KASSEL. (hpd) Evolution bleibt ein spannendes Thema. Dass im Rahmen der Erforschung und der Vermittlung des Verständnisses der Evolution der Streit um die Rolle von „Schöpfern“ aber noch nicht vom Tisch ist, zeigte am vergangenen Donnerstag eine Diskussionsveranstaltung an der Universität Kassel.
Unter dem Veranstaltungstitel „Schöpfung contra Evolution?“ diskutierten Tom („Die Faust Gottes“) Kleffmann, Professor für Systematische Theologie in Kassel, und Professor Ulrich („The Evoluzzer“) Kutschera, Inhaber des Lehrstuhls für Pflanzenphysiologie und Evolutionsbiologie an der Universität Kassel, vor knapp 300 Gästen im fast bis auf den letzten Platz besetzten Hörsaal. „So voll hab’ ich den Saal noch nie gesehen“, stellten zum Beginn mehrere Besucher fest.
Organisiert worden war die zweistündige Diskussion vom gbs Kassel e.V., dem HVD Landesverband Hessen und dem Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie und Evolutionsbiologie im Rahmen eines Seminars zur Evolutionsbiologie.
Nach der Begrüßung durch einen Mitarbeiter am Lehrstuhl Kutscheras wurden die beiden beteiligten Organisationen durch die jeweiligen Vorsitzenden Carsten Werner (HVD Hessen) und Maria Grüning, Vorsitzende des gbs Kassel e.V., kurz dem sehr gemischten Publikum vorgestellt.
Zum Einstieg stellten dann die beiden Redner und Hauptdiskutanten ihre Thesen in kurzen Vorträgen vor. Der Theologe Kleffmann vertrat unter anderem die Position, dass eine Sicht der der Welt als Schöpfung und ein evolutionäres Verständnis der Wirklichkeit nicht im Widerspruch stünden, meinte aber auch, dass Naturwissenschaft und Theologie im Grunde nicht direkt miteinander kommunizieren könnten und die Philosophie als „Mittlerin“ benötigten.
Nachdem Kleffmann über die „Naturwissenschaft als Herausforderung des christlichen Schöpfungsbegriffs“ gesprochen hatte und der Evolutionsbiologe Kutschera über „Evolution ohne Schöpfung“ referierte hatte, war die Spannung des Publikums auf die im Anschluss stattfindende kurze, aber prägnante Diskussion zu den Aussagen und Standpunkten groß.
Dabei ergab sich eine gewisse Übereinkunft der beiden Redner beim Blick auf die jüngeren Lehren von Kreationisten und Anhänger des „Intelligent Design“, die als unsinnig abzulehnen seien. Bei der Feststellung, dass die dabei verbreiteten Meinungen und Ansichten seit vielen Jahren überholt seien, gab es Einigkeit. Mehr Diskussionen ergaben sich allerdings bezogen auf die Rolle eines Schöpfergottes, vor allem in Bezug auf die Naturwissenschaften und die heutigen, moderneren Weltbilder.
Kleffmann vertrat dabei die Auffassung, dass die Wissenschaft zwar mittlerweile im Allgemeinen näherungsweise sehr gut das „Wie“ der Naturgesetze und der Welt beschreibe, aber dass die Frage nach dem „Warum“ und „Woher“ trotzdem weiter durch die Theologie und Philosophie gestellt werden und zwangsläufig auf einen wie auch immer gearteten „Schöpfer“ hinauslaufen müssten.
Kutschera vertrat hingegen den Standpunkt, dass dieser „Schöpfer“, egal nach welcher Definition, aus sämtlichen Bereichen der Naturwissenschaften herauszuhalten sei.
Im Anschluss an diese Diskussion eröffnete der Moderator Wilfried Gärtner vom gbs Kassel e.V. dem Publikum die Möglichkeit, eigene Fragen an die Referenten zu stellen, was rege genutzt wurde und zu einigen interessanten und konstruktiven Beiträgen von allen Seiten führte.
Das Stimmungsbild, welches zum Abschluss der Diskussionen von Maria Grüning über ein Interesse des Publikums an der Wiederholung einer solchen Veranstaltung erhoben wurde, fiel sehr positiv aus. „Dieses Feedback zeigt“, so Grüning schließlich, „dass solche Diskussionen über den universitären und disziplinären Tellerrand hinaus gewollt sind und eine öffentliche Plattform benötigen.“
Damit diese Veranstaltung auch Menschen zugänglich gemacht werden kann, die nicht anwesend sein konnten, wurde sie filmisch dokumentiert. Zu sehen sein wird sie im Internet auf den Seiten des Arbeitskreises Evolutionsbiologie des Vbio und des gbs Kassel e.V.
Maria Grüning