Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Wieso haben die Religionslosen keine Sternstunde?

Auf diesem Hintergrund stellen sich zur Sternstunde Religion ganz grundsätzliche Fragen: Wieso haben die Religionen - insbesondere die christlichen - einen so prominenten Platz im Schweizer Fernsehen? Während die Religionslosen unter die Sendegefäße der Sternstunde Kunst und Philosophie subsummiert werden.

Laut Bundesamt für Statistik gab es Ende 2010 in der Schweiz 20,1 Prozent Konfessionslose, mit stark steigender Tendenz. Zum Vergleich: 38,6 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind römisch-katholisch, 28 Prozent evangelisch-reformiert und 4,5 Prozent islamisch. Deshalb ist es an der Zeit, dass die Sternstunde Religion aufgehoben und in die Sternstunde Philosophie integriert wird.

Die oben geschilderte Sternstunde Religion ist der beste Beweis dafür, dass die Religion in die Sternstunde Philosophie gehört. Aber erstaunlicherweise hat sich die Theologie auch in der Sternstunde Philosophie eingenistet: Beispielsweise Norbert Bischofberger, der Redaktionsleiter aller Sternstunden (Philosophie, Kunst, Religion) und Gesprächsleiter der „Sternstunde Philosophie", ist Theologe. In seinem Porträt auf der SRF-Internetseite jedoch bleibt das unerwähnt. Erst aus dem Thema seiner Dissertation erkennt man seine akademische Herkunft: „Werden wir wiederkommen? Der Reinkarnationsgedanke im Westen und die Sicht der christlichen Eschatologie".

Theologen sollen ihre privilegierten Plätze räumen

Dasselbe Problem stellt sich auch in diversen Ethikkommission, beispielsweise der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH), deren Mitglieder vom Bundesrat gewählt werden und deren Präsident erstaunlicherweise der evangelische Theologe Georg Pfleiderer ist. Neben Pfleiderer sitzt auch der Theologe Markus Arnold in der EKAH, der Studienleiter am religionspädagogischen Institut der Universität Luzern ist. Laut Angaben auf der EKAH-Internetseite hat der frühere Präsident der CVP Zürich keine Interessenbindungen.

Früher oder später werden auch die anderen Religionen eine angemessene Vertretung in den Ethikkommissionen fordern. Es ist deshalb an der Zeit, dass die christlichen Theologen ihre privilegierten Plätze in den Ethikkommissionen räumen. Einerseits um ein zukünftiges theologisches Jekami zu verhindern und andererseits die Gleichberechtigung mit den Religionslosen herzustellen.

Kurt Marti

Erstveröffentlichung auf www.infosperber.ch
 

Link zur Mediathek der SRF-Sternstunde Religion vom 7.4.2013.
Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH).
 

Zu den Personen:
Hoerster (76) lehrte von 1974 bis 1998 Rechts- und Sozialphilosophie an der Universität Mainz. Pfleiderer (53) ist Ordinarius für Systematische Theologie/Ethik an der Universität Basel, Mitglied der Synode der evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt und Präsident der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH). Die Gesprächsleiterin Hardegger (42) ist ebenfalls Theologin und war früher Redaktorin der Zeitschrift „forum-Pfarrblatt der katholischen Kirche im Kanton Zürich".