ASCHAFFENBURG. (hpd) Soeben erschienen ist MIZ 2/12. Ein längerer Artikel befasst sich mit der Convention der Atheist Alliance International (AAI) in Köln und auch ansonsten geht es in mehreren Artikeln um transnationalen Atheismus sowie um religiöse Diskriminierung.
In ihrem Editorial stellt Nicole Thies die Frage nach der „kollektiven Identität“ der international agierenden atheistischen Bewegung: „Was bringt sie zusammen und was hält sie zusammen?“. Bei aller Heterogenität stellt die MIZ-Redakteurin fest, dass es nicht nur ein gemeinsames Selbstverständnis gebe, sondern auch übereinstimmende politische Ziele: den Widerstand gegen „etablierte, religiöse, antiemanzipatorische Strukturen sowie deren Diskriminierungsformen“. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die „kollektive Identität“ dann als „kollektiver Akteur“ auftreten und gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen.
Die Kölner Konferenz lässt Heike Jackler Revue passieren. Sie fasst einige zentrale Beiträge kurz zusammen, arbeitet widersprüchliche Einschätzungen heraus (z.B. ob in den USA die katholische Kirche größeren Einfluss auf die Politik nimmt oder die evangelikalen Gruppierungen) und versucht, die Atmosphäre der Veranstaltung einzufangen. Eine Kernbotschaft gleich mehrerer Referate erscheint trivial und eröffnet dennoch Handlungsperspektiven: Bildung ist der wohl wichtigste Hebel gegen die Macht der religiösen Organisationen, solange sie deren Einfluss entzogen ist.
Kurz zuvor hatte eine AAI-Konferenz in Manila stattgefunden, die Matthias Krause besucht hat. Seinen Bericht rahmt er ein mit Informationen zur Situation organisierter Atheisten im „christlichsten Land der Welt“. Dabei zeigt sich, dass der Kampf für Weltanschaungsfreiheit und ein selbstbestimmtes Leben eben kein „westliches“ Phänomen ist, sondern wohl eher aus einem menschlichen Grundbedürfnis resultiert: dem Wunsch nach Freiheit.
Vervollständigt wird der Schwerpunkt durch einen knappen Überblick über einige Fälle von Verfolgung von Atheisten – darunter an erster Stelle Alexander Aan, der in Indonesien für die Aussage „God doesn’t exist“ zweieinhalb Jahre Gefängnis aufgebrummt bekommen hat. Dazu werden zumeist die nationalen Blasphemie-Paragraphen herangezogen. Zwar stammen sämtliche Beispiele aus mehrheitlich islamischen Ländern, doch ist das Thema nicht erst seit Martin Mosebachs unverblümt geäußertem Wunsch, dass endlich auch Deutschland sich am Umgang des Islam mit Renegaten und frechen Spöttern orientieren möge, in Europa angekommen.
Religiöses Sonderrecht und gerichtlich gestütztes Unrecht
Im Rahmen der Kampagne gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz (GerDiA) wird derzeit von Corinna Gekeler eine Studie über die Folgen der „Loyalitätsobliegenheiten“ von Dienstnehmern in kirchlichen Einrichtungen erstellt. Im Interview erläutert sie ihre Vorgehensweise und gibt an, zu welchen Punkten sie noch Input gebrauchen könnte.
Am kirchlichen Sonderarbeitsrecht wird gerade diskutiert, inwiefern es zurückgefahren werden kann. Hinsichtlich der Scharia geht die Diskussion in eine ganz andere Richtung: Inwieweit soll zukünftig Islamisches Recht in Deutschland in bestimmten Fällen zur Anwendung kommen? Roland Ebert gibt einen Überblick über den Stand der Debatte.
Ein besonders empörender Fall der Diskriminierung von Konfessionslosen wird aus Monschau berichtet. Dort hat das Familiengericht entschieden, dass zwei konfessionslose angehende Erstklässler den Religionsunterricht wie auch den Schulgottesdienst besuchen müssen. Als Begründung führte Amtsgerichtsdirektor Robert Plastrotmann an, dass eine „Nichtteilnahme“ das Kindeswohl gefährden und die Integration der Kinder in den Klassenverband erschweren könne.
Salafismus, Kirchenfinanzen, katholische Ärzte & Lebensschützer
Vor dem Hintergrund der Ausschreitungen von Salafisten bei Wahlkampfveranstaltungen von Pro NRW nimmt Klaus Blees diese Spielart des islamischen Fundamentalismus in den Blick. Er kritisiert einen verharmlosenden Gewaltbegriff der Sicherheitsbehörden und kommt zu dem Fazit, dass aus emanzipatorischer Perspektive Rechtspopulismus à la Pro NRW und Salafismus als zwei Varianten des Rechtsextremismus angesehen und bekämpft werden sollten.
Im September wird ein neues Buch von Carsten Frerk (zusammen mit Christoph Baumgarten) zu kirchlichen Finanzen erscheinen – diesmal in Österreich. Für MIZ hat der Autor vorab einen Problemaufriss gegeben und dargestellt, welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede im Vergleich zu Deutschland zu verzeichnen sind.
Auf dem Katholikentag fiel der Bund katholischer Ärzte durch homophobe Aussagen auf. Pascale Müller hat sich Personal und Positionen der Organisation genauer angesehen. Und Kirsten Achtelik gibt einen kurzen Hinweis auf die für den 22. September geplante Lebensschützer-Demonstration in Berlin und die zahlreichen Gegenaktionen.
Neu hinzugekommen ist dieses Jahr die Rubrik „Neulich...“. Diesmal nimmt Daniela Wakonigg die „Prayerbox“ auf Korn. Daneben gibt es Berichte über säkulare Veranstaltungen und Webseiten, Buchbesprechungen sowie die Internationale Rundschau mit einschlägigen Kurzmeldungen aus aller Welt.
Martin Bauer
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