Kinderverblödung auf KI.KA

“Geschenkt - Die zehn Gebote”

„Ich muss tun, was Gott mir befohlen hat“, meint Mose und muss deshalb allein auf den Berg Sinai klettern, um „Gott nicht zu erzürnen“. Vielleicht auch, um keine Zeugen zu haben? Weil de facto nichts passiert? Doch wollen wir mal nicht so kritisch an die Geschichte herangehen, sondern uns einfach von ihr führen lassen. Selbstverständlich ist Hreel wieder zur Stelle, hält den Professor in einem Käfig gefangen und will auch jetzt wieder mal „die Bibelgeschichte zerstören“. Doch – hihi – eben dadurch setzt er „die Ereigniskette (in Gang), von der in der Bibel die Rede ist“.

Während Mose auf den Berg steigt, stellen einige der Zurückgelassenen durchaus kluge Fragen. Es könnte ja sein, dass Mose nicht ganz richtig im Kopf ist. Ein Land, in dem „Milch und Honig fließen“? Es könnte doch sein, dass er sein Volk (die Israeliten, die eben aus Ägypten ausziehen) zurücklassen möchte. Was soll an den vorherigen Göttern so schlimm gewesen sein, weshalb sollte man denn nun an den einen Gott Jahwe glauben? Mit etwas Wischiwaschi einiger Gläubiger – vor allem eines kleinen Jungen, was bzgl. der Zielgruppe der Sendung sicherlich wohl bedacht ist – werden derlei „unsinnige Äußerungen“ jedoch hinweggefegt. Hreel nutzt jedoch die Gelegenheit, um ein paar Leuten, unter ihnen dem Bruder Moses, Aaron, Flöhe ins Ohr zu setzen, was letztlich zum Tanz um das Goldene Kalb führt, das die Anwesenden neben der altgewohnten Gottheit Baal verehren.

Schrecklich. Ist ja wie in der Konsumgesellschaft, in der Reichtum und Macht gepriesen werden. Mose ist auch entsprechend sauer, als er vom Berg hinabsteigt und dessen gewahr wird – und wie!

Mose wurde in der Zwischenzeit das Leben schwer gemacht, aber unsere Bibelretter waren selbstredend zur Stelle und halfen dem Sympathen dieser Geschichte, seinen Berg noch zu besteigen, denn es geht ja um die zehn Gebote. Und die sind, wie unsere Hauptfigur Cora nicht umhin kann, uns zweimal zu erklären, den Menschen schließlich von Gott geschenkt worden: „Die Menschen brauchen die zehn Gebote, um in Frieden und Freiheit zu leben.“ Moment mal... Von welchen zehn Geboten spricht das animierte Kind? Meint sie wirklich diese zehn Gebote?

Die zehn Gebote
Und Gott redete alle diese Worte und sprach:
Ich bin Jehova, dein Gott, der ich dich herausgeführt habe aus dem Lande Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft.
Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist.
Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifriger/eifernder Gott, der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied, die mich hassen; und tue Barmherzigkeit an vielen Tausenden, die mich liebhaben und meine Gebote halten.
Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.
Gedenke des Sabbattags, daß Du ihn heiligest. Tage sollst du arbeiten und alle dein Dinge beschicken; aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes; da sollst du kein Werk tun noch dein Sohn noch deine Tochter noch dein Knecht noch deine Magd noch dein Vieh noch dein Fremdling, der in deinen Toren ist.
Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn. Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß du lange lebest in dem Lande, daß dir der HERR, dein Gott, gibt.
Du sollst nicht töten.
Du sollst nicht ehebrechen.
Du sollst nicht stehlen.
Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Hauses. Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes, noch seines Knechtes noch seiner Magd, noch seines Ochsen noch seines Esels, noch alles, was dein Nächster hat.

Bei KI.KA tritt Gott in Gestalt einer dunklen Wolke auf und brennt mit einem Blitz die zehn Gebote in zwei Steine, welche Mose locker herunterträgt vom Berge Sinai. In „Wirklichkeit“ (so steht es in der Bibel, s.o.) sprach Gott jedoch mit Mose und erzählte ihm die ersten drei Gebote lang, wie er und seinesgleichen gefälligst mit ihrem neuen und einzigen Gott umzugehen haben. Aha! Von „Frieden“ oder „Freiheit“ keine Spur. Nach diesen ersten Geboten, die auf Religionszwang und Sippenhaft hinauslaufen, folgen ein paar einfache Regeln, wie jede Menschengruppe sie generieren würde, nachdem sie ein paar einschlägige Erfahrungen mit Unfairness gemacht hat. Zum Schluss geht es dann um die wirklich wichtigen Dinge, nämlich um die Besitztümer des Mannes: sein Weib, sein Knecht, seine Magd und sein Getier. Wirklich vorbildlich. Genau das, was in der heutigen Zeit fehlt: klare Verhältnisse mittels Herrschaft des Mannes und Unterwerfung unter denselben.

