Papstbesuch für mehr als 50 Millionen

papst-pano-querf.jpg

Benedikt XVI. im Panoptikum in Hamburg (2007) / Foto © Evelin Frerk

BERLIN/ERFURT/FREIBURG. (hpd) In den vergangenen Wochen und Tagen liefen die Maschinen der medialen und baulichen Vorbereitungen für die Papstvisite im September bereits auf Hochtouren und offenbarten Eigenartiges, Auffallendes, Protokollarisches und Finanzielles. Dazu eine Übersicht. Teil 1.

Die Merkwürdigkeiten beginnen bereits mit der Frage, um was für einen Besuch oder was für eine Reise es sich bei der viertägigen ‚Stippvisite’ eigentlich handelt. Stippvisite ist dabei eine durchaus passende Bezeichnung, denn mit mehr als 30 Stationen, Treffen und Veranstaltungen in vier Tagen ist tatsächlich nur jeweils wenig Zeit, um einen Keks in den Kaffee zu ‚stippen’. Ist es nun ein Staatsbesuch? Dieser Meinung sollte doch zumindest das Bundespräsidialamt sein? Mitnichten.

Der Bundespräsident ist da nicht sehr eindeutig. Er schreibt nur von einem „offiziellen Besuch“ bzw. „Deutschland-Besuch“. Bundestagspräsident Lammert, der den Papst für eine Rede in den Bundestag eingeladen hat, spricht auch nur von einem „Besuch“. Er ist allerdings der Meinung, dass der Papst „auch Staatsoberhaupt des Vatikan“ sei. Die Bundeskanzlerin lässt nichts von einem Staatsbesuch verlauten.

Die Protokollchefin in Thüringen positioniert sich halbwegs eindeutig, es sei ein „Staatsbesuch (mit pastoralen Elementen)“. Nur Medien wie die FAZ oder die Mittelbayerische Zeitung und das katholische Kölner domradio schreiben über einen „offiziellen Staatsbesuch“. Wikipedia ist präziser. Dort schreiben die Autoren, dass „die Reise 2011 der erste offizielle Deutschlandbesuch und zugleich Staatsbesuch des Heiligen Stuhls“ sei. Inwiefern ein Heiliger Stuhl einen Staatsbesuch machen kann, das entbehrt zwar nicht einer gewissen Komik, soll aber anscheinend verdeutlichen, dass die Institution des Heiligen Stuhls, die durch den Papst personifiziert wird, auch nach dem Ende des Kirchenstaates in Mittelitalien (1870/71) von den Monarchien in Europa („Wir von Gottes Gnaden“) weiterhin als Völkerrechtssubjekt anerkannt worden war, um den Spionen und Gesandten des Papstes diplomatische Immunität zu gewährleisten. Der „Vatikanstaat“ wird durch den Heiligen Stuhl vertreten, denn der wiederum hat einen Beobachterstatus bei Internationalen Organisationen als NGO – Nichtregierungsorganisation -, ein Status, der für einen „Staat“ allerdings sehr eigenartig ist. Aber dazu passt es, dass der „Vatikanstaat“ Mitglied der Internationalen Postunion und des Internationales Rats für Getreide ist; ebenso in der Weltvereinigung der Ärzte und der Weltorganisation für Tourismus. Alles anscheinend staatstragende Organisationen.

Audienzen für Politiker und Verfassungsrichter

Das Programm der Apostolischen Reise von Papst Benedikt XVI., bringt dann Klarheit, denn die Deutsche Bischofskonferenz müsste am besten wissen, in welche Funktion ihr oberster Bischof unterwegs ist. Das ist es dann: eine Pastoralreise mit gelegentlichen Staatsgästen, denn die Bundeskanzlerin und die Bundesverfassungsrichter gehen zum Audienz gewährenden Papst, nicht andersherum. Die Bundeskanzlerin erhält Audienz im Gebäude der Deutschen Bischofskonferenz in Berlin, die Bundesverfassungsrichter im Priesterseminar in Freiburg.

