V wie Vendetta erschien im September 2006 auf DVD. Der Sci-Fi-Thriller beschreibt den Kampf gegen einen faschistischen Gottesstaat.
Hintergrund
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Comic von Alan Moore aus den 80er Jahren. Der Comic stellte eine Reaktion auf das neokonservative England unter Margaret Thatcher dar. Er handelt von dem Anarchisten V, der einen faschistischen Gottesstaat bekämpft. Der Film beschränkt die anarchistische Philosophie der Vorlage auf den augenzwinkernden "Anarchy in the UK"-Ausruf eines Räubers. Die Kapitalismus-Kritik der Vorlage war für das Produktionsstudio Time-Warner ungeeignet. Aus diesem Grund distanzierte sich Moore von der Umsetzung.
Die Kritiken zum Film waren trotzdem überdeutlich. Don Feder, ein konservativer Redakteur des Frontpage-Magazine nannte V wie Vendetta "the most explicitly anti-Christian movie to date", also den bislang anti-christlichsten Film. Ted Baehr, Vorsitzender der Christian Film and Television Commission, nannte V wie Vendetta "a vile, pro-terrorist piece of neo-Marxist, left-wing propaganda filled with radical sexual politics and nasty attacks on religion and Christianity". Auf Deutsch: Ein brutales, pro-terroristisches Stück neo-marxistische Links-Propaganda, gefüllt mit radikaler Sexualpolitik und durchgedrehten Angriffen auf Religion und Christentum." In gewisser Hinsicht haben die Beiden durchaus Recht. Es stellt sich nur die Frage, ob diese Aussagen wirklich negativ sind.
In V wie Vendetta spielt das Christentum nämlich eine Rolle, von der man zumindest angenommen hätte, dass sie auch christliche Fundamentalisten ablehnen würden. Die Kleriker arbeiten eng mit der faschistischen Regierung zusammen. Sie lassen Homosexuelle massenweise ermorden, sie unterdrücken die Bevölkerung, vergewaltigen und töten Frauen und missbrauchen Kinder. Außerdem benutzen sie Moslems und politische Gegner in Konzentrationslagern als Versuchskaninchen, um eine Art Übermensch-Serum zu entwickeln. Dieses Serum zeigt nur bei einer "Testperson" Wirkung: V. Am 5. November bricht er aus, verwandelt das Vernichtungslager in ein Flammenmeer und flieht. Durch Verbrennungen wird sein Körper enstellt, weshalb er stets eine Guy-Fawkes-Maske und einen schwarzen Anzug trägt.
Der 5. November und Guy Fawkes - das sagt uns in Deutschland nicht viel. In England weiß jeder, wovon die Rede ist:
Remember, Remember
The fifth of November,
The gunpowder treason and plot.
I know of no reason
Why the gunpowder treason
Should ever be forgot.
Es handelt sich um eine Anspielung auf den misslungenen Anschlag des Katholiken Guy Fawkes auf das britische Parlament im Jahre 1605. In England ist der 5. November ("Bonfire Night") ein Feiertag. Er erinnert das Volk an den Inhalt eines Ausspruchs von Thomas Jefferson, den V leicht abgewandelt im Film zitiert: "People should not be afraid of their governments. Governments should be afraid of their people." Völker sollten keine Angst vor ihren Regierungen haben. Regierungen sollten Angst vor ihren Völkern haben.
Der Film aktualisiert die Thematik des Comics und stellt eine überzogene Parallele zum Konflikt zwischen den neokonservativen und religiösen Vereinigten Staaten und dem aufgeklärten Europa dar. Die USA haben sich im Film durch ihre Kriege selbst ins wirtschaftliche und politische Abseits manövriert. Eine heftige Anspielung in V wie Vendetta ist ein Plakat der "Coalition of the Willing", die sich hier auf die fiktive Regierung Englands und ihre Verbündeten bezieht. Im Zentrum der Koalition der Willigen steht das Hakenkreuz.
V repräsentiert den gebildeten Europäer. Er wirft mit Shakespeare-Zitaten um sich und lebt in einem versteckten Kulturspeicher: Der Schatten-Galerie. Die Ausstellungsstücke entwendete er der Regierung, die sie als gefährlich einstufte und beschlagnahmte. Er liebt Literatur und klassische Musik, verwendet eine gewählte Sprache und benimmt sich zu seiner Mitstreiterin Evey wie ein Gentleman. Im Gegensatz dazu steht seine Rolle als Freiheitskämpfer und Rächer.
Handlung
In einer theatralischen Inszenierung samt Tschaikowskis "1812" und Feuerwerk sprengt V am Anfang des Films das Old Bailey. Sein nächster Schachzug ist die Infiltration des staatlichen Fernsehsenders. Pünktlich am 5. November lässt er seine Rede ausstrahlen, in der er sich gegen die Dikatur wendet.
