Unterstützung für alternativen Gesetzentwurf

(hpd/gbs) Über 50 Abgeordnete aus den Bundestagsfraktionen der SPD, der Grünen und der Linken haben einen Gesetzentwurf zur Regelung der Knabenbeschneidung als Alternative zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgelegt.

Dieser Entwurf stellt einen abgewogenen Kompromiss zwischen einem vollständigen Verbot der Beschneidung minderjähriger männlicher Kinder und einer umfassenden Legalisierung, wie sie von der Bundesregierung vorgesehen ist, dar. Der Kompromiss ist geeignet, den Rechtsfrieden in dieser Angelegenheit wiederherzustellen und gibt den Betroffenen, um deren Vorhaut es geht, ein starkes Bestimmungsrecht.

Erst ab dem Alter von 14 Jahren sollen Beschneidungen zulässig sein, und zwar nur dann, wenn der Betroffene ausdrücklich zustimmt und er außerdem bezüglich der Beschneidung und ihrer möglichen Folgen einsichts- und urteilsfähig ist. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Prüfung der Einsichts- und Urteilsfähigkeit erfordert eine genaue Erörterung auch der Bedeutung der Vorhautentfernung in medizinischer, sexueller und religiöser Hinsicht mit dem Betroffenen. Diese Erörterung wird zu dokumentieren sein; ist sie fehlerhaft gewesen, führt dies zu späteren Schadensersatzansprüchen. Schon dies ist eine Gewähr dafür, dass die handelnden Ärzte – wenn sie denn diese Überprüfung vornehmen sollten – sorgfältig arbeiten werden. Darüber hinaus hat der betroffene Knabe im Alter von 14 Jahren bereits Erfahrungen einer Sexualität mit vorhandener Vorhaut machen können. Auch dies wird bei seiner Zustimmungsentscheidung eine nicht unmaßgebliche Rolle spielen. 

Bei einer Verabschiedung dieses Entwurfs im Bundestag wird es ausgeschlossen sein, dass dem Knaben über seinen Kopf hinweg – lediglich aufgrund elterlicher Anordnung – ein gesunder und funktionsfähiger, aber auch für seine Sexualität wichtiger Körperteil unwiederbringlich entfernt wird. Von wesentlicher Bedeutung ist, dass der Alternativentwurf in vorbildlicher Weise die Stellung des Betroffenen gestärkt hat: ohne ihn geht gar nichts. Da können die Eltern noch so sehr wollen, wie sie mögen.

Durch die Regelung, dass die Beschneidung nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorzunehmen ist und zwar ausschließlich von einem Arzt, der zudem die Befähigung zum Facharzt für Kinderchirurgie oder Urologie besitzen muss, wird darüber hinaus ein hoher medizinischer Standard festgeschrieben.

Die gbs unterstützt diesen alternativen Gesetzentwurf, auch weil er dem Knaben und seiner Selbstbestimmung den entscheidenden Part bei der Entscheidung über die Beschneidung zuweist – im absoluten Gegensatz zur bisherigen Praxis, bei der allein die Eltern entscheiden. Die Würde des betroffenen Kindes wird gewahrt, seine Rechte gestärkt. 

Die gbs ruft dazu auf, den alternativen Gesetzentwurf zu unterstützen, um den Bundestagsabgeordneten den Rücken zu stärken und um die Beschneidungsbefürworter aufzurufen, sich einem Kompromiss nicht halsstarrig zu verweigern, sondern den Knaben in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen zu rücken.

Dem Aufruf der gbs haben sich bereits der IBKA, Mogis, Terre des Femmes und der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte angeschlossen.

 

Walter Otte