Im Übrigen ist Prof. Dr. Joseph Ratzinger, ehemaliger Kardinal-Präfekt der Glaubenskongregation, gewählter Papst, von Politikern protokollarisch korrekt als „Eure Heiligkeit“ anzusprechen. Nur der Beginn hat eine gewisse staatliche Komponente, wenn der Gast Papst den Gastgeber Bundespräsident in dessen Amtssitz Schloss Bellevue aufsucht. Da sich diese politischen Termine aber auf nur rund drei Stunden in dem Viertageprogramm beschränken, ist es also eine Pastoralreise.

Erzbischof Zollitsch nennt den Papstbesuch ein „Jahrhundertereignis“. Für seinen Lobbyismus ist das sicherlich eine typische Werbe-Übertreibung, sachlich betrachtet hat der Mann entweder ein schlechtes Gedächtnis und weiß jetzt schon, was noch in den kommenden 89 Jahren alles so Nichtiges geschieht.

Es wird ein Medienereignis werden. Nach Papst Johannes Paul II. (am 25. April 1987) ist es das zweite Mal, dass ein Papst "Das Wort zum Sonntag" im Ersten Programm des deutschen Fernsehens spricht. Das wäre sicher ungewöhnlich, dass ein Staatsoberhaupt diese Worte in einer derartigen Sendung spricht.

Das ziemlich katholische Zweite Deutsche Fernsehen wird von allen Ereignissen täglich aktuell berichten, insgesamt rund 14 Stunden, und zur Einstimmung gibt dann vor dem Papstbesuch auf ZDF-History von Prof. Guido Knopp die Sondersendung „Seine Heiligkeit – Benedikt XVI.“

Wie teuer wird das ganze Event und wer bezahlt es?

Die Bischofskonferenz hat die finanziellen Aufwendungen der viertägigen Pastoralreise (Altäre aufbauen, Freiflächen für die Feldgottesdienste herrichten, Sanitäreinrichtungen, etc.) auf 25 bis 30 Mio. Euro beziffert, die von den drei Bistümern getragen werden. Freiburg und Erfurt jeweils rund 11 Mio. Euro, Berlin ca. 3,5 Mio. Euro. Ob das reichen wird, ist die Frage, aber nicht das Problem der Bevölkerung. Wie die katholische Kirche versichert, wird dafür keine der nationalen oder internationalen Programme der Kirche gekürzt, es wird aus dem Vermögen finanziert - was hinreichend vorhanden ist.

Es gehört aber zum üblichen Etikettenschwindel, dass die Kirche nur ihre eigenen Kosten nennt, zu den gleichzeitig anfallenden staatlichen Kosten und weiteren Aufwendungen aber höflich schweigt.

Kostenfinanzierung aus allgemeinen Steuergeldern

Bei den staatlichen Aufwendungen aus Steuergeldern anlässlich der Pastoralreise wird es dann mit den Informationen dürr. Kurz gesagt, die Schwaben in Stuttgart nennen haushälterisch korrekt die Summen der geplanten Gelder, die Berliner und Thüringer mauern und schweigen.

Das Land Baden-Württemberg hat 5 Mio. Euro bereitgestellt für Sicherheitsmaßnahmen und weitere 300.000 für Sanitäts- und Rettungspersonal. Die Stadt Freiburg hat 300.000 Euro für zusätzliche Aufwendungen zum Papstbesuch eingeplant. Das sind für Baden-Württemberg bereits 5,6 Mio. Euro. Nun hat die Deutsche Bahn aber überraschend Kapazitäten bei Baufirmen entdeckt und beispielsweise in Gottenheim werden die Bahnsteige des Bahnhofes verlängert, damit zum Papstbesuch erstmals mehrere Züge mit fünf Wagen eingesetzt werden können. Den Löwenanteil der Kosten trägt das Land, also werden es sicher mehr als 6 Mio. Euro werden.

Der Berliner Innensenator und die Berliner Polizei geben keinerlei Auskünfte (man habe noch keine Zahlen oder Schätzungen vorliegen und Kosten könne man schließlich immer erst dann benennen, wenn die Rechnungen vorliegen) und in Thüringen verweigert der Pressereferent des Innenministeriums, der zum Koordinator des Papstbesuches aufgestiegen sein soll, jede Auskunft. In diesen beiden überwiegend säkularen Bundesländern mit einem geringen Katholikenanteil genieren sich anscheinend die Politiker, Zahlen zu nennen - also muss wieder mal geschätzt werden.