Richard Sucker
Richard Sucker liest aus einem Brief vor: „Absender: Rummelsberger ...“ „ ... „AZ BR-C Dr. Günter Breitenbach“, Datum 13.12.2011
Sehr geehrter Herr Sucker, immer wieder denke ich an unser Gespräch in Nürnberg ... zurück. Dabei beschäftigt mich die finanzielle Frage.... biete ich Ihnen in Namen des Vorstandes der Rummelsberger .... ... eine einmalige Zahlung ... Sie können über die Summe von € 1.200 frei verfügen.“ Dann bleibt es still.
Als ehemaliges Heimkind war Richard Sucker sieben Jahre lang ein „Rummelsberger“ und das nicht aus freien Stücken. Er kam mit 13 Jahren in der Anstalt an und verließ sie mit 19 Jahren. 2011 nahm er Kontakt zu dem jetzigen Vorstandsvorsitzenden der Rummelsberger Anstalten der Inneren Mission E.V. , Dr. Günter Breitenbach, Pfarrer und Rektor der Rummelsberger Brüderschaft, auf und der kam Suckers Forderung nach, sich zu einem Gespräch mit ihm zu stellen.
Einmalzahlung von 1.200 Euro zur freien Verfügung
„Er hat mich 6 Wochen warten lassen, dann verabredeten wir uns für den 4. November 2011, 14 Uhr zu einem Treffen auf neutralem Boden in dem relativ großen Literatur-Café. Meine Forderung waren für 7 Jahre und, weil ich ja auch an den Sonntagen eingesperrt war, 365 Tage, also 2.920 Tage mit je einem Tagessatz von 46,00 Euro. Die Rummelsberger Anstalten bieten mir jetzt 45 Cent pro Tag.“
Als Rückblick: Im November 2009 wurde bekannt, dass die Rummelsberger Anstalten ihrem früheren Hauptgeschäftsführer Christian Tölken, der im Streit 2006 seinen Dienst quittiert hatte, als „goldenen Handschlag“ eine Abfindung von 450.000 Euro ausgezahlt haben.
Norbert Kipp
Norbert Kipp, am 30.08.1946 geboren, lebt in Hamburg und ist, so schreibt der Gutachter, nicht mehr in der Lage, ohne Hilfe im vollen Umfang seine Haushaltsführung zu bewältigen.
Kipp stellte im Juli 2011 einen "Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG)".
Der Antrag kam an.
Dem Antrag wurde entsprochen.
Die monatliche Rentenzahlung von Euro 5,75 wird Norbert Kipp erhalten.
Nachfragen bei der bearbeitenden Stelle wurde erst mit Kopfschütteln, und dass so etwas nicht möglich wäre, beantwortet.
Monatliche Rentenzahlung von Euro 5,75
Wir konnten eine Vollmacht vorlegen und bekamen Auskunft. Bei der Prüfung wurde klar: Der Bescheid entspricht der Gesetzeslage.
"Leistungen vor Inkrafttreten des OEG - (so ist es bei Norbert Kipp) werden bewilligt bei besonderen Härten" - Härten bezieht sich nur auf die finanzielle Situation, nicht auf das Erlebte. Das OEG gewährt kein Schmerzensgeld und Leistungen können auch von anderen Leistungsträgern erbracht werden. Diese müssen bei der Beurteilung der gewährten Leistung berücksichtigt werden.
Rente plus Leistung des ehemaligen Arbeitgebers, Grad der Schädigung, Grundrentenbetrag - genau wie es der Gesetzgeber in den Richtlinien und Tabellen vorschreibt - ergeben dann korrekt den monatlichen Rentenbezug nach dem OEG von Euro 5,75.
Am 8.4.1959, Norbert war 13 Jahre alt, wurde er ins Stefansstift Hannover eingeliefert. In den kommenden zwei Jahren wurde Norbert Kipp bis zu drei Mal wöchentlich sexuelle Gewalt angetan. Er informierte die Erzieher und erhielt das Privileg auf eine frische Unterhose und eine Spalttablette täglich. Schläge mit der Pferdepeitsche, unter dem Strahl eines Kaltwasser-Rohrs stehen zu müssen, die Namen seiner Peiniger, das alles ist in dem OEG-Antrag zu lesen, der nach Sachprüfung anerkannt wurde. Aber, leider, die Taten waren vor dem Inkrafttreten des Opferentschädigungsgesetzes verübt worden.
Ausblick
2011 geht zu Ende. Der Fonds zum Ausgleich von Folgeschäden, die auf die Heimerziehung zurückzuführen sind, ist ebenso wie der Rentenfonds entstanden. Bundesweit wurden und werden noch Anlaufstellen gegründet, Mitarbeiter gesucht, manche wurden auch schon geschult, es wurden Leitlinien erarbeitet, nach denen aus dem Fonds Leistungen fließen können. Wie arbeitet der Fonds, etc.? Darüber berichtet der hpd im Januar 2012.
Evelin Frerk