STUTTGART. (hpd) Zum Schluss gab es Sonnenblumen. Am Anfang stand das herzliche Willkommen im „Karl-Becker-Haus“ der
„Humanisten Württemberg“ durch Frau Dr. Gabriele Will und dem Geschäftsführer Andreas Henschel. Um sie herum viele Helferinnen und Helfer. Zwei Tage (drei mit dem Akademievortrag am Freitag Abend) mit viel Geselligkeit umrahmt und durch gutes schwäbisches Essen und Trinken liebevoll begleitet – so absolvierten die etwa fünfzig Delegierten aus den Landesverbänden des HVD mit zahlreichen Gästen ihre Bundesdelegiertenversammlung mit all dem satzungsgemäßen Programm, das gewöhnlich solche anstrengenden Tagungen auszeichnet. Um so erstaunlicher: Es wurde nicht nur der enge Zeitplan eingehalten, sondern es gab Pausen – und vor allem verbandspolitisch wichtige Beschlüsse.
Dazu gehört, dass nach ausgiebiger und zum Teil emotionaler, aber immer sachlicher Debatte der Grundkurs des bisherigen Vorstandes und jetzigen Präsidiums bestätigt wurde.
In der Debatte wurde auf ein neues Projekt in Berlin aufmerksam gemacht, die Humanistische Beratung („weltliche Seelsorge“). Dies wurde durch großes ehrenamtliches Engagement auch aus den Niederlanden und Belgien ermöglicht. Von belgischen und holländischen Experten wurden ehrenamtliche Berater über ein Jahr geschult, in Kürze werden die entsprechenden Zertifikate feierlich übergeben.
In der Diskussion wurde auch auf internationale Aspekte eingegangen. In diesem Jahr wird das 60jährige Bestehen der Menschenrechte gefeiert. Am 28. März dieses Jahres gab es einen großen Erfolg durch die Islamische Konferenz (vertritt 57 Staaten). Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen verteidigt eigentlich die Meinungsfreiheit. In Zukunft ist die Aufgabe jedoch, den Missbrauch der Meinungsfreiheit durch Rassismus und Einschränkung der Freiheit der Religionen zu prüfen.
Bei der entsprechenden Abstimmung haben sich die westeuropäischen Länder enthalten. Es wird zudem ein islamischer Rat für Menschenrechte angekündigt.
Diese Entwicklung wird vom HVD mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen.
Was gab es Neues?
- Der HVD hat seine Satzung geändert, besonders um das erfolgreiche Projekt Lebenskunde gemeinsam und bundesweit voranbringen zu können. Auf Bitten von Delegierten erläuterte zuvor Gerd Eggers die von Carsten Frerk erstellte Power-Point-Präsentation zur forsa-Umfrage betreffend Lebenskunde.
- Kern der Satzungsänderung ist, dass sich der Bundesverband für die Einführung des Schulfaches Humanistische Lebenskunde als ordentliches Lehrfach entsprechend der Landesgesetzgebung im gesamten Bundesgebiet und die Gewährleistung der erforderlichen Lehreraus-, Fort- und Weiterbildung entsprechend den strukturellen Standards, wie sie für den Religionsunterricht üblich sind, einsetzt. Das Präsidium wird in Abstimmung mit den Mitgliedsverbänden Grundsätze für Humanistische Lebenskunde entsprechend Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes sowie Rahmenrichtlinien für den Unterricht und die Qualifizierung der Lehrkräfte erlassen, die eigentlich schon vorliegen, aber noch kein Satzungsauftrag waren.
- Der HVD hat einen neuen Landesverband aufgenommen, den neu gegründeten HVD Rheinland-Pfalz. Die Vorsitzende, Dr. Fiona Lorenz, erhielt mehrfach Beifall für die Schilderung des Vorgangs und der Motivation zur Gründung.
- Der HVD verabschiedete „Rechtspolitische Grundpositionen“ und beschloss im Grundsatz eine Kernposition, sozusagen eine Klammer. Hinsichtlich vieler offener Punkte (Arbeitsrecht, Bestattungskultur und weiterer Bereiche) sollen aus dem Verband heraus und durch Experten Ergänzungen stattfinden. Das Material wird im Anschluss einem Rechtspolitischen Kongress, 25.-27. September 2009, zum Arbeitsthema „Konfessionsfreie, ihre Interessen und Organisationen im Rahmen der Reformen des deutschen Religionsverfassungsrechts“ übergeben.
- Der HVD hat jetzt „Bundesrichtlinien“, die von einer Arbeitsgruppe erarbeitet wurden. Sie bilden organisatorische Leitlinien, die im Juli in Kraft treten und 2011 überprüft werden.
- Der HVD hat eine umfängliche Position erarbeitet, in der festgelegt ist, wie die Rechte und Einflussmöglichkeiten der Jugendlichen im Verband und des juristisch selbständigen humanistischen Vereins BundesJuHu gestärkt werden können.
- Der HVD hat einen vorliegenden Kooperationsvertrag des HVD mit Jugendweihe Deutschland e.V. bestätigt. Die Delegierten sahen im Vertrag eine „Wende“ in den Beziehungen beider säkularer und humanistischer Organisationen.
Die Wahlen wiederum setzten auf Kontinuität und Ergänzung, bei einem verkleinerten Präsidium bei Anhebung der Rechte des Hauptausschusses als „Zwischenparlament“:
Präsident: Dr. Horst Groschopp; Vizepräsidenten: Susanne Jahn (Vorsitzende Bayern), Prof. Dr. Hero Janßen (Präsident Niedersachsen), Prof. Dr. Frieder Otto Wolf (Stellv. Vorsitzender Berlin); Schatzmeister: Helmut Fink (Vorsitzender Nürnberg).
Vielleicht ist der Schlussakkord symbolisch: Der neue (alte) Präsident bedankte sich bei allen früheren Präsidiumsmitgliedern mit einer Sonnenblume. Auch die Gastgeberin erhielt zum Dank eine Sonnenblume. Diese sind immerhin Zeichen des Lichts und der Hoffnung.
Judith Huber
Fotos: Thomas Blassl, Nürnberg