„Betze unser! Teufelsprämien!“

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„Maskottchen“ des 1. FCK / Foto: imago

KAISERSLAUTERN. (hpd/11freunde) „Betze Unser - Dein Pakt mit den roten Teufeln!“, so startete der 1. FC Kaiserslautern seine Webekampagne „Jetzt Dauerkarten holen“ und versicherte: „Teufelsprämien zu gewinnen“. Das forderte nun einen der Copyright-Besitzer des „Vater unser“ zum Protest heraus.

Diese Herausforderung wiederum nahm „11 FREUNDE - Das Magazin für Fußball-Kultur“ zum Anlass, um zu fragen: „Darf der Fußball keine Religion mehr sein?“

»Jehova, Jehova!«

Ein Artikel von Johannes Ehrmann

Vor zwei Wochen bewegte der Protest einiger Muslime gegen das Schalker Vereinslied die Gemüter. Nun startet die evangelische Kirche einen Kreuzzug gegen den 1. FC Kaiserslautern. Religion vs. Fußball, eine packende Partie!

Eine rote Pranke mit spitz gefeilten schwarzen Fingernägeln hält eine blasse, feingliedrige Hand fest umklammert. Im Hintergrund ein Endzeitszenario mit zuckenden Blitzen vor pechschwarzem Himmel. »Dein Pakt mit den Roten Teufeln« erscheint in fetten Lettern über der symbolträchtigen Kulisse. Und: »Jetzt Dauerkarte holen!«

»Geschmacklose Kampagne!«

Ein Besuch der vom Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern zur Steigerung des laufenden Dauerkartenverkaufs eingerichteten Website betze-unser.de gleicht einem Gang in die Unterwelt. Der Betzenberg als Hölle für die dort gastierenden Mannschaften, das Lauterer Publikum eine vom Roten Teufel besessene, blutgierige Menge, die erst wieder vom Berg steigt, wenn das nur zu diesem Zweck einbestellte Opfer endlich dargebracht wurde – drastische Metaphorik, die der Betrachter mit etwas Fantasie aus dem visuellen Auftritt herauslesen kann.

Einige Besucher sehen noch mehr: Eine Verletzung der religiösen Gefühle gläubiger Christen in Deutschland. Der pfälzische Oberkirchenrat Gottfried Müller kritisierte die Kampagne und nannte den Slogan »Betze unser« gegenüber dem Evangelischen Pressedienst »geschmacklos«. Der pensionierte Kirchenrat Udo Sopp schlug in die gleiche Kerbe und sprach von einem »missratenen Umgang mit religiösen Symbolen«. Amüsante Randnotiz: Sopp war von 1981 bis 1985 Präsident des FCK, einer Zeit, als der Qualm der »Roten Hölle« Betzenberg durch ganz Europa zog.

Eingedenk der herben Kritik, die den Internetauftritt auf eine Ebene mit der »Jehova, Jehova!«-Szene im Monthy-Python-Klassiker »Leben des Brian« bringt, ist es legitim, die Frage zu stellen: Ist Fußball bald keine Religion mehr? Zahlreiche Schreckensszenarien schließen sich für hartgesottene Fans unmittelbar an: Verlieren Olaf Marschall und Genossen das Attribut »Fußballgott«? Muss die kultige Faktensammlung »Fußball unser« aus den Regalen der Buchhandlungen verschwinden? Bekommt Diego Maradona mit 23 Jahren Verspätung von der FIFA eine Geldstrafe wegen Gotteslästerung aufgebrummt?

Dem Pfälzer Klub immerhin erteilte Oberkirchenrat Müller die Absolution. Er gehe nicht davon aus, dass der FCK mit der Kampagne unterstellen wolle, »dass die Anhänger eine religiöse Beziehung zu dem Verein haben«, sagte er. Das dürften die treuesten Fans ein wenig anders sehen. Die Kritik von Kirchenseite brachte im Lauterer Anhang dann auch statt Abbitte nur weiteren Frevel hervor. Auf »Der Betze brennt«, dem populärsten FCK-Fanforum, schoss die Blasphemie ins Kraut. User »kadlec« beteiligte sich mit der Feststellung »Der Gott ist rund« an der laufenden Diskussion, das Fritz-Walter-Stadion wurde im weiteren Verlauf in »Stefans Dom« umgetauft und mehrere Besucher der Seite bekannten sich offen zur Anbetung ihres Vereins. User »Betze-Hermann« wartete dann gar mit einem auf Fritz Walter umgedichteten »Vater unser« auf, das in der Zeile »Dein Wetter komme« gipfelt.

»Moschee im Dorf lassen!«

Glücklicherweise gibt es auch souveränen Umgang mit der Thematik. Als jüngst einige in Deutschland lebende Muslime das Schalker Vereinslied »Blau und Weiß« wegen einer Bezugnahme auf den Propheten Mohammed monierten, riet der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek, launig, man solle doch bitte die »Moschee im Dorf lassen«. Die kritisierte Textzeile lautet: »Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht. Doch aus all der schönen Farbenpracht hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht.«

In einem Gespräch mit dem Fernsehsender N24 sagte Mazyek damals: »Man sollte den Humor bewahren. Diese Fußballhymne gibt alles richtig wieder. Sie nennt den muslimischen Propheten. Und sie gibt zu verstehen, dass er keine Ahnung hat von Fußball. Ist ja auch klar, weil er nämlich vor der Erfindung des Fußballs gelebt hat.«

Es besteht also Hoffnung, dass auch in Zukunft noch zahlreiche »Fußballgötter« ungestraft über das »heilige Geläuf« traben dürfen.

 

 

Wir bedanken uns bei der "11Freunde"-Redaktion für die Abdruckgenehmigung.