Mit der Schaffung einer Stiftung und damit einer übersichtlichen Gesellschafterstruktur, sowie Einsetzung von professionellen, externen Verantwortlichen, sollte der Untergang aufgehalten werden. Doch dazu war es zu spät. Mangelnde Entscheidungsfähigkeit und langwierige Verhandlungen ließen den Verlag schnell in den Abgrund rauschen. Da nützt auch die Beteuerung des Münchner Erzbischofs, Kardinal Reinhard Marx nichts, wenn er behauptet: „Wir konnten es als Gesellschafter nicht verantworten, auf absehbare Zeit dreistellige Millionensummen aus Kirchensteuermitteln zu investieren.“ Natürlich nicht! Steuermittel sollten hier überhaupt nicht ins Feld geführt werden. Wieder einmal nach dem Motto, welches bereits die Banker vor Jahren praktizierten: Gewinne gehören uns, Verluste hat gefälligst der Steuerzahler zu tragen!
Handeln wäre vorher notwendig gewesen. Marx kündigte zwar umfangreiche Hilfen für die Mitarbeiter an: „Wir sind kein skrupelloser Unternehmer, der die Mitarbeiter einfach davonjagt.“ Jedoch ist das nur Fassadenmalerei, denn die Hilfen sind nur zeitlich beschränkt. Spätestens nach einem Vierteljahr ist alles vorbei. Angeblich hätte die Kirche „in den letzten Jahren jeden Euro Gewinn in das Unternehmen reinvestiert“ und „die Gesellschafter [hätten] immer wieder zusätzlich Geld zur Verfügung gestellt“.
Das mag für die letzten Jahre, als die Krise bereits sichtbar und unaufhörlich am Konzern zu nagen begann, richtig sein, jedoch sind existentielle Entscheidungen für eine Komplettsanierung, die bereits vor Jahren notwendig gewesen wäre, nicht gefallen. Da hätte man richtig investieren müssen und nicht nur den immer spärlicher fließenden Gewinn.
Gewerkschaften wollen kämpfen
Die Kritik der Gewerkschaft Ver.di an der Kirche, sie habe jahrelang gut an dem Verlag verdient und lasse ihn nun fallen, hat somit seine Berechtigung, auch wenn dies Kardinal Marx nicht hören will und sich heftig dagegen wehrt. Ver.di attackiert die Kirche vehement, indem sie ihr vorwirft, „jahrelang die Gewinne abgeschöpft zu haben, um Prunkbauten zu finanzieren".
Die Entscheidung der Eigentümer zeigt sehr deutlich, dass sich die Kirche der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern von Weltbild nicht stellen will und den Arbeitsplatzverlust in Kauf nimmt, obwohl es ein sanierungsfähiges Unternehmen sein könnte. Die Gewerkschaft bezeichnet dieses Verhalten als skandalös und widerwärtig.
Jetzt, wo es darum geht, mal Geld in die Hand zu nehmen und etwas zurückzugeben, um den Verlag und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu retten, lässt die Kirche das Unternehmen wie eine heiße Kartoffel fallen. Sie praktiziert und demonstriert hier Kapitalismus in seiner ureigensten, menschenverachtenden Form. Die Summe von angeblich bis zu 160 Millionen Euro, die der Aufsichtsrat jetzt für die Sanierung in den kommenden Jahren benannt hat, wäre sicherlich von den 14 Gesellschaftern aufzubringen gewesen, wenn man bedenkt, dass allein ein Bischofssitz 31 Mio. (möglicherweise bis zu 40 Mio.) Euro kostet.
Interne Machtkämpfe
Doch scheint hier noch ein anderer Hinderungsgrund zu existieren, der die Insolvenz nicht aufhält. Interne Kreise vermuten, dass die Pleite auch kirchenpolitische Gründen haben könnte. Die Differenzen zwischen den kirchlichen Gesellschaftern sind so unüberbrückbar, dass möglicherweise konservative Kirchenkreise bewusst die Zerschlagung des kirchlichen Konzerns wegen der einstigen Erotikangebote forciert haben.
Möglicherweise sei die Debatte um Weltbild auch Ausdruck eines Kampfes innerhalb der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Im März 2014 soll der Nachfolger für den jetzigen DBK-Vorsitzenden Robert Zollitsch gewählt werden. Der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx ist dabei neben dem Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki der aussichtsreichste Kandidat. Er sieht sich als ausgewiesenen Experten der katholischen Soziallehre und hat in seinem Buch „Das Kapital“ vor der Zügellosigkeit der Märkte gewarnt. Im Dezember noch hat er sich für den unbedingten Erhalt von Weltbild ausgesprochen. Ist ihm jetzt wieder mal das Hemd näher als die Hose, wenn er den Insolvenzantrag mitträgt, um eventuell seine Nachfolgepläne bei der DBK nicht zu gefährden?
Gewerkschaft und Betriebsrat kämpfen um den Verlag und haben kein Verständnis dafür, dass es für die Verlagsgruppe mit einem Jahresumsatz von zuletzt fast 1,6 Milliarden Euro keinen anderen Ausweg als die Insolvenz geben sollte, zumal es einen von den Banken akzeptierten Sanierungsplan gebe.
Hilfe von außen?
Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) lehnt jegliche Pläne, mit Steuergeldern den Verlag retten zu wollen, strikt ab. In erster Linie seien hier die Konzerninhaber gefragt. Die Kirche sei hier als besonderer Arbeitgeber in der Pflicht, sich der Verantwortung zu stellen.
Noch am Vortag hatte Regierungschef Horst Seehofer von Regierungshilfen gesprochen, die von Bürgschaften bis zu Überbrückungen möglich seien. Davon ist nun keine Rede mehr. Die Mehrheit der Minister appellieren an das Verantwortungsbewusstsein der Katholischen Kirche für Hilfe und Unterstützung der betroffenen Arbeitnehmer und ihrer Familien zu sorgen.