Bäcker, Verleger und das Leistungsschutzrecht

Leider muss man sagen, dass sie den Trend verschlafen haben. Mit der zunehmenden Bedeutung des Netzes brach den Zeitungen ein großer Teil der Werbekunden weg. Die haben nämlich die Chancen des Internets erkannt und werben - für weniger Geld - lieber dort. Werbung war immer eine der Haupteinnahmequellen für Verlage, ihr Verlust macht sich in den Absatzzahlen und Umsätzen schmerzhaft bemerkbar.

Statt nun zu handeln wie unser kluger Bäckermeister und nach Alleinstellungsmerkmalen zu suchen, brechen die Verleger nach dem Motto "das haben wir immer so gemacht" in Wehklagen aus. Statt auf die veränderte Situation mit einem Ausbau der Redaktionen und gesteigerter Qualität zu reagieren, entlassen sie massenhaft Leute. Bis auf einige wenige sind sie nicht bereit, das unternehmerische Risiko des Ausprobierens zu tragen und qualitativ hochwertigen Online-Journalismus einzuführen und zu fördern. Zwar gibt es mittlerweile von beinahe allen namhaften Printmedien eigene Online-Ausgaben, von den meisten Verlagen werden diese aber eher wie eine 'Zeitung zweiter Klasse' behandelt.

Der Journalist und Blogger Stefan Niggemeier z.B. hat an einem beliebigen Tag den Stern-online gelesen: „367 Artikel hat stern.de gestern veröffentlicht. Knapp 300 davon sind Agenturmeldungen, die vollautomatisch in den „Nachrichtenticker” von stern.de einfließen. Es verbleiben 76 Artikel.“

Um den signifikanten Rückgang der Erlöse aus der Werbung, die miese Behandlung von Journalisten und die Entlassung ganzer Redaktionen zu begründen, haben die Verleger ein Feindbild erkoren: Google. (Dann kommt eine Weile nichts, dann 'die Gratiskultur im Internet' und 'die Blogger'.)

Google stellt seinen Benutzern kleine Textschnipsel (Snippets) zur Verfügung und verlinkt auf den entsprechenden Beitrag. Im Bild unseres Bäckers würde das heißen, dass er durch Mundpropaganda neue Kunden bekommt.

Die Verleger behaupten nun aber, dass Google sich fremder Eigenleistungen bedient, um damit sehr viel Geld zu verdienen. Erfinderisch sind sie, das muss man ihnen lassen: Sie erfinden, passend zum Feindbild, das neue Geschäftsmodell Leistungsschutzrecht. Ein Entwurf, wie es aussehen soll, liegt bis dato nicht vor, es gibt nur Pressemitteilungen.

Profitieren werden die Abmahnkanzleien

DRadio Wissen fasst die Forderungen so zusammen: „Soll heißen: Texte von Zeitungen im Internet sollen für die Endnutzer zwar kostenlos bleiben, Nachrichtensammeldienste wie Google sollen jedoch dafür zahlen.“

Davon abgesehen: Will man nicht gleich mit Ausnahmeregelungen anfangen, werden auch Blogger nur noch kostenpflichtige Links auf Presseartikel setzen können. Umgekehrt werden viele Blogger sich auch weiterhin nicht wehren, wenn Verlage Texte bei ihnen klauen, weil sie die Anwaltskosten nicht tragen können. Profitieren werden mit Sicherheit spezialisierte Abmahnkanzleien:

„Problematisch ist allerdings die Abmahnpraxis einiger Anwaltskanzleien. Deshalb haben wir in der letzten Legislaturperiode eingeführt, dass bei einem erstmaligen Verstoß in einem einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung nicht mehr als 100 Euro für die Anwaltsgebühr erhoben werden darf.
Die Praxis zeigt, dass dies geholfen hat – es gibt aber leider immer noch zu viele Fälle, in denen Anwaltskanzleien geschäftsmäßig abmahnen.“
(Brigitte Zypries bei CARTA.info)