Anthroposophie und Nationalsozialismus

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Rudolf Heß / Foto (Ausschnitt) Bundesarchiv

BOCHUM. (hpd/rb) Die Anthroposophie hatte als konkurrierende Weltanschauung erbitterte Gegner innerhalb des nationalsozialistischen Machtapparats. Sie fand aber auch zahlreiche einflussreiche Förderer und Unterstützer. Was machte die anthroposophischen Angebote aus Sicht ihrer nationalsozialistischen Unterstützer attraktiv? Gibt es eine Kontinuität vom „Dritten Reich“ bis in die Gegenwart?

Von Andreas Lichte.

Rudolf Heß, Unterstützer der Anthroposophie (rechts), mit Heinrich Himmler vor einem Modell des KZ Dachau, wo es einen biologisch-dynamischen Hof gab | Foto: Friedrich Franz Bauer, Deutsches Bundesarchiv. Lizenz: PD

„Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft“

Anthroposophen arbeiteten in allen für sie wichtigen Praxisfeldern mit nationalsozialistischen Organisationen zusammen, im Überblick:

  • Waldorfschulen: „Das Motto der Waldorfbewegung im 'Dritten Reich' lautete: 'Die Waldorfschulen erziehen zur Volksgemeinschaft.'(1) Ihrer Selbstdarstellung zufolge lieferte die anthroposophische Pädagogik einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des neuen Deutschlands durch 'die Pflege des völkischen Gedankens und die Betonung des Wesens und der Aufgaben des deutschen Geistes' und stand damit 'im Einklang mit der Grundgesinnung des nationalsozialistischen Staates‘(2).“(3)
  • Anthroposophische Medizin: „Die Vereinigung anthroposophischer Ärzte stellte eine Hauptstütze der NS-treuen ‚Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde' dar.“(4)
  • „Biologisch-dynamische“ Landwirtschaft: „1935 wurde der 'Reichsverband für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise' korporatives Mitglied der nationalsozialistischen 'Deutschen Gesellschaft für Lebensreform' (Motto: „Die Weltanschauung der Deutschen Lebensreformbewegung ist der Nationalsozialismus“).“(5)

Was machte die anthroposophischen Angebote für ihre nationalsozialistischen Unterstützer attraktiv?

Das „Dritte Reich“ strebte völlige Unabhängigkeit vom Ausland an, sowohl auf ideologischer, als auch auf wirtschaftlicher Ebene. Begründet auch durch die Erfahrung der britischen Seeblockade während des Ersten Weltkrieges, war die wirtschaftliche Unabhängigkeit – „Autarkie“ – Deutschlands ein übergeordnetes Ziel der Politik Adolf Hitlers: Produkte, die aufgrund der in Deutschland knappen Rohstoffe nicht oder nur unter großen Kosten hergestellt werden konnten, sollten ersetzt werden - eine Unabhängigkeit von Importen erreicht werden. Die Autarkie sollte einen hohen Lebensstandard, den sozialen Ausgleich, aber auch die militärische Schlagkraft sichern.

Autarkie Deutschlands: „Biologisch-dynamische“ Landwirtschaft

Hier bot die anthroposophische, „biologisch-dynamische“ Landwirtschaft eine Lösung an: Sie verzichtet auf industriell hergestellten Kunstdünger und Pestizide und setzt stattdessen verstärkt auf menschliche Arbeitskraft.

„Demeter“, die „Monatsschrift für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise“, stellte die NS-Bemühungen um Autarkie in der Landwirtschaft heraus. Artikel hießen beispielsweise: „Zurück zum Agrarstaat”, September 1933; „Beitrag zum Autarkieproblem”, August 1933. Ein Bericht der „Demeter“-Ausgabe vom Februar 1939 schloss: „So scheint mir denn die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise dafür vorbestimmt zu sein, die Forderung unserer Regierung zu erfüllen: ‚Ernährungsfreiheit des Deutschen Volkes auf Deutscher Scholle!‘”(6)

