(hpd) Sind wir Menschen der große Wurf der Evolution? Oder eher ein misslungener Versuch? Über 98 Prozent unserer Entwicklungsgeschichte lebten wir als fellbehangene Steinzeitmenschen mit Wurfspeeren und Faustkeilen in primitiven Hütten. Plötzlich aber schufen wir Hochkulturen, entwickelten Maschinen und bauten Fabriken, begannen Forschung und Medizin zu betreiben. Heute verpflanzen wir Herzen und fliegen zum Mond. Dabei werden wir immer mehr – inzwischen fast sieben Milliarden. Ist das alles Teil des Plans? Fragt der Fachjournalist Daniel Knop.
Dieses Buch soll Ursachen der Überbevölkerung ergründen und verdeutlichen, dass die rapide Zunahme der Weltbevölkerung keine biologische Zwangsläufigkeit ist, sondern vom Menschen selbst verursacht wurde. Auch soll betrachtet werden, welche Rolle dabei die Entstehung von Ethik und Moral spielt sowie die Entwicklung von Technik und Medizin.
Dieses Buch will aber auch vor Augen führen, dass eine ungebremste Vermehrung der Menschheit zwangsläufig auf die Zerstörung der Erde hinausläuft. Die Biologie definiert Überbevölkerung als den Zustand, in dem die Zahl einer bestimmten Spezies über die Kapazitäten des sie tragenden Ökosystems hinausgegangen ist. Dennis Meadows hat in der letzten Edition von „Die Grenzen des Wachstums“ die These aufgestellt, dass die Weltbevölkerung bereits 1980, bei etwa viereinhalb Milliarden, die Grenzen der Bio- und Ressourcenkapazität der Erde überschritten habe. Und wir wissen, dass die Menschheit bis 2050 noch einmal um fünfzig Prozent wachsen wird.
Europa und insbesondere die Deutschen sorgen sich um eine schrumpfende Bevölkerung. Die gefährlichste Bedrohung ist jedoch die exponentiell wachsende Weltbevölkerung. Mehr Menschen, mehr Opfer: Umweltkatastrophen wie zuletzt die Flut in Pakistan haben immer desaströsere Folgen. Bis in die achtziger Jahre hieß es stets, wenn die Letzten nicht im nuklearen Winter sterben, wird die Menschheit anders zugrunde gehen, und zwar an der Überbevölkerung.
In den letzten zwanzig Jahren ist dieses Thema allerdings langsam durch den Klimawandel als vorgeblich akuteste Bedrohung des Menschengeschlechts ersetzt worden. In Umfragen zu unseren dringendsten Problemen landet das Thema Überbevölkerung zuverlässig auf den hintersten Rängen. Dabei leben wir bereits mitten in der Bevölkerungskatastrophe. Noch einmal zur Erinnerung: Als die ersten Warner vor der unverhältnismäßig wachsenden Weltbevölkerung berühmt wurden - als Anfang der 1970er Jahre die Horrorszenarien des Biologen Paul Ehrlich bekannt wurden und die Berechnungen des Club of Rome -, lebten auf der Erde 3,7 Milliarden Menschen. Heute hat die Menschheit bereits die sieben Milliarden geknackt. Die Weltbevölkerung hat sich seither fast verdoppelt.
Mehrfache Perspektivenwechsel
Das katastrophale Wachstum der Weltbevölkerung kommt uns selbst dann nicht mehr in den Sinn, wenn es uns unmittelbar vor Augen geführt wird. Dafür ist die Flutkatastrophe in Pakistan ein gutes Beispiel. Wir bemessen die Schwere einer Katastrophe allerdings auch nicht an der langfristigen Gravität ihrer Ursachen, sondern an ihrem unmittelbaren Schaden für den Menschen. Wir können uns daher vollkommen sicher sein, dass dieselben Regenfälle - und es hat in der Vergangenheit über Pakistan ähnliche Monsunfälle gegeben - vor wenigen Jahrzehnten nicht ansatzweise so desaströs ausgefallen wären, und zwar deswegen, weil die Anzahl der möglichen Betroffenen um ein Vielfaches geringer gewesen wäre. 1950 lebten in Pakistan etwa 33 Millionen Menschen, heute sind es etwa 170 Millionen. Die Bevölkerung hat sich in fünfzig Jahren verfünffacht. Die Flutkatastrophe in Pakistan ist im Übrigen auch deswegen so furchtbar gewesen, weil explodierende Bevölkerungen zu Modifikationen der Natur führen, die die Konsequenzen von Unglücken verschlimmern. In Pakistan wurden Wälder abgeholzt, deren Boden die Wassermassen besser hätte aufnehmen können. Der Indus und seine Nebenflüsse wurden begradigt, um Fläche zu schaffen, bessere Wasserversorgung zu ermöglichen und den Transport von zunehmenden Warenmengen zu bewerkstelligen, was den Fluss leichter über seine Ufer hat treten lassen.
Das Bevölkerungswachstum ist also in mehrfacher Hinsicht Voraussetzung der pakistanischen Katastrophe.
Um herauszufinden, warum wir sind, wie wir sind, hat der Autor mehrfach die Perspektive
gewechselt. Das, was man für selbstverständlich hält, stellt er in Frage, um die Welt aus der Sicht der Evolution zu betrachten. Mit Exkursionen in die Evolution von Mensch und Tier oder in die Geschichte unserer Kultur und Religionen. Ihm geht es darum zu verdeutlichen, dass wir Menschen selbst die „Feststellbremsen“ unserer Fortpflanzung gelöst haben. Jetzt rollt der Wagen in rasendem Tempo den Abgrund hinunter, wird immer schneller. Mit diesem Buch bekommt man viele neue Blickwinkel auf DAS eigentlich Problem unserer Existenz, die Überbevölkerung.
Helmut Debelius
Daniel Knop: Experiment Mensch - Wird der Sieger über Seuchen und Säbelzahntiger zum Opfer der Überbevölkerung? Natur und Tier Verlag, 264 Seiten. ISBN: 978-3-86659-169-1, Preis: 19,80 €