Vor Handyortung nicht ausreichend geschützt

Die Handyortung wird nicht vom Fernmeldegeheimnis, sondern vom Recht auf

informationelle Selbstbestimmung geschützt. Die Humanistische Union erklärt:

Karlsruhe ist auf halbem Wege stehen geblieben.


Die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Handy-Ortung durch den IMSI-Catcher (2 BvR 1345/03) bleibt auf halbem Wege stecken. Bislang galt in Deutschland ein lückenloser Grundrechtsschutz. So ist Reiten im Wald und Taubenfüttern im Park grundrechtlich geschützt. Die Entscheidung, wie dieser Schutz bei der Ortung von Handy-Benutzern gelten soll, war heute Aufgabe der Karlsruher RichterInnen. Die erste Kammer des zweiten Senats in Karlsruhe stellte aber fest, dass die Ermittlung der Geräte- und Standortdaten, die ein betriebsbereites Handy aussendet, "nur" die Kommunikationsbereitschaft der HandynutzerInnen abfrage und die dabei erhobenen Daten deshalb nicht unter den Schutz des Fernmeldegeheimnisses fallen.


Der Einsatz des IMSI-Catchers nach § 100i der Strafprozessordnung wurde am 17. Mai 2002 vom Bundestag beschlossen. Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union hatte am 15. Juli 2003 dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Bevollmächtigte des Verfahrens, Prof. Dr. Rosemarie Will, sagte zu der heutigen Entscheidung: "Die Einschätzung, dass der IMSI-Catcher nur technische Daten ermittle und nicht die Kommunikationsteilnehmer betreffe, ist nicht aufrecht zu erhalten. Es ist völlig unstrittig, dass die mit dem IMSI-Catcher gewonnenen Daten nur zu dem Zweck ermittelt werden, um Handy-Benutzer zu identifizieren bzw. innerhalb eines bestimmten Gebietes zu lokalisieren. Grundrechtlich sind ausdrücklich nicht nur die Inhalte, sondern auch die Umstände der Kommunikation geschützt." Dazu zählen u.a. die Identität der Beteiligten, der Ort und die Art des Kommunikationsvorganges. Diese drei Merkmale können mit einem IMSI-Catcher ermittelt werden. "Wie bei jedem traditionellen Kommunikationsvorgang müssen auch HandynutzerInnen bei ihrer Identifizierung und Lokalisierung grundrechtlich geschützt sein", so Frau Will weiter.


Den Eingriff in die Grundrechte der Handy-Benutzer durch den Einsatz des IMSI-Catchers haben auch die Verfassungsrichter gesehen. Die erhobenen Daten (Ortsanwesenheit, Bewegungsprofile, Kommunikationsbereitschaft) weisen einen klaren Bezug zum (Kommunikations-)Verhalten der Handybenutzer auf. Das Bundesverfassungsgericht will diese Daten unter den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung stellen. Eine verfassungsrechtliche Prüfung, ob dieser Schutz beim Einsatz des IMSI- Catchers ausreichend gegeben sei, nahm das Gericht jedoch nicht vor.


Die Humanistische Union kann nicht verstehen, warum die Karlsruher RichterInnen diese Prüfung angesichts der für zulässig befundenen Verfassungsbeschwerde nicht sofort ausgeführt haben. Nach der heutigen Entscheidung wird die Auseinandersetzung um den Einsatz des IMSI-Catchers weiter gehen müssen. Schon um dem zu befürchtenden inflationären Einsatz des IMSI-Catchers vorzubeugen, wird sich die HU für eine rechtspolitische Klärung einsetzen. Schließlich hat die Bundesregierung im Rahmen der Terrorismusbekämpfung den erweiterten Einsatz des IMSI- Catchers angekündigt.

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Zur Verfassungsbeschwerde der Humanistischen Union:

http://www.humanistische-union.de/imsicatcher/

 

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20060822_2bvr134503.html