„In den ersten acht Jahren des „Dritten Reiches“ wuchs die biologisch-dynamische Bewegung stark an und genoss die Gunst vieler NS-Größen, etwa von Heß, Rosenberg, Ohlendorf, Baeumler, Wilhelm Frick und Robert Ley. Der biologisch-dynamische Landbau wurde in der nationalsozialistischen Presse mit auffallender Begeisterung gefeiert.“(7) „Das 'Dritte Reich' kann als die Zeit angesehen werden, in der die biologisch-dynamische Landwirtschaft ihre größte staatliche Unterstützung bekam.“(8)

„‘Demeter‘ feierte die militärischen Siege Deutschlands in den ersten Jahren des Zweiten Weltkrieges und lobte Hitler. Die Ausgabe vom September 1939 wurde mit folgender Erklärung eröffnet: ‚Die Stunde der Bewährung ist angebrochen! Der Führer hat die Verteidigung der Ehre und der Lebensrechte des deutschen Volkes übernommen.‘ Ein Jahr später hieß es: ‚Das soll unser Ziel und unsere hohe Aufgabe sein, gemeinsam mit unserem Führer Adolf Hitler für die Befreiung unseres lieben deutschen Vaterlandes zu kämpfen!‘“(9)

Die „biologisch-dynamische“ Landwirtschaft hatte für ihre Bejahung des deutschen Angriffskrieges neben der weit verbreiteten, anthroposophischen Kriegsbegeisterung – die Deutschen konnten nun ihre in anthroposophischer Deutung „für den Menschheitsfortschritt unabdingbare geistige, kosmische Sendung“(10) beweisen – wohl auch pragmatische Gründe: Mit dem Wachsen des unter deutschem Einfluss stehenden Gebiets wuchs auch die potentielle Anbaufläche für die „biologisch-dynamische“ Landwirtschaft:

„Seit Anfang des Krieges waren Anthroposophen an der Gestaltung und Durchführung von Siedlungsplänen im besetzten Osten unter Leitung der SS beteiligt. Schon im Oktober 1939 kooperierten Anthroposophen und SS an der Errichtung eines biologisch-dynamisch geführten Lehrguts auf einem enteigneten Hof in Posen, und auch nach 1941 wurde die Mitarbeit an verschiedenen Projekten weitergeführt, mit der Genehmigung Himmlers und unter Förderung von zwei hohen SS-Führern, Günther Pancke und Oswald Pohl.

Pancke, Chef des Rasse- und Siedlungshauptamts, hielt den biologisch-dynamischen Landbau für die einzig geeignete Wirtschaftsweise ‚für die zukünftigen Wehrbauern und Bauern im Osten‘.

Pohl war für das Netzwerk biologisch-dynamischer Höfe bei verschiedenen Konzentrationslagern zuständig, u. a. in Dachau (11) und Ravensbrück. Das Dachauer Gut wurde von dem Anthroposophen und SS-Offizier Franz Lippert beaufsichtigt, der vorher Obergärtner bei Weleda gewesen war. Die SS-eigenen biologisch-dynamischen Betriebe bestanden bis zum Kriegsende.“(12)

Ideologische Unabhängigkeit Deutschlands: Waldorfschulen

Leitbild der nationalsozialistischen Pädagogik war die „totale Erziehung“, die die „arische“ Jugend zu rassebewussten Volksgenossen formen, ihre jugendlichen Körper stählen (13), und zu überzeugten Nationalsozialisten erziehen sollte. Privatschulen mit eigenem Lehrplan und eigenen Zielen standen diesem Vorhaben im Wege, wurden von den Nationalsozialisten im Laufe der Zeit immer weiter zurückgedrängt und verboten.(14)

Vor diesem Hintergrund einer allgemeinen Ablehnung von Privatschulen ist zu bewerten, dass Rudolf Heß’ Adjutant Ernst Schulte-Strathaus den Erziehungsminister um eine Ausnahmeregelung für die Waldorfschulen ersuchte, die für den Nationalsozialismus besonders wertvoll und nicht wie andere Privatschulen zu behandeln seien.(15)

