Erfolgreiche Frauen (ohne Frauenquote)Ein Blick auf die Situation von Männern
Auch Männer werden im Lebensverlauf und im Beruf vielfach aufgerieben und gedemütigt. Sie kämen bloß nie auf die Idee, diese Erfahrungen auf ihr Geschlecht zurückzuführen, obwohl sie gerade wegen ihres Geschlechts in manchen Situationen höher belastet werden und mehr Kränkungen erfahren als Frauen. Im Übrigen erreichen auch viele Männer, so sehr sie sich auch bemühen, nie die Chefetage.
Mathias Matussek (1998), der sich ansonsten durch proreligiöse Äußerungen hervortut, thematisiert in Geschlechterfragen wie Farrell die Machtverteilung zwischen Männern und Frauen auf eine andere als die gewohnte Weise: Er zeigt auf, wie mächtig Frauen werden können, wenn sie Mütter und Männer Väter werden und wie unterschiedlich die gleiche Handlung be- bzw. verurteilt wird, je nachdem, ob ein Mann oder eine Frau sie begeht: „Der Diskurs ist simpel: Eine Frau, die sich trennt, hat sich „emanzipiert“ und erfährt Stützung. Ein Mann, der weggeht, gilt dagegen als brutal und wird sozial geächtet.“ (4) Die Macht, die Frauen dadurch erlangen, dass sie Mütter werden, spiegelt sich, so Matussek, darin, dass sie ab Geburt finanziell versorgt sind, ob mit oder ohne Vater. Ein Kind ist für Frauen ein gesellschaftlich akzeptierter Grund, nicht arbeiten gehen zu müssen. Für Männer ist ein Kind dagegen ein Grund, erst Recht arbeiten gehen zu müssen.
Vorteile für Frauen
Katharina Rutschky (1999) vertritt die These, dass Frauen als die eigentlichen Gewinner der Modernisierung gelten könnten, wofür sich „im Bereich des Rechts, der Arbeitswelt, im Bildungswesen und der vielfach gesteigerten Lebensqualität, die zu einer merklichen Erhöhung der weiblichen Lebenserwartung geführt hat“, Indikatoren finden lassen.
Das Muttersein bringt der Mutter, so Herrad Schenk (1998) wiederum, einige Vorteile, nämlich der Verunsicherung und dem ständigen Leistungsdruck der männlichen Biographie auszuweichen. Ihrer Ansicht nach ist diese Situation historisch neu: Frauen müssen sich – wie Männer – heute individuelle Ziele setzen und ihr Leben selbst planen. Diese Veränderung wird, so Schenk weiter, „von vielen Frauen nicht nur positiv, als Befreiung, sondern auch negativ, als Verunsicherung und ständiger Leistungsdruck, erlebt.“ Dagegen besteht in der Mutterschaft die Chance, den alten Zustand des traditionellen Frauenlebens wieder herzustellen. (5) Auch Rutschky (1999) analysiert die Situation von Frauen und kommt zu dem Schluss, dass die Frauenbewegung einen systematischen Fehler gemacht hat, indem sie verkennt, dass „die Befriedigungen einer Existenz im zweiten Glied (...) so übel nie [Einschub: mit „nie“ übertreibt sie meines Erachtens] war und auch heute noch genügend Anhängerinnen findet. Abgesehen von der Beschwerdekultur [der Frauenbewegung, FL] mit ihren kurzfristigen Entlastungserlebnissen, hat sich in vielen Jahren nichts entwickelt, weder sozial noch ideell, was Frauen eine angemessene Verarbeitung ihrer Umstellungsprobleme erleichtern und ihrem begründeten Konservativismus abhelfen würde.“ (6)
Rutschky (1999) spricht an dieser Stelle von dem Widerspruch der Frauenbewegung, einerseits Geschlechtsunterschiede zu leugnen, andererseits aber sich „an die Frauen als das hilfs- und nachhilfebedürftige Geschlecht...“ zu klammern. (7) Farrell (1995) schreibt dazu: „Hat [die feministische Haltung] früher gesetzliche Diskriminierung aufgrund biologischer Unterschiede bekämpft, so betont sie heute die biologischen Unterschiede, wenn dadurch Frauenrechte gestärkt werden können.“ (8)
Farrell stellt ferner fest: Frauen fordern im Beruf mehr Rechte, sind aber nicht bereit, mehr Verpflichtungen im Sinne der Familienernährerin auf sich zu nehmen. Für Frauen, so Farrell, stellt Berufstätigkeit eine Option oder auch vorübergehende Notwendigkeit dar, für Männer nicht: „Wir stellen uns vor, dass Männer viele Wahlmöglichkeiten haben: Sie können Präsident werden, Astronauten etc. Alle diese Optionen sind in Wahrheit jedoch nur Untergliederungen einer Option: Geld zu verdienen.“ (9) Farrells Lösung besteht darin, dass beide Geschlechter nicht nur Rechte beanspruchen, sondern auch Verpflichtungen in den gleichen Bereichen übernehmen, Lasten gleich verteilen. (10)
Karriere strengt an!
„Wenn aber die Phantasie einer Karriere, die durch eigene Anstrengung zustande kommt, mit der Realität dessen kollidierte, was man für eine Karriere opfern muss, versagte sie.“ (11) Dem entspricht, so Farrell, „einer der größten Irrtümer der Frauenbewegung“, namentlich „den Arbeitsplatz mit `Macht´ und `Selbstverwirklichung´ gleichzusetzen. Arbeitgeber müssten die Leute nicht bezahlen, wenn sie ihnen Macht und Selbstverwirklichung bieten würden.“ (12)
Für Männer besteht tatsächlich eine weitaus größere Gefahr, Arbeitsunfälle zu erleiden (13) sowie anstrengendere (schwere Fabrikarbeit, Hochöfen), gefährlichere (Polizisten, Feuerwehrleute), unsympathischere (Schlächter, Jäger), abstoßendere (Müllverwerter), weniger heimatnahe (Fernfahrer), zeitraubendere (Ärzte, Politiker) und einsamere (naturwissenschaftliche Forschung) Berufe auszuüben, als für Frauen. (14) Andreas Hoffmann fasst zusammen: „Generell bieten typische Frauenberufe unbestreitbar bessere Arbeitsbedingungen als von Männern ausgeübte Tätigkeiten. (15)
Zu den Gründen, weshalb Frauen weniger verdienen als Männer, führt Hoffmann an, dass Frauen eher die sicheren, aber schlechter bezahlten Berufe wählen (s.o.), dass sie statt Geld eher nicht finanzielle Nebenleistungen in Anspruch nehmen wie bspw. flexible Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen oder Betriebskindergärten. Zudem sind Frauen in der Regel schlechter ausgebildet als Männer, besitzen damit weniger fachliche Qualifikationen und stellen insgesamt für Arbeitgeber ein größeres Risiko dar. Frauen arbeiten weniger Wochenstunden als Männer und leisten weniger Überstunden. Wäre es tatsächlich so, das Frauen auf Grund ihres Geschlechtes weniger verdienten als Männer, bestünde, so Hoffmann, kein Grund für einen Unternehmen, teure Männer einzustellen, wenn Frauen dieselbe Arbeit viel billiger machten. Indessen stellte die Europäische Union fest, dass „Frauen trotz der dargelegten eingeschränkten Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft im Vergleich zu Männern in fast jedem Beruf, den sie gemeinsam mit männlichen Kollegen ausüben, identisch bezahlt werden.“ (16)