Silent Hill ist die Filmumsetzung eines Horror-Videospiels und wird am 8. November 2006 auf DVD erscheinen.
Hintergrund
Grundlage des Films ist die gleichnamige Spielereihe aus Japan, welche bislang vier Titel umfasst. Silent Hill teilt sich den Thron des Survival-Horror-Genres mit Resident Evil. Im Gegensatz zu diesem bietet Silent Hill subtileren Horror, zeichnet sich also durch eine düstere, bedrückende Atmosphäre aus, die von einer verstörenden, experimentellen Musik verstärkt wird. Dafür gibt es in Resident Evil deutlich mehr Action-Sequenzen, allerdings auch eine Handlung auf B-Movie-Niveau, RE: Code Veronica ausgenommen. Silent Hill dagegen legt viel mehr Wert auf eine ausgeklügelte Story, die trotzdem nie ganz aufgeklärt wird, um den Eindruck des Ungewissen und Absurden zu betonen.
Der Film übernimmt 1:1 die Ästhetik und Musik des Spiels und erzielt eine ebenso bedrückende Atmosphäre wie die Vorlage. Drehbuchautor war Roger Avery (Pulp Fiction), Regie führte Christophe Gans (Pakt der Wölfe). Es handelt sich um eine amerikanisch-französisch-japanische Co-Produktion.
Handlung
Sharon, die kleine Tochter von Rose, ist Schlafwandlerin. In diesem Zustand nennt sie immer wieder den Namen der Geisterstadt Silent Hill. Rose entschließt sich, zusammen mit ihrer Tochter die Stadt zu besuchen, weil sie hofft, das könne deren seelischen Probleme heilen. Nach einem Autounfall verschwindet Sharon und Rose versucht, sie wieder zu finden. Dabei wird sie von der Polizistin Cybil unterstützt. Währenddessen begibt sich auch Rose Ehemann Chris nach Silent Hill, begleitet vom Polizeichef, um nach seiner Familie zu suchen.
Sharon und Cybil stellen fest, dass immer wieder ein dämonischer Zustand die Stadt befällt, eingeläutet durch die Glocken der örtlichen Kirche. Dabei verändert sich das Aussehen der Stadt, alles wird modrig und schmutzig. Schlimmer: Dämonen, skurille Monster, befallen Silent Hill. Darunter Käfer mit menschlichen Gesichtern, verfaulte Krankenschwestern, deformierte Menschen verschiedenster Art, meist ausgestattet mit spitzen Gegenständen. Die Frauen können die Stadt nicht mehr verlassen, weil die einzige Brücke auf einmal verschwindet.
Die beiden Frauen treffen auf Dahlia, ein altes Weib, in Lumpen gehüllt. Sie behauptet, Sharon sei ihre Tochter und nicht die von Rose. Unterwegs begegnet ihnen auch Anna, die Geschichten von ihrem Glauben und ihrer Kirche erzählt, bei der es sich um eine fundamental-puritanische Gemeinschaft handelt. Mit dieser im Schlepptau flüchten die Frauen in die Kirche. Tatsächlich können Dämonen dort nicht eindringen. Die Fanatiker wollen zunächst einmal ihre Gäste verbrennen, überlegen es sich dann aber anders und helfen ihnen bei der Suche nach Sharon. Als die Priesterin Christabella jedoch das Foto von Sharon erblickt, befiehlt sie die Ermordung der beiden Frauen. Rose entkommt und begegnet Alessa, ein Mädchen, das vom Teufel besessen ist und genau so aussieht wie Sharon. Sie erzählt ihre Leidensgeschichte:
In ihrer Schulzeit wird Alessa von anderen Schülerinnen als Hexe beschimpft und misshandelt, weil sie keinen Vater hat, sondern nur eine Mutter: Dahlia. Christabella redet so lange auf Dahlia ein, bis sie ihr Kind deren Glaubensgemeinschaft übergibt, in der Annahme, sie so retten zu können. Die Puritaner verbrennen Alessa auf dem Scheiterhaufen. Durch das Eingreifen Satans überlebt sie jedoch. Der Teufel sorgt außerdem dafür, dass Silent Hill in Flammen aufgeht.
