„Es wird knapp“

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Eingehende Post / Foto: Volksbegehren

WIEN. (hpd) Für das österreichische Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien geht es in den nächsten Tagen um alles oder nichts. Kann man bis Jahresende nicht die nötigen 8.032 Unterschriften erreichen, ist die Initiative gescheitert. Die Organisatoren zeigen sich jedoch vorsichtig optimistisch.

„100 Unterschriften fehlen uns noch. Das ist nicht viel, aber die Zeit ist sehr kurz“, sagt Niko Alm, Sprecher des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien. Erst am Donnerstag hat die Initiative Sympathisanten aufgefordert, bis Freitag nächster Woche ihre Unterstützungserklärungen abzugeben. Macht 20 Unterschriften pro Werktag. Ein ehrgeiziges, wenn auch nicht ganz unrealistisches Ziel. Die Hürden für Unterschriften sind hoch: Sympathisanten müssen mit einem ausgedruckten Formular von der Internetseite des Volksbegehrens auf ihr Gemeindeamt gehen und dort vor einem Gemeindebediensteten unterschreiben. Der bestätigt die Unterschrift, die der Sympathisant dann an das Organisationsbüro schicken muss.

Nur in Wien ist es etwas einfacher. Dort können Unterschriftswillige auf jedes Bezirksamt gehen und die Gemeinde sammelt die Formulare und gibt sie selbst ans Büro weiter. Was zumindest ein Weg weniger ist.

Theoretisch könnte man den Sympathisanten bis kurz nach Weihnachten Zeit geben – sofern sie die beglaubigten Unterschriften sofort ins Organisationsbüro in der Wiener Halbgasse schicken. Die Pakete müssen erst am 31.12. abgegeben werden. Wäre da nicht das Postaufkommen um die Weihnachtszeit. Das kann dazu führen, dass Briefe mit ein, zwei Tagen Verspätung eintreffen. Vielleicht die paar Tage zuviel, die das Volksbegehren brauchen würde.

8.032 gültige Unterschriften brauchen die Organisatoren, um in die nächste Phase zu kommen, die so genannte Eintragungswoche.  Dort liegt das Volksbegehren, das die meisten Religionsprivilegien im Land abschaffen will, auf allen Gemeindeämtern zur Unterschrift auf und muss an öffentlichen Anschlagtafeln angekündigt werden. Schafft man in dieser Woche 92.000 weitere Unterschriften, muss der österreichische Nationalrat über die Anliegen beraten. An Entscheidungen gebunden ist er nicht.

Stand knapper als erhofft

Der jüngste Stand ist knapper, als sich die Organisatoren erhofft hätten. Beim Volksstimmefest hatte man um die 500 Unterschriften gesammelt – mit Notar. Wenige Tage später wurde das Buch „Gottes Werk und unser Beitrag“ präsentiert, das nachweist, dass die Republik Österreich jährlich 3,8 Milliarden Euro an Religionsgemeinschaften zahlt. Das brachte etwas Auftrieb – aber nicht so viel wie erhofft. Ähnlich ging es mit der Debatte um die Beschneidung von Buben, die das Volksbegehren in Österreich ins Rollen brachte. Vorige Woche hatten vor allem die Anzeigen gegen ein Mohel und einen muslimischen Arzt für Aufsehen gesorgt.

„Die Initiative ist nicht grundsätzlich gegen religiöse Beschneidung, fordert jedoch – sofern keine medizinische Indikation verliegt – diese soll erst bei Erreichung des zustimmungsfähigen Alters durchgeführt werden – also mit der Volljährigkeit“, erklärt Mitiniator Sepp Rothwangl. Alles andere sei ebenso ein Religionsprivileg wie die 3,8 Milliarden Euro Staatsgeld für die Religionsgemeinschaften. Ob sich die jüngste Aufregung in Unterschriften ummünzen lässt, wird sich zeigen.

Kein Geld

Wenig hilfreich seit Beginn war, dass dieses Volksbegehren im Unterschied zu vielen anderen nicht von großen Organisationen im Hintergrund getragen wurde. „Wir haben keinen Cent von Unternehmen oder Parteien bekommen“, sagt Jakob Purkarthofer, Pressesprecher des Volksbegehrens. „Wir sind alleine von Spenden getragen worden“. Inseratenkampagen in Tageszeitungen oder Postwurfsendungen an alle Haushalte waren außerhalb der finanziellen Grenzen des Volksbegehrens. „Insofern ist es schon erstaunlich, wie weit wir gekommen sind.“

Etwas Hoffnung macht ein langer Artikel in der aktuellen Ausgabe der Obdachlosen-Zeitschrift „Augustin“ über die Ziele des Volksbegehrens. Der könnte gerade rechtzeitig für die letzte Mobilisierung kommen. Auch der Freidenkerbund mobilisiert in der aktuellen Ausgabe der freidenkerIn.

Unter den Organisatoren kursiert auch der Verdacht, dass das Verhalten einiger Gemeinden in der Vergangenheit verhindert hat, dass man jetzt schon die nötigen Unterschriften zusammen hat. Das Volksbegehren legte Ende Juni eine Liste mit mehreren Dutzend Beschwerden über Gemeinden vor, die die Initiative blockiert hatten. Seitdem hat sich die Lage beruhigt – immerhin hatte das Innenministerium interveniert. Ob aber alle verhinderten Unterstützer ihre Unterschrift geleistet haben, ist unbekannt.

Letzte Chance

Initiator Alm spricht von der letzten Chance das Volksbegehren zu unterschreiben: „Wenn die nötige Anzahl an Unterschriften nicht zustandekommt, wird der unzumutbare Einfluss der Glaubensgemeinschaften auf die Politik und der Zugriff auf das Steuergeld weiter ausgebaut werden.“

Christoph Baumgarten