Schulte-Strathaus war überzeugt: „Die Ziele der Waldorf-Schulen decken sich in ihren Grundzügen mit den Forderungen des Führers für das Erziehungswesen. (…) Es müsste ein Weg gefunden werden, die in den Waldorf-Schulen aus deutschem Wesen erwachsene, planmäßig gegen materialistisches Denken und bloßen Intellektualismus gerichtete Erziehungsart bei der Neugestaltung des Erziehungswesens für die Sicherung des geistigen und seelischen Gehalts im Nationalsozialismus nutzbar zu machen. Das würde nicht so schwierig sein, weil die Grundgedanken der Waldorf-Schulen der Idee des Nationalsozialismus viel näher stehen als es bei einem oberflächlichen Überblick erscheinen mag.“(16)

Was sind die Grundgedanken der Waldorfschulen, die der Idee des Nationalsozialismus nahe standen?

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart vom Anthroposophen Emil Molt, Besitzer der „Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik“, als Betriebsschule gegründet. Molt beauftragte Rudolf Steiner (1861–1925) mit der pädagogischen Leitung der neuen „Waldorfschule“, diese war für ihn von Beginn an ein wirksames Instrument zur Verbreitung der von Steiner begründeten esoterischen Weltanschauung Anthroposophie.

Die Anthroposophie weist Parallelen zum völkischen Gedankengut auf. Im Mittelpunkt steht eine Mischung aus entschieden deutschbetonten Voraussetzungen und universalen Ansprüchen: Grundlegend ist ein emphatischer Begriff des „deutschen Geistes“ bzw. „deutschen Wesens“ und der gegenwärtigen sowie künftigen „deutschen Weltmission“(17) – die Anthroposophie kann als eine extreme, esoterische Auslegung des auch von den Nazis verwendeten Schlagworts, „am deutschen Wesen mag die Welt genesen“(18), angesehen werden.

Zentral für die Anthroposophie ist auch Steiners esoterische Rassenlehre. Der amerikanische Historiker Peter Staudenmaier (siehe „Credits“) erläutert: „Ausgehend von Blavatskys (19) entwicklungstheoretischem Ansatz baute Steiner eine Evolutionslehre der Völker- und Rassengruppen auf, wonach die menschliche Seele durch aufeinanderfolgende Verkörperungen in immer 'höheren' Rassen geistig wie leiblich fortschreitet. Diese Stufenleiter der Rassen steht im Mittelpunkt von Steiners esoterischem Verständnis der Gesamtentwicklung der Menschheit, vom Verhaftetsein in der Materie hin zur geistigen Vervollkommnung.“(20)

Endpunkt und Ziel der „Menschheitsentwickelung“ ist für Steiner die „weiße Rasse“. Folgende Aussage Steiners hat programmatischen Charakter: „Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.“(21) Steiner lehnte die Demokratie als Herrschaftsform ab, stattdessen sollten Hierarchie und Autorität „spirituell“ begründet sein.

Schulte-Strathaus hebt in seinem Ersuch für die Waldorfschulen hervor, dass die Erziehung der Waldorfschulen „gegen materialistisches Denken und bloßen Intellektualismus“ gerichtet sei. Schon das „25-Punkte-Programm“, das Parteiprogramm der NSDAP vom 24. Februar 1920, wendet sich gegen den vermeintlichen Feind „Materialismus“. In „Punkt 24“, wird dieser Feind als „jüdisch“ identifiziert: „(…) Sie [die NSDAP] bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist in und außer uns. (…)“

Auch hier waren Rudolf Steiner, seine Anthroposophie – und damit die Waldorfschulen – an die NS-Ideologie anschlussfähig: „Für Steiner war das Judentum ein spiritueller wie evolutionärer Anachronismus; das jüdische Volk hätte sich schon längst auflösen sollen.“(22) So sagt Rudolf Steiner: „Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte, dessen Folgen nicht ausbleiben konnten. Wir meinen hier nicht die Formen der jüdischen Religion alleine, wir meinen vorzüglich den Geist des Judentums, die jüdische Denkweise.“(23)