Alessa weist Rose darauf hin, dass sie Rache üben will, aber die Kirche aufgrund des "blinden Glaubens" nicht betreten kann. Rose bietet ihre Hilfe an und Alessa schlüpft in ihren Körper.
Währenddessen verbrennen die Puritaner Cybill, weil sie der "Hexe" Sharon geholfen hat. Sie binden das kleine Mädchen auf einer Leiter fest und wollen auch sie nun verbrennen, als Rose die Kirche betritt. Sie erzählt den Gläubigen die Wahrheit, nämlich dass Christabellas falscher Glaube für ihr Schicksal verantwortlich ist - die Gemeindemitglieder sind damals beim Feuer ums Leben gekommen und sind nun selbst Dämonen. Sie lassen sich jedoch weiterhin von Christabella aufhetzen, die Rose ersticht. Alessa lässt Rose ins Leben zurückkehren und übt nun Konrolle über ein Gespann aus Stacheldrähten. Mit diesen tötet sie Christabella und die anderen Fanatiker auf extrem brutale Weise. Rose bindet Sharon los und verlässt schließlich Silent Hill über die wieder hergestellte Brücke.
Sharon und Rose besuchen Chris, der wieder nach Hause zurück gekehrt ist. Er sieht seine Familie jedoch nicht und sie verlassen das Haus wieder. Es stellt sich heraus, dass Sharon und Rose keine Menschen mehr sind.
Interpretation
Der Film lässt, genau wie die Spiele, viele Fragen offen. Dies erzielt den erwünschten Effekt des Unbehagens und der Verwirrung. Unlogisch ist die Handlung deshalb nicht, allgemein spricht der Film weniger den Verstand an, eher das Gefühl. Trotzdem wird auch für die Ratio einiges geboten.
Liest man sich gängige Rezensionen zu dem Film durch, fällt immer wieder Eines auf: Die an sich offensichtliche Religionskritik wird entweder nur in einem Nebensatz erwähnt, oder gar nicht. Dabei handelt der ganze Film von Religion und nicht nur das Ende. Man achte auf die zahlreichen Anspielungen auch während der ersten Hälfte. Kreuze, christliche Werbeplakate und Bibelzitate tauchen immer wieder auf.
Man sollte sich Folgendes vor Augen führen: Die Dämonen und der Teufel sind in diesem Film "die Guten" und die Christen sind "die Bösen". Das kommt nicht unbedingt häufig vor und fällt auch nicht gleich auf. Aber tatsächlich: Die religiösen Fanatiker sind es, die kleine Kinder verbrennen, brave Leute verführen und Zweifler ermorden. Die Dämonen sind eine Reaktion darauf und verweisen damit auf Geistermythen vom Herkunftsland der Serie, Japan, wo Dämonen ebenfalls die Seele wiederspiegeln. Rose und der Teufel helfen dem kleinen Mädchen Alessa, sich an ihren Peinigern und Mördern zu rächen. Schlüsselszene für das Verständnis dieser Zusammenhänge ist, als Rose - eindeutig "die Gute" in diesem Film - Alessa ihre Hilfe anbietet, obwohl sie weiß, dass sie der Teufel ist und sich für die Dämonen verantwortlich zeigt. Der Teufelspakt ist in Silent Hill positiv besetzt.
Sicherlich sind die Dämonen nicht durch und durch gut. Es handelt bei ihnen eher um eine Reaktion auf die Unmenschlichkeiten der örtlichen Religionsgemeinschaft. Diese Reaktion ist brutal und furchteinflößend. Dennoch sind letztlich die Fanatiker für das Unheil verantwortlich, das über Silent Hill gekommen ist.
Fazit
Silent Hill ist eine der besten, wenn nicht die beste, Spieleverfilmung. Die unheimliche Atmosphäre und die absichtlich lückenhafte Handlung erzeugen ein stetes Gefühl der Ungewissheit und der Angst. Die Handlung steigert sich immer mehr von vagen Andeutungen eines Verbrechens bis zur brutalen Vergeltung am Ende. Auch das Verwischen von Gut und Böse - Dämonen und Teufel auf der einen und christliche Fanatiker auf der anderen Seite - ist ein gelungenes Element. Silent Hill ist ein rundum geglückter Film und jedem Horror-Fan unbedingt zu empfehlen.
Andreas Müller