Im Folgenden tötet er die Verantwortlichen für seine Qualen im Konzentrationslager: Einen Erzbischof, die "Stimme von London" (ein staatlicher Nachrichtensprecher), die Chefärztin des Lagers und zuletzt den Kanzler und dessen potenziellen Nachfolger.
Die Regierung rechtfertigt ihre Methoden mit dem Kampf gegen den Terrorismus und nimmt Bezug auf die Katastrophe von St Mary's. Laut diesem fiktiven Szenario starben mehr als 100 000 Menschen bei einem Anschlag mit biologischen Waffen, für den islamische Terroristen verantwortlich gemacht worden sind. Der Kriminalpolizist Eric Finch findet am Ende heraus, dass die Regierung selbst das Virus hergestellt und verbreitet hat, um ihr Antivirus verkaufen zu können und um die Macht zu ergreifen.
Parallel dazu läuft die Liebesgeschichte zwischen V und Evey. Er rettet sie am Anfang des Films vor Parteipolizisten, die sie vergewaltigen und töten wollen, weil sie die Ausgangssperre missachtete. Als er sie zufällig beim staatlichen Fernsehsender wieder trifft, hilft sie ihm und er nimmt sie mit in die Schattengalerie, damit sie nicht der Partei in die Hände fällt. Sie entscheidet sich schließlich, ihm weiterhin zu helfen und gibt sich beim Erzbischof als junges Mädchen aus, warnt diesen jedoch vor V. Dieser tötet den Erzbischof und Evey entflieht. Interessant ist Vs Tötungsmethode im Comic: Er gibt dem Erzbischof eine vergiftete Hostie. Laut katholischem Glauben müsste sie sich beim Verzehr in den Körper Jesu verwandeln und das Gift wäre wirkungslos. Der Bischof isst sie freiwillig und stirbt. Diese brisante Szene hat man im Film ersetzt. Evey versteckt sich beim Moderator einer TV-Talkshow. Er teilt Vs Ansichten. Schließlich strahlt er eine Parodie von Großkanzler Adam Sutler aus und wird dafür verhaftet. V rettet Evey vor den Parteipolizisten.
Es folgt eine besonders umstrittene Szene: V gibt sich als Folterknecht der Partei aus und sperrt Evey in einem Lager ein, das an Guantanamo erinnert. Dort foltert er sie durch Isolation und Hunger, steckt ihr jedoch Briefe seiner ehemaligen Mitgefangenen im Konzentrationslager zu. Als sie die Folter von der Angst befreit hat, darf sie gehen. Sie verlässt V. Er sieht sie erst am 4. November wieder, um mit ihr zu tanzen, denn: "A revolution without dancing is a revolution not worth having" (Emma Goldman) - Eine Revolution, zu der man nicht tanzen kann, lohnt sich nicht.
Der letzte Teil von Vs Plan tritt in Kraft: Die Londoner Bevölkerung kleidet sich mit Vs Guy-Fawkes-Masken und seinen schwarzen Anzügen, die er massenhaft an die Leute verschickt hat. Sie bewegen sich auf das Parlament zu, das Evey schließlich sprengt. Das Militär schreitet nicht gegen das eigene Volk ein. Die Revolution ist beendet. Nun liegt die Zukunft in der Hand des Volkes.
Aussage
Die Position des Films ist weniger anarchistisch als jakobinisch. V stellt seine Werte zwar stets auch in Frage, trotzdem gelten sie für ihn absolut. V zitiert dazu McBeth: "Ich wage alles, was dem Menschen ziemt. Wer mehr wagt, der ist keiner". V geht es um Wahrheit und Gerechtigkeit, um Menschlichkeit und Freiheit. Diese Werte verteidigt er radikal, auch mit der Anwendung von Gewalt. Gewalt könne gut sein, wenn sie für Gerechtigkeit eingesetzt wird. "Vi veri veniversum vivus vici" ist die zentrale Aussage des Films: "Durch die Wahrheit habe ich lebend das Universum besiegt." Auch vor Folter an Unschuldigen macht V im Falle von Evey nicht Halt. Wann und ob man Gewalt einsetzen darf, zu dieser Frage lädt V wie Vendetta zur Diskussion.
Fazit
Kaufen! Wer sich außerdem für die Vorlage interessiert: Es gibt auch eine Spezialausgabe der DVD, welcher der erste Comic beiligt.
Die Macher
V for Vendetta ist eine britisch-deutsche Co-Produktion. Regie führten die Wachowski-Brüder (Matrix) und James McTeigue, produziert wurde der Film von Joel Silver. Hauptdarsteller sind Natalie Portman (Evey), Hugo Weaving (V), Stephen Rea (Eric Finch), John Hurt (Adam Sutler) und Stephen Fry (Gordon Deitrich).
Andreas Müller