BERLIN (hpd) Die Berliner Initiative für ein Volksbegehren „Pro Reli“ argumentiert öffentlich mit der These „Nur Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach lässt sich hinreichend staatlich kontrollieren.“ Hierzu liegt nun ein Rechtsgutachten vor, das diese Aussage in ihrem politischen und juristischen Kern widerlegt.
Die in den vergangenen Jahren und besonders im Zusammenhang mit dem Pro-Reli-Volksbegehren oft wiederholte Behauptung, eine staatliche Kontrolle des Religionsunterrichts, insbesondere des islamischen Religionsunterrichts, wäre bei dessen gegenwärtigem Status in Berlin nicht hinreichend möglich, wohl aber bei einem ordentlichen Lehrfach Religion nach Art. 7 Abs. 3 GG gesichert, ist nunmehr durch ein Rechtsgutachten des „Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Berliner Abgeordnetenhauses“ widerlegt worden.
Das Rechtsgutachten war durch die Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ initiiert und durch deren bildungspolitischen Sprecher Özcan Mutlu in Auftrag gegeben worden. Die einschlägige Frage hieß: „Welche Möglichkeiten der Aufsicht bzw. Kontrolle über die Rahmenpläne, die Lehrerbildung und -auswahl, die Unterrichtspraxis etc. des Religions- und Weltanschauungsunterrichts würde es bei einem Status als ’ordentliches Lehrfach‘ geben, die bei seinem gegenwärtigen Status in Berlin nicht gegeben bzw. nicht möglich sind?“
Ergebnis des Gutachtens (siehe pdf in der Anlage) ist (S.15): „Im Land Berlin wird eine hinreichende staatliche Kontrolle des von den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durchzuführenden Unterrichts durch verschiedene Regelungen in § 13 SchuG und in den AV Religions- und Weltanschauungsunterricht ermöglicht. Die Maßstäbe für die inhaltliche Kontrolle des Unterrichts sind dabei die gleichen wie in den Bundesländern, in denen der Religionsunterricht ein ordentliches Lehrfach ist.“
Unmissverständlich ist diese Passage: „Der Inhalt des Unterrichts wird jedoch nicht vom Staat vorgegeben, sondern hat dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft zu entsprechen. Deshalb erstreckt sich die Kontrolle in Bezug auf den Unterrichtsinhalt nur darauf, dass der Unterricht dem üblichen pädagogischen Standard entspricht und dass er sich im Rahmen der Grenzen hält, die ihm durch die verfassungsmäßige Ordnung vorgegeben werden ...“. (S.12)
Das Gutachten enthält zudem einige interessante Aussagen, die sich auf die Gleichbehandlung von Religionen und Weltanschauungen beziehen – gerade wenn (wie nicht in Berlin) Religionsunterricht ordentliches Lehrfach ist (z.B. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wo der HVD derzeit beabsichtigt, „Humanistische Lebenskunde“ als Weltanschauungsfach alternativ zu Religion einzuführen):
„Religiöse Gemeinschaften, die in hinreichender Weise organisiert sind und im Hinblick auf ihre Glaubensinhalte und ihr Auftreten Gewähr für ein ausreichendes Maß an Verfassungstreue bieten, haben somit einen Anspruch darauf, das ihre Religion gemäß Art. 7 Abs. 3 GG als ordentliches Lehrfach unterrichtet wird. Für Weltanschauungsgemeinschaften gilt dies entsprechend.“ (S.11)
Gerd Eggers