„In anthroposophischen Schriften wurden die Juden als Verkörperung von Materialismus, Intellektualismus, Egoismus, Rationalismus, Abstraktion, Zersetzung und Dekadenz dargestellt. Der Herausgeber der Zeitschrift ‚Anthroposophie‘ schrieb 1925: ‚Aber das Judentum wird heute täglich nervöser, auch geistig immer nervöser und aktiver; denn es fühlt sehr wohl, dass seine für die Weltlage unheilschwere Rolle ausgespielt ist und das Blatt sich zu wenden beginnt. (…) Das Judentum begräbt sich selbst als bestimmender Exponent der Zivilisation, der es viel zu lange gewesen ist. Zionismus und ähnliche Verstiegenheiten, an die kein vernünftiger Mensch glaubt, sind nur als Ausgeburten eines perniziösen Fieberzustandes zu verstehen, der sich aus allen Kräften gegen die andringende Vernichtung sträubt, ohne sie aufhalten zu können.‘(24)

Richard Karutz (25) erklärte 1929: 'Der Jude im Menschen ist der Feind' und verurteilte 'den gruppengebundenen, engherzigen, vergangenheitsstarren, totem Begriffswissen und totem Stoffe opfernden, weltmachthungrigen Geist des Judentums, der eben in jedem Menschen steckt'(26).“(27)

Dies ist nur eine kleine Auswahl an antisemitischen Positionen der Anthroposophie. Grundsätzliches stellte der italienische, auch noch im heutigen Deutschland verehrte Vorzeige-Anthroposoph Massimo Scaligero (28) (1906 – 1980) fest: Juden verkörpern „untermenschliche ahrimanische Kräfte“. „Ahriman“ steht in der Anthroposophie für „das Böse“, insbesondere ist Ahriman für den vernichtenden Einfluss des „Materialismus“ verantwortlich.

Mit dem Flug des „Stellvertreter des Führers“ Rudolf Heß nach England am 10. Mai 1941 verlor die Anthroposophie einen ihrer wichtigsten nationalsozialistischen Förderer. In der Folge musste auch die ‚von Rudolf Heß gedeckte‘ (29) Waldorfschule Dresden als letzte damals noch existierende Waldorfschule 1941 ihren Betrieb einstellen.

Bereits im November 1935 war die „Anthroposophische Gesellschaft“ von der Gestapo verboten worden, was aber wie oben ersichtlich keinesfalls ein Ende der erfolgreichen Zusammenarbeit von Anthroposophen mit nationalsozialistischen Organisationen bedeutete. Die Gründe für das Verbot waren vielfältig, ganz allgemein lässt sich feststellen, dass der anti-esoterische Flügel der NSDAP alle okkulten Gruppen, nicht nur die Anthroposophie, als staatsfeindlich einstufte.

Einen spezifisch anthroposophischen Hauptgrund nennt Peter Staudenmaier: „(…) das 'Deutschtum' [der Anthroposophie] (…), war ein Faktor, der besonders die anti-okkulte Interessengruppe in den Nazi-Geheimdiensten irritierte, die manchmal die Anthroposophie gerade wegen ihrer ostentativ germanozentrischen Ansprüche verurteilte.“(30)

Wie wahnhaft das anthroposophische „Deutschtum“ war, wird beispielsweise im von der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) als „zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend“ eingestuften Buch von Rudolf Steiner „Die Mission einzelner Volksseelen – im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie“ deutlich, der Titel ist Programm.