Doch dies erwähnt KI.KA nicht. Auch erfährt man nicht, dass der Mose der Bibel ein Mörder ist, der einen Ägypter erschlägt, weil dieser einen seiner hebräischen „Brüder“ schlug. Nicht einmal Gleiches mit Gleichem vergalt er, sondern Schläge mit Mord! Daraufhin will der Pharaoh Mose töten, also flieht dieser und heiratet in der Fremde eine junge Frau. Dies scheint ihn in Gottes Augen für die Aufgabe zu prädestinieren, sein, also Gottes (israelisches) Volk aus Ägypten in das Land zu führen, in dem Milch und Honig flössen. Alle weiteren Ausführungen zu Mose wie beispielsweise ein brennender Dornbusch, aus dem Gott spricht, lesen sich wie die Halluzinationen eines Mannes, der nicht ganz richtig im Kopf ist.

Interessanterweise erwähnt der Medienexperte Rosenstock im Interview, dass man auch als Nicht-Christ Kinofilme, Kinderbücher, Politik und vieles mehr nicht verstehen könne, “wenn man nicht die wichtigsten biblischen Geschichten kennt. Das ist noch wichtiger als die Grimmschen Märchen” – und setzt damit die biblischen Geschichten den Grimmschen Märchen gleich. Immerhin: Seine Aussage enthält mehr als ein Korn Wahrheit. Schließlich sind die gezeigten Bibelstellen nichts weiter als literarische Erfindungen von Menschen. Historisch gab es weder die Sintflut noch den Auszug der Israeliten aus Ägypten unter Mose, welche in der Bibel wie auch in der Serie Chi Rho auf KI.KA als reale Ereignisse beschrieben werden. Von Adam und Eva als ersten Menschen, welche aus einem „Erdenkloß“ (Adam) sowie aus dessen Rippe (Eva) geformt wurden, sprechenden Schlangen und einem Baum der Erkenntnis ganz zu schweigen.

Fazit

Weshalb man überhaupt auf derlei antiquierte Geschichtensammlungen von Wüstenbewohnern meint zurückgreifen zu müssen, um Kindern Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Respekt nahezubringen, bleibt auch nach der Durchsicht mehrerer Folgen unklar. Vor allem, da die reale Bibel diese drei durchaus anstrebenswerten Regeln des menschlichen Miteinanders eben gerade nicht propagiert. Auch nicht in den von KI.KA sowie den christlichen Kirchen präsentierten Bibelstellen. So ist es beispielsweise unlauter, Mose als Gutmenschen darzustellen und seinen Mord (sowie seine offensichtliche mentale Störung) zu unterschlagen. Zudem ist der Gott der Bibel meilenweit entfernt von einem „gütigen Gott“ – er ist geradezu ein Soziopath, der mit Mord und Ausrottungen ganzer Völker nicht geizt. Der die Botschaft verkündet: Glaube an mich, dann bist du ein elitärer Gutmensch und darfst/sollst/musst all jene töten, die nicht an mich glauben wollen. So steht es geschrieben.

In der Serie Chi Ro ist der Bösmensch schon verurteilt, sobald er ins Bild tritt, und ihm werden weder Nächstenliebe noch Barmherzigkeit noch Respekt zuteil. Eben so, wie wir es aus der Bibel und anderen archaischen Schriften der Menschheit kennen: Wer so ist wie ich, ist gut; wer anders ist, ist böse. Die schrecklichen Folgen dieser Denkungsart sind uns aus der Geschichte nur zu gut bekannt.

Halten wir fest: Die Bibelserie Chi Ro unterschreitet sämtliche pädagogischen Standards, die das Programm von KI.KA normalerweise auszeichnen. Die Kinder werden hier manipuliert, statt gebildet, ethisch desorientiert, statt zu ethischem Denken ermuntert. Eine solche Sendung gehört definitiv nicht ins öffentliche Fernsehen. Wenn die Kirchen meinen sollten, Kinderverblödung sei eine gute PR-Strategie, so sollten sie dafür ihre eigenen Kirchensender nutzen. Öffentliche Gelder sollten für derartige Vorhaben jedenfalls nicht bereitgestellt werden.
 

Fiona Lorenz
 

 

Weitere Infos zur Sendung

Die für den Weltmarkt produzierte Zeichentrickserie CHI RHO – Das Geheimnis ist eine deutsche Koproduktion zwischen der Cross Media Medienproduktion, dem Kinderkanal von ARD und ZDF, der Trickompany und der Beta Film. Den Titelsong "Zeig mir den Weg" singt das österreichische Popduo "Luttenberger*Klug".

Noch etwas: Begleitend zu CHI RHO – Das Geheimnis zeigt der KI.KA an den ersten drei Adventssonntagen die Reportagereihe Schnitzeljagd im Heiligen Land. In den jeweils 25-minütigen Beiträgen geht KI.KA-Moderator Ben gemeinsam mit Kindern aus Israel der Frage „Wo ist Gott?“ nach. Zu sehen ist die "faszinierende Reportage" ab 28. November immer sonntags um 16:50 Uhr im KI.KA.

Zur Chi Rho-Homepage geht es hier

Einzelne Folgen der Sendungen kann man sich hier zu Gemüte führen, wenn man will.