„Die meisten Feiertage sind ja religiös bedingt“

hpd: Wie soll es da also weitergehen?

Artus: Jetzt wieder einen Antrag in die Bürgerschaft einzubringen, halte ich für etwas unkreativ. Ich denke, dass es in der Gesellschaft erst noch einmal eine breitere Debatte über einen Feiertag für den 8. März geben muss. Das wird dann einhergehen mit der generellen Frage, wie viele Feiertage wir eigentlich brauchen und wofür wir sie brauchen. Der Diskussion möchte ich mich sehr gerne stellen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte um unsere Feiertage.

hpd: Nicht nur mit Blick auf den 8. März?

Artus: Ja, gerade in der letzten Woche hatten wir in der Bürgerschaft eine Diskussion über die Sonntage. Die FDP hatte beantragt, an weiteren 14 Sonntagen in Hamburg die Öffnung der Geschäfte zu erlauben. Damit war die FDP zwar völlig isoliert. Aber hier könnte man mit einer Debatte anknüpfen und sagen, dass wir mehr Tage brauchen, an denen wir innehalten können. Dafür brauchen wir natürlich ein gesellschaftliches Verständnis und ich finde den Frauentag als Anknüpfungspunkt sehr gut geeignet.

hpd: Inwiefern?

Artus: Wir haben uns zum 8. März wieder auf die Agenda gesetzt, erneut auf die Benachteiligungen von Frauen hinzuweisen. Wir müssen deutlich machen, dass wir mit bloßer Freiwilligkeit und Appellen keine Gleichstellung im beruflichen Bereich – bei der Bezahlung oder der Verteilung der Arbeit – soweit erreichen, dass wir nur annähernd dorthin kommen, wo wir gerne hinkommen wollen. Sogar hier in Deutschland, auch wenn es in anderen Ländern noch weitaus dramatischer aussieht.

hpd: Bliebe der Frauentag also weiter vorrangig ein Tag, um auf  Benachteiligungen aufmerksam zu machen oder gäbe es auch noch andere Inhalte?

Artus: Selbstverständlich, aber der Frauentag sollte auch ein Gedenktag sein. Es hat viele engagierte Frauen und Männer gegeben, die für Frauen- und damit auch Menschenrechte gekämpft haben. Und ich wünsche mir, dass an diesem 8. März auch dieser Menschen gedacht wird. Sie geraten ansonsten sehr schnell in Vergessenheit und viele wissen überhaupt nicht mehr, was etwa Clara Zetkin für die Frauen erreicht hat.

hpd: Aber es sollte eigentlich auch ein Feiertag sein.

Artus: Ich kann mir natürlich gut vorstellen, dass sich die Frauen zusammentun und gemeinsam einen schönen Tag machen. Ob das dann solche Saufgelage wie am sogenannten Herren- oder Vatertag werden müssen, weiß ich nicht. Aber ein Feiertag hat natürlich deshalb seinen Sinn, weil an diesem Tag die Arbeit ruht und man an diesem Tag etwas anderes machen kann.

hpd: Können Sie ein konkreteres Beispiel nennen?

Artus: Wir haben es im letzten Jahr gesehen, wo wir das Hamburger Rathaus am 8. März für unsere Veranstaltungen bekommen hatten. Wir beantragen mit dem Hamburger Frauenbündnis einen Bildungsurlaub und so gab es schließlich über 1.000 Frauen, die diesen Tag mit uns im Rathaus verbracht haben – in Workshops, Vorträgen und abends vielleicht noch bei einem Empfang oder auf einer Fete. So etwas ist nur an einem Feiertag möglich.

hpd: Das können Sie doch in jedem Jahr so machen.

Artus: Ich glaube nicht, dass Deutschlands Arbeitgeber den Frauen immer an diesem Tag freigeben werden. Also sollten die Frauen und Männer frei bekommen, um sich politisch oder kulturell zu betätigen oder eben auch nur Zeit für sich zu nehmen. Wir haben natürlich immer die Gefahr, dass der Sinn eines Feiertags in Vergessenheit gerät. Aber wenn es überhaupt keinen Feiertag gibt, geschieht das natürlich erst recht. Ich erinnere hier noch einmal an den 1. Mai, wo einerseits viele Feste stattfinden und andererseits die Gewerkschaften demonstrieren gehen. Ich mache das seit 27 Jahren.

hpd: Was werden Sie denn am 8. März in diesem Jahr machen?

Artus: Am Vormittag werde ich eine Betriebsratssitzung haben und am Nachmittag gehe ich mit den Schlecker-Frauen demonstrieren. Für diese Frauen fällt jeder zweite Arbeitsplatz weg und das betrifft wirklich eine der schon am stärksten von Armut betroffenen Gruppen, vor allem schlechter ausgebildete und ältere Frauen. Am Abend findet an der Hochschule für Wirtschaft und Politik noch eine Frauenveranstaltung statt, an der ich teilnehme.

hpd: Mit dem Feiern wird also wohl weniger was.

Artus: (lacht) In diesem Jahr leider noch nicht.

Die Fragen stellte Arik Platzek

 

Die Internetseite zur Initiative mit weiteren Informationen ist unter 8-maerz.de zu erreichen.