Kontinuität bis in die Gegenwart: Atlantis und die Rassen

„Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus, schrieb Karutz 1934, 'gewinnt man auch die positive Einstellung zur Rasse wieder, die unter dem wissenschaftlichen Materialismus verlorengegangen war'(31): 'Die nationalsozialistische Völker- und Rassenpolitik ist in der geistigen Wirklichkeit verankert.' (32)
Um die Zusammengehörigkeit von anthroposophischer und nationalsozialistischer Rassenlehre zu dokumentieren, zitierte er Steiner und Hitler nebeneinander als Beweis, 'dass sich hierin die auf Blut, Boden und Vererbung aufgebaute Weltanschauung des Dritten Deutschen Reiches und die Geisteswissenschaft nicht widersprechen‘(33).
Karutz erklärte: 'Der Nationalsozialismus ist, vielen unbewusst, tatsächlich eine geistige Bewegung, Rassenbildung und Rassenschichtung in Europa gehen tatsächlich bis in jene atlantischen Zeiten zurück, von denen Rudolf Steiner spricht.'(34)“(35) – und von denen auch noch in der Gegenwart „gesprochen“ wird, in Waldorfschulen, wenn „Atlantis“ und die darauf folgenden anthroposophischen „Kulturepochen“(36) unterrichtet werden. Die Kultusministerien und Schulaufsichten scheinen sich nicht dafür zu interessieren, wenn damit in Waldorfschulen Rassismus in „kindgerechter Form“ vermittelt wird – und die Eltern?

O-Ton aus dem 45-minütigen TV-Feature des SWR, „Betrifft: Wie gut sind Waldorfschulen?“:

„Mutter: 'Also ich bin noch nie über irgendwelche Inhalte gestolpert, die mich irritiert hätten, ist mir nicht passiert.'

SWR: 'Aber uns. Als wir in Julias alten Epochenheften graben, finden wir ein Geschichtsheft, das doch tatsächlich mit der Beschreibung von Atlantis beginnt …'“

Credits: Die Darstellung der Geschichte der Anthroposophie im Verhältnis zum Nationalsozialismus ist eine Kurzzusammenfassung der Forschung von Peter Staudenmaier, seit August 2011 Professor für „Modern German History“ an der Marquette University.
Haupt-Quelle ist Peter Staudenmaiers Beitrag: „Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus“, in: Uwe Puschner/Clemens Vollnhals (Hrsg.), „Die völkisch-religiöse Bewegung im Nationalsozialismus. Eine Beziehungs- und Konfliktgeschichte“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2012.
Die Darstellung wurde von Peter Staudenmaier durchgesehen.

Erstveröffentlichung bei den Ruhrbaronen.

Weiterführende Artikel der Ruhrbarone:

Hitler, Steiner, Mussolini – Anthroposophie und Faschismus, gestern und heute

3 Jahre Rudolf Steiner ist „zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen“ – die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) entschied, dass Bücher Rudolf Steiners rassistischen Inhalt haben.

Waldorfschule: Dr. Detlef Hardorp verkauft Rudolf Steiners Rassismus als Multikulti

Waldiwissenschaft: Lorenzo Ravagli an der Privatuniversität Witten/Herdecke – über die Umdeutung von Rudolf Steiners Rassismus in Humanismus

Kann Celia Schönstedt kein Französisch? Französisch und die Waldorfschule …– die Pressesprecherin beim „Bund der Freien Waldorfschulen“ wurde nach einer Stellungnahme zu Rudolf Steiners Frankophobie und Rassismus gefragt.

