Humanistentag 2014

Verschiedenheit als Bereicherung

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Sonja Eggerickx

REGENSBURG. (hpd/bfg) Vom 28. Mai bis 1. Juni 2014 veranstaltet der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern den “Humanistentag 2014” in Regensburg. Sonja Eggerickx aus Belgien, Präsidentin der “Internationalen Humanistischen und Ethischen Union” (IHEU), hält dort eine der Eröffnungsreden. Im Interview begründet sie ihr Engagement und stellt die Ziele der IHEU vor.

 

Was ist die “Internationale Humanistische und Ethische Union” (IHEU), wann wurde Sie gegründet und was ist Ihre Rolle darin?

Sonja Eggerickx: “Die IHEU ist die einzige weltweite Dachorganisation von humanistischen, atheistischen, rationalistischen, säkularen, skeptischen, laizistischen, ethisch-kulturellen, freidenkerischen und ähnlichen Organisationen weltweit. 1952 in Amsterdam gegründet, ist unsere Vision eine humanistische Welt, in der die Menschenrechte respektiert werden und jeder ein würdiges Leben führen kann. Wir arbeiten daran, eine weltweite humanistische Bewegung aufzubauen, die Menschenrechte verteidigt und humanistische Werte weltweit friedlich verbreitet. Die Zentrale sitzt heute in London, und die IHEU ist eine internationale Nichtregierungsorganisation (NRO) mit Vertretung bei zahlreichen Gremien der Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen. Wir versuchen die internationale Politik durch Repräsentation und Information zu beeinflussen, ein humanistisches Netzwerk aufzubauen und der Welt die humanistische Weltanschauung nahe zu bringen.” So steht es auf unserer Internetseite und ich könnte es nicht besser ausdrücken.

Als Präsidentin dieser Organisation ist es meine Rolle, zu koordinieren und viele Organisationen in der ganzen Welt zu versammeln, die am gleichen Programm arbeiten. Das Problem liegt darin, dass es so viele unterschiedliche Traditionen nicht nur in verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Kontinenten gibt, sondern auch zwischen Organisationen der gleichen Region. Dies macht die Arbeit schwierig, trägt aber auch zu einem großen kulturellen Reichtum bei. Ich versuche die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Organisationen zu betonen und darüber die Zusammenarbeit anzuregen. Es ist offensichtlich, dass Humanisten und Freidenker in Deutschland andere Schwerpunkte setzen als in Nigeria und Uganda, und diese wiederum andere als in Indien.

 

Was sind die Arbeitsschwerpunkte der IHEU, und was ist Ihre Lieblingskampagne oder Ihr bevorzugtes Thema?

Im Vordergrund steht natürlich die Förderung des Humanismus und der nichtreligiösen Weltanschauung auf dem ganzen Globus. Dafür unterstützen wir Mitgliedsorganisationen, und es wäre sehr positiv, wenn Mitgliedsorganisationen aus reichen Ländern denen aus armen Ländern finanziell und mit Material helfen würden. Sehr wichtig wäre, gerade in den Ländern eine starke Bewegung aufzubauen, in denen die Abwendung von Religion mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Dies ist in unserem jährlichen “Gedankenfreiheits-Bericht” (“Freedom of Thought Report”) nachlesbar.

Durch IHEU erhalten Humanisten eine offizielle Stimme und werden auf internationaler Ebene mit an den Tisch gebeten. Wir können eine spezifisch humanistische Sichtweise einbringen, vertreten unsere Mitglieder und Unterstützer bei internationalen Körperschaften wie den Vereinten Nationen in Genf und New York, der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte, dem Europarat und anderen. Dies bedeutet, wir können Einfluss nehmen aufs Völkerrecht und die Rahmenbedingungen für Menschenrechte, und dies ist der Kern unseres politischen Engagements.

Alle drei Jahre halten wir einen Welthumanistenkongress ab, zuletzt 2011 in Oslo, nächstes Mal im August 2014 in Oxford.

Mein Lieblingsthema ist, was ich “praktischen Humanismus” nenne. Damit meine ich die Förderung von wissenschaftlicher Bildung als wichtiges Werkzeug für die Stärkung der Menschen. Dies umfasst den Bau von Schulen über die Kritik an allen Formen von “Hexerei” bis hin zur Einflussnahme auf die Abtreibungs-Gesetzgebung, das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende, aber auch die Rechte von Frauen, ethnischen Minderheiten, Homo-, Bi- und Transsexuellen. Wir wollen den Menschen die notwendigen Werkzeuge geben, um Verantwortung für ihr eigenes Leben in einer Gesellschaft zu übernehmen, die einander respektiert und wo niemand ausgeschlossen wird (oder Schlimmeres), weil er anders ist.

 

Manche Organisationen wie der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) nehmen nicht am “Humanistentag 2014” teil. Warum sind Humanistentage so wichtig für die säkulare, agnostische, humanistische und atheistische Bewegung – und warum unterstützen Sie diese Veranstaltung?

Der HVD organisiert alle zwei Jahre einen eigenen Humanistentag, der nicht in direkter Konkurrenz zu anderen Lebensansichten und Organisationen steht. Sie feiern damit das Positive am Humanismus und ich respektiere ihre Ansicht. Etwas anderes macht der “Humanistentag 2014”: Er reagiert auf den Katholikentag und nimmt darauf einen engen Bezug.

Ich würde das nicht Humanismus, sondern eher Säkularismus oder Freidenkertum nennen. Ich will diese zwei verschiedenen Ansätze aber gar nicht bewerten, sie haben beide ihre Berechtigung. Wir sollten die Verschiedenheiten in der nichtreligiösen Bewegung als Bereicherung wahrnehmen und zusammenarbeiten, wo immer das möglich ist. Wir können es uns nicht leisten, uns zu bekämpfen, denn wir brauchen alle Kräfte, um uns gemeinsam für eine bessere, humanere Welt einzusetzen.

 

Abgesehen von der inhaltlichen Ausrichtung, was sind weitere wesentliche Unterschiede zwischen Katholikentag und Humanistentag?

Es gibt Ähnlichkeiten, nämlich dass wir uns öffentlich zeigen und Menschen zusammenbringen wollen. Ein wichtiger Unterschied ist der Weg, auf dem diese Botschaft verbreitet wird. Da wir keine “heiligen Bücher” und “allwissende Führer” haben, wird es bei uns vermutlich mehr Diskussionen geben. Und ich hoffe persönlich, dass wir eine positive Botschaft unter den Teilnehmenden des “Humanistentags 2014” verbreiten: das gute Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die für wertvolle Normen und positive Werte und eintritt.

 

Was ist für Sie das wichtigste Thema im Programm? Und wann wäre der Humanistentag 2014 aus Ihrer Sicht als Erfolg zu betrachten?

Ich freue mich auf eine Reihe von religionskritischen Vorträgen auf einem hohen Niveau. Auch der Vortrag über Menschenrechte und Religionen sollte ein Augenöffner sein. Jedoch mag ich auch die Zwischentöne, denn Musik ist ein sehr wichtiges Mittel, um Menschen zusammen zu bringen.

Der “Humanistentag 2014” ist ein Erfolg, wenn Teilnehmende und Gäste etwas gelernt haben über die Tatsache, dass wir nicht nur “gegen” etwas sind, sondern dass alle Nationen demokratisch regiert sein sollten und Gesetze nicht auf einer bestimmten Religion gründen, sondern das Ergebnis von rationalen Diskussionen sein sollten.

 

Das Interview führte Michael Kraus, Pressesprecher des “Humanistentag 2014”