems, Lebensfähigkeit und Geburt ausgehen. [...] Ist insofern schon fraglich, ob der pränidative Embryo Träger der Menschenwürde ist, dann lässt diese Zuordnung als solche für verfassungsrechtliche Bedenken gegen den SET [Single-Embryo-Transfer], die PID und morphologische Untersuchung des Embryos keinen Raum“ (Friedhelm Hufen: Menschenwürde und Lebensschutz des Embryos aus juristischer Sicht, S. 42).
Nicht nur die katholische, auch die heutige evangelische, die philosophische und juristische Argumentationsweise, die mit dem Konzept der Menschenwürde operiert, erinnert an den Umgang der Scholastik mit Entitäten, die seit Jahrhunderten in Vergessenheit geraten sind. Dennoch sind die heutigen Diskussionen über diesen Begriff nicht etwa sinnlos, wohl aber Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit. Wenn die Menschenwürde wüchse, nähme sie dann, etwa bei nachlassenden geistigen Fähigkeiten im Alter bis zum Verlust der Selbstbestimmung, auch ab? Hülfe gegen eine solche Relativierung nicht nur ihre Absolutsetzung, die sich aber wiederum als unfähig erwiese, die real notwendigen Einschränkungen von Menschenwürde (die de facto nicht zuletzt auch die katholische Kirche vornimmt) zu begründen?
Juristische Hilfskonstruktionen
Gegenwärtig jedenfalls befinden wir uns, wohlgemerkt in Deutschland, in der paradoxen Lage, dass der Embryo in vivo besser geschützt ist, als derjenige in vitro: „Das heißt, der strafrechtliche Schutz des Embryos entfällt sofort, wenn er sich in der Gebärmutter befindet. Als ’Embryo‘ nach dem Embryonenschutzgesetz ist er nur geschützt, wenn er im Reagenzglas ist“ (Andreas Gerd Schmutzler: Rechtliche und ethische Aspekte der reproduktionsmedizinischen Therapie", S. 145). Sobald er sich in der Gebärmutter befindet, greift eine andere juristische Formel; nun ist ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt, der aber nicht etwa durch eine angeborene Störung des Kindes, sondern einzig durch die „daraus möglicherweise resultierende Gesundheitsstörung der betreffenden Frau“ legitimiert wäre (Eberhard Schwinger, Frauke Hinrichs und Rixa Voigt: Präimplantationsdiagnostik (PID), medizinische Indikation oder Selektion?, S. 91). Denn natürlich darf ein Kind nicht etwa, weil es behindert ist, abgetrieben werden. Man greift also zu einer juristischen Hilfskonstruktion, der sich das ärztliche Handeln anbequemen muss, „um die formalen Voraussetzungen für den von den Eltern gewünschten Schwangerschaftsabbruch bei betroffenem Kind zu schaffen“ (ebda.).
Klar ist zumindest eins: Wer sich mit den ethischen Fragen, die die Stammzellenforschung aufwirft, befasst, stochert in einem Wespennest. Ein weiteres Beispiel: „Auch die genetische Präimplantationsdiagnostik im Sinne einer Therapiezieländerung ist von ethisch hoher Relevanz. So kann die Nicht-Implantation von menschlichen Keimen, die aufgrund von Entwicklungsstörungen oder schwerwiegenden Chromosomenstörungen [...], nicht oder nur kurz lebensfähig wären, auch im Sinne passiver Sterbehilfe verstanden werden“ (Nikolaus Knoepffler: Der moralische Status des frühen menschlichen Embryos, S. 178). Und wie verhält es sich mit Behandlungsmethoden, „die Ergebnisse von Forschung [...] nutzen, die im eigenen Land aus rechtlichen Gründen nicht möglich war“ (Hans-Georg Koch: Das deutsche Embryonenschutzgesetz im Rechtsvergleich, S. 234)? Oder sollten etwa, was grotesk wäre, solche Behandlungsmethoden in Deutschland nicht angewendet werden dürfen?