Anmerkungen
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(1) Vgl. z. B. Bund der Waldorfschulen, „Wesen und Aufgaben der Waldorfschulen“ vom 2.3.1935 (BArch, R 4901, Nr. 2519, Bl. 243).
(2) (ebd., Bl. 255)
(3) Peter Staudenmaier, „Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus“, in:
Uwe Puschner/Clemens Vollnhals (Hrsg.), „Die völkisch-religiöse Bewegung im Nationalsozialismus. Eine Beziehungs- und Konfliktgeschichte“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2012, Seite 482
„Der deutsche Geist am Scheideweg: Anthroposophen in Auseinandersetzung mit völkischer Bewegung und Nationalsozialismus“ im Folgenden abgekürzt als „Staudenmaier“
(4) Staudenmaier, Seite 481
(5) Staudenmaier, Seite 489. Weiter Staudenmaier: „Mit Bartsch und seinem Kollegen Franz Dreidax wurden zwei prominente Anthroposophen in den Führerrat der Gesellschaft aufgenommen. Anthroposophische Beiträge erschienen regelmäßig in der Zeitschrift »Leib und Leben« der Gesellschaft. Bartsch konnte 1937 zutreffend behaupten, »dass sich die führenden Männer der Demeter-Bewegung rückhaltlos mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen dem nationalsozialistischen Deutschland zur Verfügung gestellt haben«.“
(6) Peter Staudenmaier, „Between occultism and fascism: Anthroposophy and the politics of race and nation in Germany and Italy, 1900-1945“, Dissertation, Cornell University, August 2010, Seite 230
„Between occultism and fascism: Anthroposophy and the politics of race and nation in Germany and Italy, 1900-1945“ im Folgenden abgekürzt als „Dissertation-Staudenmaier“
(7) Staudenmaier, Seite 489
(8) Dissertation-Staudenmaier, Seite 250: „Indeed the Third Reich can be seen as the time when biodynamic agriculture received its most significant levels of state support and achieved its most impressive status among high officials.“ Dazu die erläuternde Fußnote 257: „Retrospective anthroposophical accounts sometimes obliquely acknowledge this, noting for example the considerable increase in biodynamic production during the Nazi era. Wilhelm zur Linden, chairman of the »Verein zur Förderung der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise« in Berlin and a close associate of Bartsch, claims that there were 2000 biodynamic farms and gardens in Germany by 1940 (zur Linden, »Blick durchs Prisma«, 247). Such figures are difficult to verify, but the annual reports of the »Reichsverband für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise« do indicate a steady rise in activity and confidence from 1933 onward. Other post-war anthroposophical claims can be confirmed through archival evidence, such as Demeter supplying the Rudolf Hess Hospital with biodynamic products; see the 1934 RVBDW »Geschäftsbericht«, BA R58/6197/1: 192. These achievements were not always attributed to cooperation between anthroposophists and Nazis; Werner, »Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus«, 362, quotes the head of Weleda crediting supernatural forces for preserving the enterprise intact throughout the entire Nazi period.“
Vergleiche auch: Gunter Vogt, „Ökologischer Landbau im Dritten Reich“, in: „Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie“, Nr. 48, (2000), Seite 161-80
(9) Staudenmaier, Seite 484
(10) vergleiche Staudenmaier, Seite 485-86
(11) Im KZ-Dachau führte der ehemalige Waldorfschüler und SS-Arzt Sigmund Rascher geplant tödlich verlaufende Menschenversuche an KZ-Insassen durch. Die anthroposophische Firma „Weleda“ versorgte Rascher mit Materialien für seine Menschenversuche (vergleiche Dissertation-Staudenmaier, Seite 251).
