LEINEFELDE-WORBIS (hpd). Im Eichsfeldischen (Thüringen) hat sich eine „Initiative für eine weltanschaulich-religiös neutrale Schule“ gegründet, denn es zeichnet sich ein christlicher Missionierungsversuch durch Deklarierung einer öffentlichen (staatlichen) Schule als „christliche Anstalt“ ab.
Der Landkreis Eichsfeld will neue Wege beschreiten, die bundesweit Folgen haben könnten: Im alten Kloster in Worbis soll eine christliche Grundschule entstehen. Allerdings nicht in freier Trägerschaft. Landrat Werner Henning (CDU) will stattdessen für diese staatliche Schule ein „christliches Leitbild“ entwickeln. Neben dem ohnehin für Thüringen vorgeschriebenen Lehrplan soll das Augenmerk auf „eichsfeldisch-humanistische Werte“ (unter denen er die katholisch geprägte Kultur der Region versteht) gelegt werden, wirbt der Landrat für seinen Plan. Diese staatliche Schule soll bewusst als „christliche Anstalt“ wirken, denn bestimmte weltanschaulich-religiöse Profilierungen privaten bzw. freien Trägern zu überlassen, hält der Christdemokrat für falsch. Damit stellt er sich jedoch deutlich gegen das Grundgesetz und die Thüringer Landesverfassung. In letzterer heißt es in Artikel 24(2) „In den öffentlichen Schulen werden die Schülerinnen und Schüler gemeinsam und ungeachtet des Bekenntnisses und der Weltanschauung unterrichtet.“
Aber das ficht den CDU-Landrat nicht an und er stützt sein Begehren dennoch auf eben diese: „Übrigens sei ein christlicher Gottesbezug nun auch wirklich nicht schlimm. Selbst das Grundgesetz besitze diesen Gottesbezug“, sagte er der regionalen Presse: „Die Jugend sei in Ehrfurcht vor Gott zu erziehen, so oder ähnlich heiße es in den meisten Verfassungen.“ So ganz sicher scheint sich der CDU-Mann seiner Sache aber doch nicht zu sein. Denn für Kinder, deren Eltern das christliche Profil nicht wollten, sieht der Landrat die Alternative, die Kleinen in einen Nachbarort, nach Gernrode, zu schicken.
Hennings Antrag wurde im Kreisausschuss mit CDU-Mehrheit angenommen, nun soll der Kreistag am 27. Mai über Schulneubau und inhaltliche Ausrichtung entscheiden.
Seitens der Gegner, egal ob von SPD, DIE LINKE oder Bündnis 90/Die Grünen, heißt es: „Eine christliche Grundschule ist nicht mit der Thüringer Verfassung vereinbar. Denn Öffentliche Schulen sollen 'unabhängig von Bekenntnis und Weltanschauung unterrichten'."
Gegen dieses Unterfangen von CDU und Kirche hat sich eine „Initiative für eine weltanschaulich-religiös neutrale Schule“ gegründet, der es ernst ist mit der Trennung von Staat und Kirche. Auch der HVD-Landesverband Thüringen gehört dieser regionalen Aktion an und wird sich seinerseits mit einer politischen Erklärung zu diesem Thema äußern. Die Initiative fordert in einer gemeinsamen Erklärung:
„Die Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses ist ein Grundrecht, dass sowohl durch das Grundgesetz als auch durch die Thüringer Verfassung garantiert wird. Diese Freiheit ist auch dadurch gegeben, dass der Staat sich in seinen Einrichtungen weltanschaulich und religiös neutral verhält. Nur so ermöglicht er seinen Bürgern mit unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Ausrichtungen die Freiheit ihres Bekenntnisses.
Im alten Kloster in Worbis, Landkreis Eichsfeld, soll nach dem Willen des Landrats Werner Henning eine staatliche Grundschule mit christlicher Ausrichtung entstehen. Damit werden jedoch alle Eltern und Schüler, die sich dieser religiösen Orientierung nicht anschließen wollen, in der Freiheit ihres Bekenntnisses und in ihrer persönlichen Entfaltung eingeschränkt. Diese Einschränkung wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Eltern und Kinder, die mit dieser Ausrichtung nicht einverstanden sind, auf andere Schulen in den umliegenden Orten verwiesen werden.
Wir fordern, dass die Ausrichtung staatlicher Schulen weltanschaulich neutral ist – das gilt auch für die staatliche Grundschule in Worbis.“
Siegfried R. Krebs