DRESDEN. (hpd) Die Vorbereitungen zur Religionsfreien Zone in Dresden laufen auf Hochtouren. Die Pressearbeit von uns Organisatoren hat noch nicht begonnen. Trotzdem, kaum vergehen ein paar Tage, da nicht eine Anfrage für ein Interview in den elektronischen Postkasten flattert. Wunderbar!
Ein Kommentar von Sacha Hanig
So leicht hatten wir uns das nicht vorgestellt. Das Interesse an einem Event wie dem Kirchentag ist enorm; und wenn wir ehrlich sind, dann profitieren wir natürlich auch davon. Die Idee, eine Alternative zum protestantischen Klassentreffen der Superlative zu bieten, ist nicht neu, und in Dresden wollen wir sie eben maßgeblich als Parallele verstanden wissen.
Nach Stadtmagazinen, Radio und Fernsehen nun tatsächlich auch eine Anfrage von der ZEIT. Na, wenn das nichts ist! Freude konnte da nur von kurzer Dauer sein, denn leider war es auch das Interview. Kaum fünf Minuten wurde ich als Vertreter des Vereines gefragt, wie es denn um die Religionsfreie Zone stünde, wie man auf die Idee gekommen sei und was man eigentlich wolle. Tja, kurz gesagt: Alternativen zur Verfügung stellen, den Menschen mit religionslosen Weltanschauungen eine Insel bieten, denn die Stadt wird wohl in dieser Zeit zur Kirchenstadt gemacht… Und, naja, eben nicht der Kontrapunkt.
Dass 7,5 Millionen Euro öffentlicher Fördergelder von Stadt und Land nebst 400.000 Euro vom Bund und zusätzliche Reinigungskosten der Schulunterkünfte etc. zu viel sind und stark kritisierenswert, scheint in einem Jahr, da soziale Projekte in Dresden und Sachsen um ihr Überleben kämpfen, selbstverständlich.
Die Kirchentagsorganisatoren wollen eine „Protestantische Zeitansage“, ausgehend vom Kirchentag, in Politik und Gesellschaft. Selbst wenn sie dabei ebenfalls zeitgemäße Themen für sich entdecken, können sie nicht ernsthaft der Meinung sein, dass die konfessionsfreien Sachsen plötzlich niederknien. Es ist auch offiziell gar nicht ihr Anliegen. Der Kirchentag gibt sich weltoffen und pluralistisch, will angeblich nicht missionieren, und daher heißt es der Fairness halber ja auch erst einmal abwarten und beobachten. Ob keine Mission bei Gottesdiensten im öffentlichen Raum und Kirchenbänken in den Straßen tatsächlich möglich ist, bleibt dabei zweifelhaft. Die Erfahrungen anderer Kirchentage lehrt uns nämlich Anderes, aber wir sind mit einem Augenzwinkern provokativ, werden an den Stellen laut, wo wir es für nötig halten, füllen die Podien unserer Diskussionen mit Theologen und laden zu Diskurs und Auseinandersetzung.
Eigentlich dachte ich, dass auch Frau Juliane Schiemenz von der ZEIT diese Intention hätte verstehen müssen, denn immerhin habe ich mehrfach wortwörtlich betont, dass wir uns nicht als Gegenveranstaltung verstehen. Solcherlei Zuspitzungen sind oft in den Medien gewünscht, sagte ich ihr, aber bei aller Provokation, die die Diskussion in Gang bringen soll, wäre der Kontrapunkt nicht unser Anliegen.
Dass mich Frau Schiemenz in der gedruckten Osterausgabe der ZEIT in ihrem Artikel zum „Anführer der Gegenveranstaltung“ ausruft, “geschäftstüchtige Atheisten“ “Halleluja“ seufzen lässt und sarkastisch-süffisant “Protest den Protestanten“ verkündet, war nicht nur für mich eine Überraschung.
Welche Macht das geschriebene Wort haben kann und wie viele Menschen sich an Anführern (und noch dazu von “Gegenveranstaltungen“) stoßen, sollte mir jetzt bewusst werden. Auch habe ich so gelernt, dass eine Menge meiner Freunde und Bekannten ZEIT-Leser sind, wie ich einst vor noch einer Woche.
Noch nicht einmal meinen Namen konnte die Redakteurin richtig schreiben, soviel zur Rechercheleistung.
Ostern verbringen wir und viele andere Menschen nicht als christliches Fest. Wir feiern den Frühling, das Neuerwachen des Lebens, jede Knospe, jede Blüte, jeden Sonnenstrahl. Wir freuen uns an der Fruchtbarkeitssymbolik von Hase und Ei und lassen unsere Kinder kleine Süßigkeiten suchen. Wir sind im Freien unterwegs und atmen frische Frühlingsluft, wobei uns ans Kreuz geschlagene und wiederauferstandene Götter oder Menschen nicht interessieren. Wir leben hier und jetzt, im Diesseits, denn ein Jenseits gibt es für uns nicht. Wir sind der Welt zugewandt und nicht dem Himmel.
Das ist es, worum es geht. Und wer nicht damit leben kann, dass wir eben keine Rumpelstilzchen sind, die nur herum kritzeln, kritisieren und anderen in die Suppe spucken, der ruft uns zur Gegenveranstaltung aus… Schade nur, dass viele so unser Anliegen falsch verstehen müssen. Schade, dass auch die ZEIT zeitweise unseriös ist.