Folgendes mag die besondere Grausamkeit Raschers verdeutlichen (Zusammenfassung von Wikipedia): Rascher führte im KZ-Dachau u. a. „Unterkühlungsversuche“ durch. Für diese Versuche ließ man Versuchspersonen nackt 9–14 Stunden bei Eiseskälte im Freien stehen, deren Körpertemperatur dabei auf 27 °C absank. Als der Winter sich dem Ende zuneigte, bat Rascher Himmler um Versetzung nach Auschwitz, da es dort kälter sei. Auch sei das Gelände größer, so dass dort weniger Aufsehen erregt werde. „Die Versuchspersonen brüllen, wenn sie frieren,“ schrieb Rascher …
(12) Staudenmaier, Seite 489-90
(13) Adolf Hitler: „(…) der deutsche Junge der Zukunft muß schlank und rank sein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl. Wir müssen einen neuen Menschen erziehen, auf daß unser Volk nicht an den Degenerationserscheinungen der Zeit zugrunde geht.“
Adolf Hitler am 14. September 1935, „Der Parteitag der Freiheit vom 10. bis 16. September 1935“. Offizieller Bericht über den Verlauf des Reichsparteitages mit sämtlichen Kongressreden, München 1935, S. 183
(14) In Hamburg mussten beispielsweise 1939 alle Privatschulen ihre Tätigkeit einstellen, siehe: „Konsolidierung der nationalsozialistischen Schule 1933–1939“, aus: Uwe Schmidt „Hamburger Schulen im »Dritten Reich«“, Seite 269f.:
„Privatschulen hatten in Hamburg und seinen 1937 eingemeindeten Nachbarstädten und Nachbargemeinden eine lange Tradition. Bis zur Begründung eines staatlichen hamburgischen Schulwesens 1870 waren sie für Hamburg die Normalform von Schule, während im benachbarten Altona bereits seit 1823 neben einem privaten Schulwesen acht kommunal finanzierte Stadtschulen, »gehobene Volksschulen« mit sechs aufsteigenden Klassen, bestanden. Von den um 1870 in Altona noch bestehenden 54 Privatschulen wurden die letzten 1924 aus finanziellen Gründen geschlossen, wogegen in Hamburg die Zahl privat betriebener allgemeinbildender Schulen zwar kontinuierlich zurückging, Privatschulen aber bis 1939 weiterhin existierten. Von über 200 staatlich anerkannten Privatschulen einschließlich der Konfessionsschulen und der jüdischen Schulen waren bis etwa 1900 bereits 172 aus den verschiedensten Gründen eingegangen. In den Jahren 1936/37 stellten sechs, zu Ostern 1938 sechs weitere Privatschulen ihren Unterrichtsbetrieb ein. Damit war das hamburgische Privatschulwesen, das 1925 noch – ohne die katholischen Gemeindeschulen und die jüdischen Schulen – 42 allgemeinbildende Anstalten umfasst hatte, auf 18 zusammengeschmolzen, die 1939 ihre Tätigkeit einstellen mussten.“
(15) Schulte-Strathaus an Bernhard Rust vom 8.3.1935 (BArch, R 4901, Nr. 2519, Bl. 238–240)
(16) Schulte-Strathaus, Bericht an den Stellvertreter des Führers über die Waldorf-Schulen vom 14.5.1934 (BArch, R 4901, Nr. 2519, Bl. 43–45)
(17) freie Wiedergabe von Staudenmaier, Seite 474
(18) aus dem Gedicht „Deutschlands Beruf“, 1861, von Franz Emanuel August Geibel (1815 – 1884).
(19) Helena Petrovna Blavatsky (1831 – 1891), begründete die esoterische Weltanschauung „Theosophie“, deren rassistisches Konzept der „Wurzelrassen“ Rudolf Steiner übernahm und weiterentwickelte.
(20) Peter Staudenmaier im Interview: „Anthroposophie und Faschismus“, „Humanistischer Pressedienst“, Nr. 13507, 07.06.2012
vergleiche zu Rudolf Steiners Rassismus auch die ausführlichen Zitate des Historikers Helmut Zander bei: Andreas Lichte, „Hitler, Steiner, Mussolini – Anthroposophie und Faschismus, gestern und heute“, „Ruhrbarone“, 24.2.2012
(21) Rudolf Steiner, „Vom Leben des Menschen und der Erde – Über das Wesen des Christentums“, GA 349, Dritter Vortrag, Dornach, 3. März 1923
