BERLIN. Angesichts der Androhungen von Gewalt im aktuellen Kopftuchstreit fordert der Berliner Humanistische Verband
am 10. November 2006 in einer Presseerklärung „eine offene und gewaltfreie Diskussion auch zu kontroversen Themen wie dem Umgang mit dem Kopftuch muslimischer Frauen. In einer demokratischen Gesellschaft muss es möglich sein, seine Meinung öffentlich zu äußern, ohne sich damit in Lebensgefahr zu begeben. Dies gilt auch für eine kritische Position zum Kopftuch, wie sie die Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz vertritt. Der HVD verurteilt die Drohungen und Gewaltanwendungen gegen Kritiker und Kritikerinnen des Kopftuchs scharf. Er stellt sich hinter die grüne Politikerin Deligöz und ihr Recht auf Meinungsfreiheit.
Nach Ansicht des HVD ist im Zusammenhang zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in Deutschland eine differenzierte Auseinandersetzung vonnöten: Einerseits dürfen Muslime nicht unter Generalverdacht gestellt werden, andererseits darf die Gesellschaft Menschenrechtsverletzungen nicht tolerieren. Dabei verweist der Verband auf die Laudatio für die diesjährige Humanismus-Preisträgerin Seyran Ates, die Prof. Christina Thürmer-Rohr anlässlich der Preisverleihung am 22. Oktober hielt. Eine Kernaussage lautet: "Es geht um das politische Verhältnis von Mehrheit und Minderheit, um die klare Unterscheidung zwischen kultureller Identität und Gewalt: um den langen Weg zu Anerkennung von kulturellen Unterschieden einerseits und dem Recht auf politische Gleichheit andererseits."
Bereits am 22. Oktober 2006 hatte der Humanistische Verband Deutschlands (HVD), Landesverband Berlin, den mit insgesamt 2.500 € dotierten Ossip-K.-Flechtheim-Preis an die Frauenrechtlerin Seyran Ates (s. Foto) und vier Schüler/-innen der 9. Klasse an der Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Neukölln verliehen, die durch eine außergewöhnliche Initiative die Abschiebung einer bosnischen Mitschülerin verhinderten.
Die Rechtsanwältin Seyran Ates wurde für ihren kontinuierlichen Einsatz für die Rechte muslimischer Frauen ausgezeichnet. Mit dem alle zwei Jahre ausgelobten Preis würdigt der Humanistische Verband herausragendes Engagement zur Förderung von Aufklärung, Toleranz und Selbstbestimmung.