Ein Band mit dem Titel "Die Notwendigkeit von Freiheit" ist beim A.- Lenz-Verlag erschienen und beinhaltet Beiträge und Ergebnisse einer wissenschaftlichen Tagung der Freien Akademie vom Mai 2023.
Spätestens seit der europäischen Aufklärung steht der Begriff der Freiheit im Zentrum politischer, menschenrechtlicher und philosophischer Debatten. Die Autorinnen und Autoren des Buches sind in ihren Beiträgen kulturellen, theoriegeschichtlichen und philosophischen Dimensionen von Freiheit nachgegangen und haben dabei in aktuelle Debatten eingeführt.
Schon John Locke hat die These vertreten, dass eine Regierung nur dann legitim ist, wenn sie das Naturrecht auf Freiheit gewährt und schützt. Liberté, Égalité, Fraternité – unter dieser Losung stand dann das Epochenereignis, die Französische Revolution von 1789. "Der Mensch wird frei geboren, und überall liegt er in Ketten", so hatte Rousseau 1762 den bürgerlichen Impetus gegen Absolutismus und Aristokratie und für die Republik formuliert.
"Wenn denn nun gefragt wird: Leben wir jetzt in einem aufgeklärten Zeitalter? So ist die Antwort: Nein, aber wohl in einem Zeitalter der Aufklärung." Kant trifft diese Unterscheidung in dem Aufsatz, den er mit seinen berühmten Bestimmungen der Aufklärung als "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" und der Mündigkeit als des Vermögens, "sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen", einleitet. Was 1784 galt, gilt auch heute: Die Aufklärung ist nicht abgeschlossen, das Projekt ist, wie Jürgen Habermas es nannte, unvollendet. Aufklärung vollzieht sich, wenn Kritik geübt wird. Kritik vollzieht sich als "freie und öffentliche Prüfung", der sich weder Religionen noch Regierungen "entziehen" können. Wahrheitsansprüche, die allein auf Autorität oder Macht gegründet sind, gelten nicht.
An Versuchen, autoritäre Wahrheitsansprüche wieder zu etablieren, fehlt es bekanntlich in unserer Gegenwart nicht. Von einem "Zeitalter der Kritik" zu sprechen, fällt angesichts der Angriffe von Rechtspopulisten, Extremisten und Neofaschisten gegen eine "freie und öffentliche Prüfung" schwer. Einschüchterungen bis hin zu Inhaftierungen von Journalisten weisen darauf hin, dass die Ausbildung des Vermögens, "sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen", durch Fake News und offene Lügen verhindert und die Freiheit der öffentlichen Diskussion wie auch der Wissenschaften und Ideenvielfalt – auch durch staatliche Gewalt – gefährdet ist.
"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen." – wie es in Artikel 1 der UNO-Deklaration der Menschenrechte (1948) steht. Eleanor Roosevelt (1884 – 1962), amerikanische Delegierte bei den Vereinten Nationen, betonte bei der Vorlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: "Freiheit ist für jedes menschliche Wesen ein großes Bedürfnis. Mit Freiheit geht Verantwortung einher. Für eine Person, die nicht gewillt ist, erwachsen zu werden, eine Person, die nicht bereit ist, ihr eigenes Gewicht zu tragen, ist dies eine beängstigende Aussicht."
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Grundrechtecharta der Europäischen Union führen diese Freiheitsgarantien fort.
Volker Mueller (Herausgeber), Die Notwendigkeit von Freiheit, Freie Akademie 2023, 207 Seiten, 19,90 Euro, ISBN: 978-3-923834-40-2