Noch ein anderer Gesichtspunkt muss erwähnt werden. Ein von Ulla Schmidt und Horst Seehofer initiiertes Gesetz – das zum 1.1.2004 eingeführte Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz – verfügt, dass die Krankenkassen sich nur noch zu 50% „an den sehr kostenintensiven Behandlungen der intrauterinen Insemination sowie assistierten Reproduktion durch In-in vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)“ beteiligen dürfen (Sören von Otte: Neue Entwicklungen in der Reproduktionsmedizin, S. 190). „Als Konsequenz dieser Entwicklung ergibt sich ein Geburtenrückgang um etwa 10.000 Kinder pro Jahr“ (ebda.). Gesetze schützen das Leben – und verhindern es.
Ethische Konzepte hinken der Entwicklung hinterher
Der Eindruck, dass die ethische Begründung von Ge- und Verboten der nachmodernen gesellschaftspolitischen Situation und den wissenschaftlichen Entwicklungen beinahe hoffnungslos hinterherhinkt, stellt sich wohl mit einer gewissen Zwangsläufigkeit ein. Die ethischen Konzepte, mit denen gegenwärtig noch operiert wird, sind, in ihrer heutigen Form, zumeist mindestens 200 Jahre alt und gehen auf die Vernunftphilosophie der Aufklärung zurück. Offenbar lässt sich – noch – nicht auf sie verzichten. „Entscheidend wird letztlich bei der Gewichtung des Schutzes und der damit verbundenen rechtlichen Umsetzung sein, welche Rolle es für die jeweilige Gesellschaft spielt, dass es sich um frühe menschliche Embryonen handelt, und welche Auswirkungen ein Verbot oder aber auch ein Nicht-Verbot von Embryonen- und Stammzellforschung sowie der Präimplantationsdiagnostik für die gesellschaftliche Entwicklung haben“ (Nikolaus Knoepffler: Der moralische Status des frühen menschlichen Embryos, S. 187), lautet ein Vorstoß in eine andere Richtung, der sich auch an utilitaristischen Vorgaben ausrichtet. Aber auch das funktioniert nur zum Teil. Weder enthalten oder entwickeln die medizinische Forschung oder gesellschaftliche Umbildungen ohne weiteres Kriterien zur Beurteilung der ethischen Probleme, die sie aufwerfen und bedürfen folglich des begrifflichen Instrumentariums, das uns die theologische und philosophische Spekulation der Vergangenheit zur Verfügung stellt – noch darf andererseits dieses seinen überkommenen Absolutheitsanspruch aufrechterhalten, sondern muss sich, inneren wie äußeren Impulsen gehorchend, umstrukturieren. Was eine solche Statusänderung für den Begriff der menschlichen Würde bedeutete, ist noch unausgemacht. Er besitzt, wie alle in langer Tradition gebildeten Hauptbegriffe der Philosophie und des Glaubens, einen paradoxen Kern, der in der Nachmoderne deutlicher als in der vorhergehenden Epoche zu Tage tritt. Nach Kant implizierte die Würde, die einem Einzelnen zukommt, dass dieser als Agens der Menschheit handle. Sie ist das eigentliche Subjekt, dem Autonomie zugesprochen werden kann, weil es, einem notwendigen Postulat zufolge, aus Freiheit handle und damit Selbstzweck sei. Die Stimme dieses Subjekts ist die der Vernunft, und sie klingt dem empirischen Ich zugleich wie das Eigenste und Fremdeste. Ohne die Vernunftidee der Menschheit kann nicht von Würde gesprochen werden. Aber was Menschheit ist, trägt in sich notwendig eine Differenz: Ihre Stätte ist das vom Kollektiv, dem es angehört, sich auch unterscheidende Individuum.