In diesem Vortrag wird die Wahnhaftigkeit von Steiners Rassismus deutlich, die Lektüre sei dringend empfohlen. Ein Beispiel, Zitat Rudolf Steiner: „So daß also ein Schwarzer in Afrika ein Mensch ist, der möglichst viel Wärme und Licht vom Weltenraum aufsaugt und in sich verarbeitet. Dadurch, daß er das tut, wirken über den ganzen Menschen hin die Kräfte des Weltenalls so. (Es wird gezeichnet.) Überall nimmt er Licht und Wärme auf, überall. Das verarbeitet er in sich selber. Da muß etwas da sein, was ihm hilft bei diesem Verarbeiten. Nun, sehen Sie, das, was ihm da hilft beim Verarbeiten, das ist namentlich sein Hinterhirn. Beim Neger ist daher das Hinterhirn besonders ausgebildet. Das geht durch das Rückenmark. Und das kann alles das, was da im Menschen ist an Licht und Wärme, verarbeiten. Daher ist beim Neger namentlich alles das, was mit dem Körper und mit dem Stoffwechsel zusammen hängt, lebhaft ausgebildet. Er hat, wie man sagt, ein starkes Triebleben, Instinktleben. Der Neger hat also ein starkes Triebleben. Und weil er eigentlich das Sonnige, Licht und Wärme, da an der Körperoberfläche in seiner Haut hat, geht sein ganzer Stoffwechsel so vor sich, wie wenn in seinem Innern von der Sonne selber gekocht würde. Daher kommt sein Triebleben. Im Neger wird da drinnen fortwährend richtig gekocht, und dasjenige, was dieses Feuer schürt, das ist das Hinterhirn.“
(22) Staudenmaier, Seite 487. Vergleiche Peter Staudenmaier, „Rudolf Steiner and the Jewish Question“. In: „Leo Baeck Institute Year Book, 50“ (2005), S. 127–147
(23) Rudolf Steiner, „Gesammelte Aufsätze zur Literatur“, GA 32, Seite 152f.
(24) Kurt Piper, „Martin Buber und das Chaos“. In: „Anthroposophie“ vom 22.2.1925, Seite 29–31, hier 30
(25) Richard Karutz (1867 – 1945): Arzt, „Völkerkundler“, Rassist – Anthroposoph. Eine beschönigende Biographie findet sich bei der anthroposophischen „Forschungsstelle Kulturimpuls“, vergleiche Fussnote 28
(26) Richard Karutz, „Von Goethe zur Völkerkunde der Zukunft“, Stuttgart 1929, Seite 57
(27) Staudenmaier, Seite 487
(28) eine ausführliche Darstellung des Anthroposophen und Faschisten Massimo Scaligero bei: Andreas Lichte, „Hitler, Steiner, Mussolini – Anthroposophie und Faschismus, gestern und heute“, „Ruhrbarone“, 24.2.2012
Der Anthroposoph Uwe Werner war nicht bereit, eine Stellungnahme zur von der anthroposophischen „Forschungsstelle Kulturimpuls“ veröffentlichten Biographie Massimo Scaligeros abzugeben. In dieser Biographie wurde Scaligeros faschistischer und antisemitischer Hintergrund verschwiegen.
(29) vergleiche: Helmut Zander, „Anthroposophie in Deutschland – Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2007, Seite 1380f.
und allgemein: Achim Leschinsky, „Waldorfschulen im Nationalsozialismus“, in: „Neue Sammlung: Zeitschrift für Erziehung und Gesellschaft“, Nr. 23 (1983), Seite 255-78
(30) Peter Staudenmaier, bei: „waldorf-critics“, message 23563, Sat Mar 31, 2012 12:32 am
(31) Richard Karutz, „Rassenfragen“, Stuttgart 1934, Seite 38
(32) Ebd., Seite 32
(33) Ebd., Seite 63
(34) Richard Karutz, „Gesellschaftliches Leben. Vorlesungen über moralische Völkerkunde“, Stuttgart 1934, Seite 5
(35) Staudenmaier, Seite 487
(36) Nach anthroposophischer Geschichtsschreibung leben wir heute in der „Fünften nachatlantischen Kulturepoche“ (1413 – 3573 n. Chr.). An der Verwendung des Begriffs „nachatlantisch“ lässt sich die zentrale Bedeutung des anthroposophischen Atlantis-Mythos erkennen: Ohne Atlantis könnte es nach anthroposophischer Auffassung die Menschheit in ihrer heutigen Form gar nicht geben – Atlantis ist für die Anthroposophie eine historische Tatsache.