BERLIN. (hpd/hu) Die Humanistische Union appelliert an Erzbischof Zollitsch und Präses Schneider, auf Weiterzahlung der Staatsleistungen zu verzichten - 14 Milliarden Euro Staatsleistungen an die Kirchen sind genug. Bund und Länder sollen endlich Verfassungsauftrag erfüllen.
Die katholische und die evangelische Kirche sollen von den Bundesländern nicht weiter die Zahlung von Staatsleistungen in Höhe von jährlich rund 460 Mio. Euro verlangen. Mit diesem Vorschlag wandte sich die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union in einem Brief an die ranghöchsten Kirchenoberen, den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, und den Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Nikolaus Schneider. Die Bundesländer - mit Ausnahme der Stadtstaaten Hamburg und Bremen - zahlen seit Bestehen der Republik in Deutschland sogenannte historische Staatsleistungen exklusiv an die beiden großen christlichen Amtskirchen, obwohl die deutsche Verfassung seit 1919 verlangt, dass die Länder diese angeblich auf alten Rechtstiteln beruhenden Leistungen ablösen sollen und der Bund gesetzlich dafür Grundsätze aufzustellen hat.
Erst kürzlich hat die Humanistische Union in einer eigenen Untersuchung gezeigt, dass die Länder, auch die DDR, allein seit dem zweiten Weltkrieg mehr als 14 Mrd. Euro als sogenannte Staatsleistungen an die Kirchen überwiesen haben.
Ob die Kirchen einen Rechtsanspruch auf die Zahlung von Staatsleistungen haben, ist juristisch umstritten. Die Humanistische Union hat wiederholt darauf hingewiesen, dass bei rechtzeitiger Ablösung der Staatsleistungen die öffentlichen Haushalte sich schon seit Jahrzehnten von dieser Belastung hätten befreien können und müssen. Dies hätte umso näher gelegen, als die Kirchen durch die ebenfalls im Jahre 1919 generell eingeführte Befugnis, Kirchensteuern zu erheben, eine ebenso verlässliche wie üppige Finanzquelle bekommen haben, die ihnen inzwischen mehr als neun Mrd. Euro im Jahr in die Kassen spült. Sie sind daher auf die zusätzlichen Staatsleistungen auch gar nicht mehr angewiesen.
Die beiden Amtskirchen in Deutschland sind ausgesprochen wohlhabende Institutionen mit einem immensen Grund- und Finanzvermögen, zudem völlig schuldenfrei. Im Vergleich zu den reichen deutschen Kirchen ächzt die öffentliche Hand in Deutschland unter einer Schuldenlast von 2000 Milliarden Euro und sieht sich zudem wachsenden Anforderungen zur Stützung anderer Staaten in Europa gegenüber.
Die Humanistische Union fordert daher die Kirchen zum Verzicht auf die Weiterzahlung der Staatsleistungen auf, und zwar ungeachtet der Rechtsfrage, ob insoweit ein Rechtsanspruch besteht oder nicht. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass selbst Papst Benedikt XVI. bei seinem Deutschlandbesuch aus theologischen Gründen die Befreiung der Kirche von materiellen Privilegien verlangt habe, damit sie sich danach wieder "auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden" könne.
Die Deutsche Bischofskonferenz selbst hat jüngst bei ihrer Herbsttagung betont, sie wolle sich in der Frage der Staatsleistungen "ausgewogenen Lösungen" nicht verschließen. Bereits im Juli dieses Jahres hatte die Humanistische Union in Briefen an die Bundeskanzlerin, an die Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien und an die Regierungschefs der Länder verlangt, wenigstens endlich mit den Kirchen in Gespräche über die Ablösung der Staatsleistungen einzutreten, wie diese das auch schon angeboten haben.
Unabhängig davon hat die Humanistische Union sich jetzt auch an die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder gewandt. Sie sollen prüfen, ob die Länder auch heute noch den Kirchen Staatsleistungen gewähren dürfen.
Martina Kant
Die genannten Schreiben der Humanistischen Union und weitere Informationen zum Themenbereich finden sich auf der Webseite der Humanistischen Union.