Der überkommene Begriff der Würde impliziert einen Prozesscharakter und damit einen Widerstreit zwischen Ganzem und Besonderem. Halten wir hier nur fest, dass Diskussionsbewegungen, die mit einem solchen Begriff operieren, häufig nicht zu einem Verständnis der Gesetzmäßigkeit ihrer Bewegung, der Aufspaltung in Parteien, gelangen. Einigkeit über den diskutierten Sachverhalt ist diesem Befund zufolge nicht zu erwarten. Darüberhinaus ereignet sich gegenwärtig eine Umstrukturierung tradierter Begriffe: Sie verlieren ihr Zentrum und formieren sich neu als plurale Gebilde, die von sich aus auf jeglichen Absolutheitsanspruch verzichten. Ein Wert wird künftig vor allem sein, was die Tolerierung seines Gegensatzes in die eigene Form aufnehmen kann. Juristisch bedeutete das, es wären Situationen zu schaffen, in denen nach Möglichkeit der Auseinandersetzung unterschiedlicher Werte ein Spielraum zugemessen wäre, ohne dass es zu endgültigen Kodierungen kommen müsste; sie wären nicht einmal anzustreben.
Aber natürlich beinhaltet die gerade skizzierte Struktur juristischer oder politischer Verfahren paradoxe Volten: Wer Stammzellforschung ablehnt, müsste doch dafür sein, sie, zumindest in festgesetzten Grenzen, zu erlauben, und wer sie billigt, hätte ebendarum Verständnis für die Gegenposition aufzubringen. Klar ist hierbei: Paradoxe Strukturen favorisieren, weil sie die Koexistenz des Gegensätzlichen anstreben, einen Erlaubnisraum, in dem etwa der Freiheit der Forschung, oder auch der aktiven Sterbehilfe, gegenüber ihrem Verbot eine gewisse Präponderanz zukäme. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass rigorosen (aber darum sich nicht absolut setzenden) Positionen eine unverzichtbare Valenz innewohnt; ohne die Idee nichtrelativierbarer Zwecke ginge jeder Anspruch auf Moralität schließlich in Nützlichkeitserwägungen über.
Neue Maßstäbe für Ethik
Das 21. Jahrhundert wird neue Maßstäbe für das, was Ethik überhaupt ist, suchen und aufstellen müssen. Besonders die medizinische Forschung zwingt dazu, Begriffsdifferenzierungen vorzunehmen, an die zuvor kaum zu denken war. Was menschliche Würde ist, umschreibt ein Konfliktfeld: Sie ist, und sie ist nicht relativierbar, ihre Existenz ist denknotwendig und zweifelhaft; sie konstituiert, anders gesagt, ein Metaphernfeld, in dem paradoxe Bewegungen stattfinden, das sich also nicht zu einer Einheit zusammenschließt. Dem rationalen Muster solcher Bewegungen nachzuspüren, ja an ihrem Aufbau mitzuwirken, macht eine wesentliche Aufgabe nachmoderner Philosophie aus. Zur Zeit ist, was wir „Würde“ nennen, ein Hilfsbegriff, mit dem, scheinbar, nicht beschrieben wird, was einem pränidativen Embryo per se zukommt, sondern was wir ihm beimessen. Wir diskutieren folglich über den gesellschaftlichen Rang, die Validität, ja die Realität solcher Beimessungen. Möglich wäre jedoch auch ein Denkmodell, das deren Selbsttranszendierung nachzeichnete.
Die im vorliegenden Band gesammelten Vorträge sind hervorragend geeignet, in die juristische, theologische und philosophische, sowie in die politische Diskussion über die ethischen Konsequenzen der Reproduktionsmedizin einzuführen. Das Buch kann jedem an den Fragen heutiger Ethik Interessierten nachdrücklich empfohlen werden.
Max Lorenzen
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Erstveröffentlichung im Marburger Forum, Jg. 9 (), Heft 2.
Klaus Diedrich / Hermann Hepp / Sören von Otte (Hrsg.): Reproduktionsmedizin in Klinik und Forschung: Der Status des Embryos. Leopoldina Symposium vom 17. bis 18. November 2006 in Lübeck, Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, Halle (Saale) 2007. In Kommission bei Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, ISBN 978-3-8047-2426-6, 24,95 €