Rechte für Wale und Delfine

Religiöses Denken hinter sich lassen

Durch die zunehmenden und vertieften Erkenntnisse etwa über kognitive Leistungen von Tieren, über deren Kommunikation untereinander und über ihr soziales Verhalten wird die überkommene (ideologische) Vorstellung einer Teilung der Lebewesen in Menschen auf der einen und in "Tiere" auf der anderen Seite zunehmend zertrümmert und durch eine auf Tatsachen gegründete Vorstellung ersetzt. Durch diese genauere Kenntnisse des "Lebens der Tiere" wird auch, wie Karsten Brenning es sinngemäß formuliert, der Mensch von seinem Sockel heruntergeholt, auf dem er seit dem "Herrschaftsbefehl" der Schöpfungsgeschichte steht. "Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht." (1. Mose)

Es eröffnet sich mit der Entwicklung und Vertiefung des menschlichen Wissens über andere Lebewesen und auch den Menschen selbst ein anderer Blick. Die bisherige undifferenzierte Position, wonach "Tiere" eine Art lebender Maschinen und der Mensch etwas qualitativ Anderes sei, ist nicht mehr haltbar. Eine Position, die (subjektive) Rechte für Tiere, etwa für Menschenaffen, Wale, Delfine und auch für andere fordert, lässt das bisherige allemal noch in letzter Instanz religiös geprägte Denken weit hinter sich und eröffnet neue Horizonte, auch im Umgang mit "den Tieren".

Ein beeindruckendes Beispiel für das Verhalten eines Wales

Viele Beispiele für kognitives und empathisches Verhalten von Walen und Delfinen werden in den wissenschaftlichen Untersuchungen berichtet. Sie können hier nicht dargestellt werden. An ihrer aller Stelle nur ein Beispiel, das von dem renommierten Primatenforscher Frans de Waal stammt:

In seinem 2009 erschienenen Buch "Das Prinzip Empathie" berichtet er von einer Rettungsaktion bezüglich einer Walkuh, die im Dezember 2005 vor der kalifornischen Küste gesichtet wurde, und "die sich in zum Krebsfang verwendeten Nylonleinen verfangen hatte. Das Tier war gut sechzehn Meter lang. Beim Anblick der etwa zwanzig Leinen - einige hatten sich um die Schwanzflosse gebunden, eine hatte sich sogar im Maul des Wals festgesetzt – verlor das Rettungsteam fast den Mut. Die Leinen gruben sich in den Speck und hinterließen tiefe Schnitte. Es gab nur eine Möglichkeit, die Wale zu befreien: zu tauchen und die Leinen wegzuschneiden. Die Taucher brauchten dazu etwa eine Stunde. Es war eine mühsame Arbeit und angesichts der Kraft einer Wal-Schwanzflosse ganz sicher auch nicht ungefährlich."

De Waal beschreibt dann das Ende der Rettungsaktion: "Das Erstaunlichste aber geschah, als die Wahlkuh bemerkte, dass sie befreit war. Statt sich vom Ort des Geschehens zu entfernen, blieb sie dort. Das Riesentier beschrieb einen Bogen, schwamm vorsichtig zu jedem einzelnen Taucher. Sie stupste einen an und schwamm dann zum nächsten, bis sie mit allen Körperkontakt gehabt hatte." De Waal zitiert einen der Helfer mit folgender Bemerkung: "Mir kam es vor, als bedankte sie sich bei uns, weil sie wusste, dass wir ihr zur Freiheit verholfen hatten. Sie machte etwa auf halber Armeslänge vor mit halt, schob mich ein bisschen herum und hatte ihren Spaß dabei. Es wirkte irgendwie liebevoll, wie wenn sich ein Hund freut, einen wiederzusehen. Ich fühlte mich zu keiner Zeit bedroht. Ein wunderbares, unglaubliches Erlebnis."

Nun sind Experimente mit Walen schon aufgrund deren Größe nicht einfach machbar, so dass, wie De Waal dann ausführt, wir niemals erfahren werden, "was die Walkuh sagte und ob sie wirklich dankbar war." Aus der Beobachtung und Kommunikation mit beispielsweise Primaten und Delfinen ergibt sich jedoch, dass eine solche Gefühlswelt existiert und auch Menschen mitgeteilt werden kann.

Unterstützung für die Helsinki-Deklaration

„Whale and Dolphin Conservation“ wird weiter aktiv sein und sammelt auch Unterschriften zur Unterstützung der Deklaration.

Eine bahnbrechende Initiative, bei der jede Unterschrift ein Bekenntnis zu einer auf Fakten beruhenden empathischen Einstellung gegenüber einer anderen Spezies darstellt, und auch ein Bekenntnis gegen deren Diskriminierung, nur weil sie nicht zur Spezies homo sapiens gehört.

Walter Otte

 

Anm. 1

In Deutschland sind aufgrund einer Initiative der GRÜNEN im Deutschen Bundestag erstmals auch kritische Stimmen zur Haltung von Delfinen in sog. Delfinarien in der Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (!) im Mai dieses Jahres gehört worden. Der erwähnte Biologe Karsten Brensing sowie andere, jedoch nicht alle Experten, lehnten die artwidrige Haltung von Delfinen in derartigen Einrichtungen ab. Die Stellungnahmen geben einen guten Einblick in die "Welt der Delfine" und auf deren Bedürfnisse.

Anm. 2

Als Lektüre sehr zu empfehlen ist das 2013 erschienene Buch von Karsten Brensing "Persönlichkeitsrechte für Tiere", in der er mit reichlich Belegmaterial seinen Thesen begründet. Der hpd berichtete über das Buch.

Zum Schluss: Interessant ist, worauf Brensing hinweist, dass bei Walen und Delfinen, ebenso wie bei Menschen, Menschenaffen und Elefanten Spindelneuronen (Van-Economo-Neuronen) vorhanden sind, die aufgrund ihrer Beschaffenheit Reize von einem Gehirnareal in ein anderes übertragen und die der Verarbeitung sozialer Aspekte dienen. Nicht festgestellt worden sind hingegen bei Delfinen die sog. Spiegelneuronen, die der Emotionserkennung dienen und eine erhebliche Rolle für die Fähigkeit zu empathischem und sozialem Verhalten spielen. Brensing macht deutlich, dass Delfine jedoch so agieren, als ob sie diese Neuronen besäßen. Die weiteren Erkenntnisse der Zukunft dürften noch manche Überraschung bringen. Womöglich ist es falsch, "Tiere" und ihr Leben danach zu beurteilen, ob sie die gleichen oder ähnliche Neurone besitzen wie Menschen. Nicht auszuschließen, dass da ganz andere bislang unbekannte Zelltypen vorhanden sind. Die Realität hält noch viele spannende Erkenntnisse bereit.