BERLIN. (hpd) Bratwurstnebel, Clowns auf der Bühne, Luftballons, Hüpfburgen, Kletterwände, Schminkstände, Feuerwehrautos, Bobby Car Rennen – es wird so einiges angeboten, um die Kinder zu unterhalten. Damit jedoch auch der Bildungsfaktor nicht ausbleibt, werden aus Sandkästen Getreidekästen und neben dem Kellogs Verkaufstand lernt man, wie man sich die Zähne richtig putzt.
Am 19. September fand das Weltkindertagsfest auf dem Potsdamer Platz statt. In der 9. Vollversammlung der Vereinten Nationen am 21. September 1954 wurde die Idee des Weltkindertages geboren, um an die „Rechte der Kinder zu erinnern, die Freundschaft unter Kindern und Jugendlichen zu fördern und die Arbeit des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen offiziell zu unterstützen.“( http://www.weltkindertag.de/neu). Heute feiern 145 Staaten den Weltkindertag, unter anderem auch Deutschland.
Auf der Hauptbühne am Marlene- Dietrich- Platz gibt die Band Rumpelstil ein Sonderkonzert. In rot gefärbten Haaren und knalligen Kleidern steht eine Gruppe von vier Erwachsenen auf der Bühne und macht sich zum Affen, zu Ehren der Kinder. Das Publikum wird vom Bratwurstgrillstand eingeräuchert. Schnell weg von der Hauptbühne, auf der am Vormittag Familienministerin Schröder und Kinderhilfswerkvorsitzender Thomas Krüger das Fest eröffnet hatten, ein paar Photos für die Presse, zusammen mit Kindern und weg waren sie – ist ja schließlich auch ein Tag zu Ehren der Kinder und nicht ihrer Persönlichkeit. Das deutsche Kinderhilfswerk gegenüber verteilt auch schon fleißig Informationen über die Rechte der Kinder.
Respektstraße für Kinder
Es geht also in die „Respektstraße für Kinder“, so manch einer rollert auch dort hinein. Vorbei an Plakaten, deren Slogans wie „Ich möchte, dass ihr euch Zeit für uns nehmt“ man per farbigen Handabdruck unterstützen konnte.
Kreatives wurde hier geboten: Eine Einrichtung mit Schwerpunkt Kunst bot Bildmalerei mit Wasserfarben an, an denen auch schon einige eifrig beschäftigt waren. Eine andere Einrichtung „das Kreativhaus“ hatte kleine Schrottwägen zusammengebaut, auf denen die Kinder nach Lust und Laune Lärm machen durften. Das Kreativhaus ist ein von der Bundesregierung unterstütztes Mehrgenerationenprojekt, das für Alt und Jung verschiedene Angebote macht, mit theaterpädagogischem Schwerpunkt. Leider funktioniere es in Realität nicht wirklich, Alt und Jung zusammenzubekommen, so die Mitarbeiterin am Stand, die Interessen seien doch sehr verschieden.
Spiel- und Sportstraße
Schon landet man in der Spiel- und Sportstraße. Nach dem Lärm zu beurteilen, versammeln sich hier die meisten Familien. Es gibt ja auch einiges im Angebot: Vom Fußballspiel im Käfig, aufgestellt von der Friedenskirche Charlottenburg, bis zu einer etwas anderen Art des Höhenflugs, gesponsert vom Berliner Flughafen, einem kleinen Strommobilauto von RWE, Kistenklettern beim Jugendverband und einer Kinderkunstauktion vom Kikuki.
Wenn dem Kinde oder den Eltern nicht mehr nach Bobby Car Wettrennen, Hüpfburgen oder Türme bauen ist, kann man sich auf die grüne Wiese hinter den Ständen zurückziehen. Hier rollen kleine asiatische, türkische, afrikanische, deutsche, russische, skandinavische Kinder glücklich die Hänge hinunter, während die Eltern ein gemütliches Sonntagsnickerchen oder Sonntagsplausch halten. Manchmal genügt auch ein grüner Hang, um Kinder und Eltern zu beglücken.
Biohoffest
Weiter geht’s zum Biohoffest. Um dem Potsdamer Platz eine kleine Hofatmosphäre zu verpassen, wurden hier Strohballen ausgelegt. Die daneben ausgestellten Neuwägen passen nicht unbedingt dazu, aber immerhin muss man sich nicht ebenfalls ins kratzende Heu begeben.
Am nächsten Stand verwandeln sich Sandkästen zu Getreidekästen. Während die Erwachsenen über die Getreidesorte rätseln, suhlen sich die Kinder im Weizen. Herrlich, wie die Kinder hier im Westen mit Nahrung spielen dürfen.
Da die Bahn ja auch irgendwo Bio ist, durfte auch sie ihr kleines Bahngelände aufstellen. Beliebter war jedoch der Bioeisstand nebenan und auch das Melken von Gummieutern fand mehr Aufmerksamkeit.
Markt der Möglichkeiten
Zurück zur Hauptbühne ging es dann durch den Markt der Möglichkeiten, vorbei am Zähneputzstand, wo eifrig geputzt wurde, um sich danach dann mit sauberen Zähne eine Schale Kellogs gönnen zu können – oder doch lieber einen dampfenden Crepe mit Nutella? Oder die Wundertüte voller bunter Süßigkeiten? Aber hier wurden nicht nur die feinschmeckerischen Möglichkeiten dargelegt, sondern auch die verschiedenen Bildungsmöglichkeiten: Vom privaten Internat bis zu interkulturellen Kindertagestätten, vom Schulgründungsunternehmen Phorms bis zu erlebnispädagogischen Erholungszentren. Ein Markt bunter Möglichkeiten, je voller es in den Taschen klimpert, desto bunter kann er werden.
So manch einer mag sich mit seinem Kinderwagen durch die Menge bugsierend fragen, warum dieses Fest stattfindet. Und vage mag sich der ein oder andere an Kinderrechte erinnern, ja da gab es doch auch irgendwo das Plakat mit dem farbigen Händeabdruck – aber was stand da nochmal geschrieben? Was soll’s, Kinder-, Mutter- oder Vatertag – drei Mal im Jahr kann man’s ertragen. Hauptsache, das Kind hat Spaß und als Bestätigung grinsen einem angemalte, grüne, blaue, rote Gesichter entgegen.
Theresa Siess